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Bombentraining für weitere Kundus-Einsätze

Afghanistan-Übung in der Eifel – Heer und Luftwaffe bereiten sich auf gemeinsame Attacken vor

Von René Heilig *

Eine kleine Meldung in Regionalmedien der Eifelregion sollte aufhorchen lassen. Inhalt: Zwischen Dienstag und Donnerstag haben die Anwohner in der Region um den Militärflugplatz Büchel mit deutlich mehr Fluglärm zu rechnen als üblich.

Alles nicht so wild, wiegelten Presseoffiziere der Luftwaffe und des Heeres ab. Tornado-Piloten des Jagdbombergeschwaders 33 und Soldaten der Panzerbrigade 21 übten nur, wie das Zusammenwirken zwischen Luftwaffe und Heer klappt. Dafür habe man eigens eine Sondergenehmigung beantragt. Fast am Rande wird erwähnt, dass sich Luftwaffe und Heer mit dieser Übung auf ihren Einsatz bei der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) in Afghanistan vorbereiten. Im kommenden Frühjahr, so wird eine ND-Nachfrage bestätigt, werden Einheiten der Panzerbrigade 21 »Lipperland« nach Afghanistan verlegt.

Das, was in Büchel geübt wird, nennt man bei der NATO Close Air Support (CAS). Zu deutsch: Luftnahunterstützung. Die ist Alltag in Afghanistan. Stabsoffiziere der Panzerbrigade betonen, dass es in Büchel vor allem um die Ausbildung sogenannter Forward Air Controller (FAC) und Joint Terminal Attack Controller (JTAC) geht. Die Spezialisten weisen vom Boden aus herbeigerufene Kampfjets ein, geben Ziele vor, bestimmen maßgeblich über die Wahl und die Wirkung der Waffen.

Die Kürzel FAC und JTAC wurden in der deutschen Öffentlichkeit erstmals nach dem Luftangriff bei Kundus bekannt, der Anfang September 2009 vom deutschen Oberst Georg Klein befohlen worden war. Bis zu 140 Todesopfer hat der Angriff auf steckengebliebene Tankwagen gefordert.

Als Vermittlungsglied zwischen Oberst Klein und den US-Piloten fungierte dmals ein FAC-Hauptfeldwebel mit dem Codenamen »Red Baron«. In den internen Sitzungen des Bundestagsuntersuchungsausschusses wurden ihm und seinem Chef Klein mehrere interne Verfehlungen vorgeworfen. Konsequenzen? Keine – abgesehen von einer offenbar verstärkten Ausbildung solcher Bomben-Spezialisten. Natürlich dient die Übung bei Büchel auch der CAS-Ausbildung deutscher Piloten. Die Luftwaffe will vorbereitet sein, falls die NATO deutsche Tornados nicht nur wie bisher zu Aufklärungseinsätzen in Afghanistan nutzen will. Es ist zu befürchten, dass Regierung sowie Bundestag dann das bisherige Tornado-Mandat – wie von Bundeswehr-Kommandeuren bereits gefordert – modifizieren und »echte« Kampfjets einsetzen.

Doch selbst Militärs bezweifeln den Sinn solcher Übungen. Maschinen wie der Tornado – oder der Eurofighter, der zunehmend Erdkampfeinsätze übernehmen soll – sind für die Aufstandsbekämpfung ungeeignet. Sie töten wahllos, vor allem Zivilisten. Die USA stellen daher ihre Angriffstaktiken um und testen neue Flugzeugmodelle.

* Aus: Neues Deutschland, 12. August 2010


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