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Auswirkungen der Bundeswehrreform auf den Zivildienst

Stellungnahmen von Zivildienstverbänden

Unter der Überschrift "Einladung zum 'Pokerspiel'" berichtet Jörg Schindler über erste Reaktionen von Zivildienst-Experten auf die Reformpläne, wie sie von der Kommission "Zukunft der Bundeswehr" vorgeschlagen werden. Befragt wurden der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, und der Vorsitzende der Bremer Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer, Ulrich Finckh. Hier die wichtigsten Aussagen des Berichts:

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Der Zivildienst, erklärte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider, könne eine "weitere Verunsicherung" nicht vertragen. Genau die aber sei zu erwarten, sollte die Zahl der Wehrpflichtigen tatsächlich von 130 000 auf 30 000 reduziert werden. Mit einer solchen Verkürzung, so Schneider, würde man die rund 150 000 Wehrdiensttauglichen eines Jahrgangs regelrecht zu einem "Pokerspiel" einladen. Da die Chancen, nicht eingezogen zu werden, hoch seien, würden sich potenzielle Kriegsdienstverweigerer die Entscheidung "bis zur letzten Minute offen halten". Fraglich sei, ob unter solchen Bedingungen überhaupt noch jemand verweigern werde. Für die Freie Wohlfahrtspflege wäre der Zivildienst somit "kein kalkulierbarer Faktor mehr". Leidtragende wären einmal mehr Alte, Kranke und Behinderte, auf deren Kosten die aufwendigen Umstrukturierungen gingen.

"Radikale Veränderungen" für den Zivildienst befürchtet auch Ulrich Finckh ... Bliebe die Wehrpflicht tatsächlich auf niedrigem Niveau erhalten, müsste im Sinne der Wehrgerechtigkeit auch die Zahl der Zivildienstleistenden massiv gekürzt werden. "Alles andere wäre Schwindel." Übrig blieben dann etwa 27 000 Zivis. Weder hier noch da ergäbe das noch irgendeinen Sinn, so Finckh im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Er befürchtet darüber hinaus, dass das auf diese Weise eingesparte Geld mitnichten an anderer Stelle für soziale Dienste eingesetzt, sondern schlicht als Einsparung im Familien- und Jugendministerium verbucht würde."

Finckh plädiert dafür, Wehrpflicht und Zivildienst "gleich ganz abzuschaffen". "Dann nämlich bliebe den Beteiligten nichts anderes übrig, als in einem großen Wurf über eine völlig neue Finanzierung sozialer Dienstleistungen zu entscheiden." Dies sei eine Hausaufgaben, die in Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über die Neuordnung der Finanzen zu erledigen sei. Dabei müssten die Länder durchsetzen, dass sie künftig über alles Geld verfügen können, das bisher vom Bund in den Zivildienst gesteckt wird. "Das, so Finckh, sei allemal besser, als so lange peu ŕ peu beim Zivildienst zu kürzen, bis der ganze Bereich völlig ausgehöhlt sei."

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