Biowaffen: Es bewegt sich etwas in Deutschland
Dr. Jan van Aken (Sunshine Project Germany) über neue parlamentarische Initiativen
Mehrere deutsche Politiker haben sich diese Woche dafür eingesetzt, in
der Biowaffen-Politik notfalls auch Schritte ohne die US-Regierung
gehen. Selbst eine Parlamentarierin der Regierungskoalition forderte die
Stärkung der Biowaffen-Konvention „mit oder ohne Amerikaner“. Ein
weiterer-Parlamentarier forderte strenge Regelungen für gentechnische
Veränderungen an waffentauglichen Organismen. Die PDS reichte einen
Antrag zu biologischen Waffen im Bundestag ein.
Bislang verharrte die Bundesregierung in völliger Passivität und
verweigerte politische Schritte in Sachen Biowaffen ohne die
US-Regierung. Es bleibt abzuwarten, ob die lauter werdenden Stimmen im
Bundestag hier einen Politikwechsel einleiten können.
Konkret sagte Angelika Beer, verteidigungspolitische Sprecherin der
Bündnis-Grünen, am 9. April auf NDR4 Radio, dass Europa gegebenenfalls
auch ohne die Beteiligung der USA das geplante Zusatzprotokoll zur
Biowaffen-Konvention unterzeichnen müsse. Wörtlich: „Das ist auch meine
Position, dass Europa auf der nächsten Konferenz im November ganz klar
sagt, entweder die Amerikaner kommen mit ins Boot, (...) oder Europa
ratifiziert eben ohne die Beteiligung Amerikas.“ Weiter sagte sie, dass
in der Konvention die Verifikation festgeschrieben werden müsse, „mit
oder ohne Amerikaner“. (das Zitat in ganzer Länge weiter unten).
Renč Röspel, Abgeordneter der SPD im Bundestag, machte sich zudem dafür
stark, bestehende Schlupflöcher in der Konvention zu stopfen. So
forderte er in einer Presseerklärung am 10. April eine „strenge
Reglementierung gentechnischer Experimente im Bereich waffentauglicher
Organismen“ sowie ein Bekenntnis dazu, dass alle Biowaffen – auch so
genannte nicht-tödliche – unter das Biowaffenverbot fallen. (s. Auszüge
aus der Presseerklärung unten).
Bereits am 8. April hat die Fraktion der PDS einen Antrag im Bundestag
eingereicht, in dem die Bundesregierung zu konkreten Schritten gegen die
Bedrohung durch biologische Waffen aufgefordert wird (Drucksache
14/8698, bei uns im Internet unter www.sunshine-project.de). Im
Einzelnen wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, das
Verifikationsprotokoll auch ohne die USA zu unterzeichnen und sich für
die Ächtung von allen Biowaffen einzusetzen, auch von solchen, die gegen
drogenproduzierende Pflanzen oder Materialien gerichtet sind. Zudem
fordert die PDS Fraktion die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für
den Aufbau eines weltweiten Biowaffen-Monitorings, um die Transparenz im
Bereich der biomedizinischen und Biowaffen-Forschung zu erhöhen.
Zitate
Angelika Beer am 9. 4. 2002 auf NDR4 in einer Sendung von Anselm Weidner
über biologische Waffen:
„Das ist auch meine Position, dass Europa auf der nächsten Konferenz im
November ganz klar sagt, entweder die Amerikaner kommen mit ins Boot,
weil der weitere Unilateralismus für die gesamte Abrüstungs-Agenda
katastrophale Folgen hat oder Europa ratifiziert eben ohne die
Beteiligung der Amerikas. Das wäre zwar nicht der Erfolg, den wir
ursprünglich wollten, aber ich glaube, dass die europäischen Staaten gut
daran tun, bei der nächsten Überprüfungskonferenz nicht weiter auf die
Amerikaner zu warten. Da muss man eben mit neuen Bündnissen versuchen,
durch internationalen politischen Druck, zumindest versuchen, die
Amerikaner dann nachträglich wieder ins Boot zu holen.(...)
Wenn wir biologische oder auch atomare und chemische Waffen durch
nichtmilitärische Mittel langfristig kontrollieren wollen, dann ist der
entscheidende Schritt, jetzt im Bereich der Konvention die Verifikation
festzuschreiben, mit oder ohne Amerikaner. Wir brauchen diese
Transparenz. Wer diese Transparenz weiterhin verhindert, wird dafür
sorgen, dass wir in einen Kreislauf von biologischer Aufrüstung kommen,
als im B-Waffen Bereich, nicht nur da, aber insbesondere da. Und wer das
riskiert, der reduziert sich automatisch auf militärische
Counterproliferation.“
Rene Röspel, Abgeordneter der SPD im Bundestag, in einer Presseerklärung
zum 30. Jahrestag der Biowaffen-Konvention am 10. April:
"(...) In den letzten 7 Jahren gab es daher eine Reihe von
Überprüfungskonferenzen, die zum Ziel hatten, ein Zusatzprotokoll zu
verabschieden, dass das BWÜ stärken sollte. Diese Bemühungen sind leider
- vor allem am Widerstand der USA - gescheitert", erklärt Röspel.
Zunehmend gefährlicher wird die Situation auch durch den Einsatz
gentechnisch veränderter Organismen, gegen die es keine Impfstoffe mehr
gibt. "Deshalb erachte ich eine strenge Reglementierung gentechnischer
Experimente im Bereich waffentauglicher Organismen für unerlässlich", so
Röspel.
Auch sog. nicht-tödliche Waffen müssen endlich geächtet werden. So ist
z.B. geplant, Pilze oder andere Organismen zur Vernichtung von Pflanzen
oder Materialien einzusetzen. Der Einsatz solcher Organismen kann aber
schwer abschätzbare Folgen für die Umwelt und die Menschen haben.
"Die Fortsetzung der Überprüfungskonferenz im November dieses Jahres
muss unmissverständlich klar machen, dass alle Biowaffen - auch
nicht-tödliche - unter das Biowaffenverbot fallen. Es muss für Offenheit
und Transparenz gesorgt werden. Dazu gehören m.E. weltweite
Laborkontrollen. Ohne globale Inspektionen werden sich künftig viele
Länder animiert fühlen, ein eigenes B-Waffen-Programm aufzubauen".
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