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Irak: Biowaffen lange vor dem Krieg vernichtet

Neue Befunde der Waffeninspekteure im Vierteljahresbericht der UNMOVIC veröffentlicht

Im Biowaffen-Telegramm Nr. 27 (15. April 2004) des Sunshine-Projects berichtet dessen Leiter Jan van Aken auch über den Stand der"Waffensuche" im Irak, hier über die biologischen Waffen. Wir dokuemntieren diesen Teil des Sunshine-Newsletters sowie den nochmaligen Verweis darauf, dass die US-Informationen über die angeblichen mobilen Biowaffen-Labors vom deutschen Nachrichtendienst BND stammten.


Je länger die britisch-amerikanisch-australische Iraq Survey Group (ISG) im Nachkriegs-Irak erfolglos auf der Suche nach Massenvernichtungswaffen ist, desto deutlicher wird, dass die UN-Waffeninspektionen ein außerordentlicher Erfolg waren – und eine Empfehlung für die Einrichtung eines dauerhaften Waffeninspektorats bei den Vereinten Nationen.

Tatsächlich mehren sich die Befunde, dass die UN-Inspektoren von UNSCOM und UNMOVIC die irakischen Programme umfassend aufgedeckt und zerstört haben. Im Anhang des 16. Vierteljahresberichts der UNMOVIC vom 27. Februar 2004 (www.unmovic.org) findet sich eine Übersicht über die Art, Anzahl und den Verbleib von Waffen und Munition, die der Irak mit biologischen und/oder chemischen Kampfstoffen bestückt hatte bzw. die dafür vorgesehen waren.

In dieser Aufstellung sind auch aktuellste Laborbefunde erwähnt, mit denen eine der zentralen Fragen nach den irakischen Biowaffen vor dem Irak-Krieg endlich aufgeklärt werden konnte. Der Irak hatte immer behauptet, seine mit Milzbrand bestückten Fliegerbomben vom Typ R-400 bereits 1991 selbst zerstört zu haben. Belege für diese Behauptung gab es bislang keine, deshalb bestand immer der Verdacht, dass der Irak möglicherweise diese Bomben oder zumindest die entsprechenden Tausenden Liter Milzbrandbrühe noch versteckt hält.

Im Februar 2003 gruben irakische Experten unter den Augen der UNMOVIC 104 dieser Fliegerbomben aus. Davon waren acht noch intakt. Von zweien dieser Bomben wurden Proben genommen, in denen jetzt zweifelsfrei auch Milzbrandspuren sowie Reste von Desinfektionschemikalien gefunden wurden.
Damit gewinnt die irakische Behauptung an Glaubhaftigkeit, auch wenn ein solcher Nachweis für sich genommen natürlich noch kein Beweis dafür ist, dass alle Milzbrandbestände wirklich seinerzeit auch vernichtet wurden.
Bestätigt wird dies durch ein ausführliches Interview mit dem ehemaligen Leiter der Iraq Survey Group, David Kay (Arms Control Today, 5. März 2004). Kay sagt in diesem Interview, dass der Verbleib der Kampfstoffe mittlerweile als geklärt gelten kann und dass diese nicht in Waffen verblieben sind. (http://www.armscontrol.org/aca/midmonth/March/Kay.asp)

Vieles spricht dafür, die einmalige Expertise und Inspektionserfahrung der UNMOVIC zu erhalten und für künftige Einsätze auch anderswo auf der Welt bereitzustellen. Ein ständiges Inspektionsteam der Vereinten Nationen könnte entscheidend zu einer besseren Überwachung von Abrüstungsvereinbarungen beitragen und zudem in künftigen Situationen Konflikte vermeiden helfen.
Schweden, Frankreich und England haben bereits eine entsprechende diplomatische Initiative ins Leben gerufen.
Die britische Regierung hat die UNMOVIC im Februar zu einem Trainingskurs nach England eingeladen, um damit demonstrativ die Unterstützung für eine künftige Rolle der UNMOVIC zu signalisieren. Ein weiterer Trainingskurs für Biowaffeninspektoren findet Ende April in New York statt.

Zur künftigen Rolle von UNMOVIC siehe auch unsere homepage www.sunshine-project.de.

BND-Informant lieferte Lügenstory über irakische Biowaffenmobile



Einem Bericht der Los Angeles Times vom 28. März 2004 zufolge, beruhten die Behauptungen der US-Regierung, der Irak verfüge über mobile Einheiten zur Produktion von Biowaffen, hauptsächlich auf den Angaben eines einzigen, nun als unglaubwürdig geltenden irakischen Informanten.

Wie bereits im letzten BW-Telegramm berichtet, hatte der US-Geheimdienst nie direkten Kontakt mit dem irakischen Überläufer, der unter dem Codenamen “Curveball” geführt wurde. Jetzt wurde bekannt, dass es sich um einen Informanten des deutschen Bundesnachrichtendienstes handelte. Der BND habe die Informationen von “Curveball” an die CIA weitergeleitet, CIA-Anfragen nach einem direkten Kontakt jedoch aus Quellenschutzgründen stets abgelehnt – eine unter Geheimdiensten durchaus übliche Praxis.

Im Bericht der LA Times wird ein nicht genannter US-Geheimdienstler zitiert, der behaupte, dass der BND dem CIA gegenüber erstmalig im Frühjahr 2000 Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Informanten aufkommen ließ – und zwar nach dem 5. Februar, dem Tag an dem Außenminister Powell seine detaillierte Beschreibung der irakischen Biowaffenmobile dem UN-Sicherheitsrat vorgetragen hatte. Vertreter des BND bestritten dies laut ZEIT vom 1. April 2004: Sie hätten der CIA schon lange vorher die Berichte von “Curveball” zukommen lassen, inklusive einer deutlichen Warnung, dass Zweifel an der Korrektheit seiner Informationen angebracht seien. (http://www.zeit.de/2004/15/Geheimdienststreit).

Quelle: www.sunshine-project.de


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