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Die Vereinigten Staaten schätzen die deutsche Führungsrolle in der Ukraine wirklich sehr

Erklärung des US-Außenministers John Kerry anlässlich des Besuchs von Frank-Walter Steinmeier in Washington


Ende Februar besuchte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier die USA. Es kam dabei zu einer Begegnung mit seinem US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry und zu einem Aufenthalt im Brookings Institution in Washington. Dort hielt Steinmeier eine Rede, die in der hiesigen Presse als besonders offen und mutig dargestellt wurde, weil er darin den Dissens zwischen Deutschland und den USA in der NSA-Affäre noch einmal beim Namen genannt hat. Die Rede von Steinmeier ist auf der Website des Auswärtigen Amts nachzulesen: www.auswaertiges-amt.de [externer Link].

OIffenbar bleiben die Standpunkte zwischen Berlin und Washington in dieser Frage weiterhin unvereinbar. Dies ändert aber nichts an der unverbrüchlichen transatlantischen politischen und militärischen Partnerschaft, was sich in allen anderen von Steinmeier angesprochenen Themen ausdrückt. Diesen Schulterschluss demonstrierte auch US-Außenminister Kerry in seiner Ansprache anlässlich des Arbeitsessens mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Tag davor, die wir im Folgenden in einer vom Amerika Dienst besorgten Übersetzung dokumentieren.


Erklärung des US-Außenministers

Guten Tag allerseits. Ich freue mich sehr, Außenminister Steinmeier heute Nachmittag in Washington begrüßen zu dürfen. Ich freue mich insbesondere, weil der deutsche Außenminister und Kanzlerin Merkel mich vor etwa einem Monat so herzlich in Deutschland empfangen haben. Es ist schön, sich so schnell dafür revanchieren zu können. Der Außenminister wird noch bis morgen hier sein und in Washington eine Reihe von Gesprächen zu zahlreichen Themen führen, über die auch wir heute gesprochen haben. Außerdem begrüßen wir es sehr, dass auch Kanzlerin Merkel uns demnächst besuchen wird. Unsere beiden Länder sind seit langem enge Freunde. Deshalb können wir offen miteinander sprechen und Wege finden, um bei wichtigen Themen, die beide Seiten betreffen, zusammenzuarbeiten.

Frank-Walter und ich haben uns offen darüber ausgetauscht, wie wir weiter daran arbeiten können, die gegenwärtigen Spannungen hinter uns zu lassen und die transatlantischen Beziehungen zu vertiefen. Ich bin sehr dankbar für das Gespräch, das wir gerade geführt haben. Wir konnten ausführlich über unsere bilateralen Beziehungen sprechen, einschließlich der richtigen Balance zwischen der Sicherheit unserer Bürger und dem Schutz ihrer Daten. Diese Diskussion wird der deutsche Außenminister während seines Besuchs in Washington weiterführen – insbesondere morgen.

Wie Präsident Obama und Kanzlerin Merkel uns aufgetragen haben, haben wir uns über zusätzliche Schritte zur Stärkung unserer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit ausgetauscht, und in den nächsten Monaten werden wir die Gespräche hierüber fortsetzen. Ich schätze die ernsthafte und angemessene Art und Weise, in der Deutschland diese Gespräche mit uns führt.

Wir haben heute darüber gesprochen, wie wir unsere bestehende Partnerschaft angesichts vieler globaler Herausforderungen vertiefen und ausbauen können – eine dieser Herausforderungen ist natürlich die Sicherheit im Internet. Unsere Experten werden über diesen Punkt morgen Vormittag sprechen.

Natürlich beschäftigt uns momentan insbesondere die Ukraine, die in unseren Gesprächen viel Raum eingenommen hat. Ich bin dem deutschen Außenminister sehr dankbar für seine führende Rolle und dafür, dass er sich persönlich engagiert. Seine gemeinsame Initiative mit mehreren anderen Außenministern, die nach Kiew gereist sind, hat unter der federführenden Rolle von Außenminister Steinmeier zum Zustandekommen des Abkommens beigetragen.

Die Vereinigten Staaten schätzen so eine Führungsrolle wirklich sehr. Dies ist unser gemeinsames Problem. Ich habe heute bereits mit dem polnischen Außenminister Radek Sikorski telefoniert. Mir ist bewusst, dass wir gemeinsam mit unseren französischen und polnischen Kollegen einen Rahmen schaffen konnten, innerhalb dessen der Wandel nach der Welle der Gewalt größtenteils friedlich vonstatten gehen konnte.

Heute hat das ukrainische Parlament mit großer Mehrheit eine Übergangsregierung eingesetzt – wohlgemerkt, eine Technokratenregierung. Sie wird bis zu den Wahlen im Mai die Regierungsgeschäfte führen. Die Vereinigten Staaten begrüßen diese Entwicklung und wir freuen uns darauf, eng mit der Übergangsregierung zusammenzuarbeiten.

Heute Morgen habe ich Außenminister Lawrow angerufen und wir haben uns relativ ausführlich über die Übergangsphase und die Entwicklungen in der Ukraine und der Region unterhalten. Ich habe ganz konkret darum gebeten, dass Russland gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und unseren Freunden und Verbündeten dabei mitwirkt, die Ukraine zu unterstützten und die Einheit, Sicherheit und wirtschaftliche Stabilität des Landes wieder herzustellen. Wir haben uns auch über die äußerst angespannte Situation auf der Krim unterhalten. Ich halte es für sehr wichtig, zu betonen, dass Außenminister Lawrow mir direkt von Präsident Putin eine erneute Bekräftigung des Gesprächs übermittelt hat, das Präsident Putin und Präsident Obama am Wochenende geführt haben. Er hat sich dahingehend geäußert, dass die gegenwärtigen Militärübungen nicht im Zusammenhang mit der Ukraine stehen und schon länger geplant waren, und er hat – was entscheidend ist – erneut die Aussage Präsident Putins bestätigt, dass Russland die territoriale Integrität der Ukraine respektieren wird.

Wir sind der Auffassung, dass alle Parteien nun umsichtig agieren und von jeder Form der Provokation absehen sollten. Für die nächsten Tagen erwarten wir nun natürlich, dass die Entscheidungen Russlands mit der heutigen Zusage im Einklang stehen. Den Ukrainern übermitteln wir die gleiche Botschaft im Hinblick auf eine Reduzierung der Spannungen auf der Krim, und es ist sehr wichtig, dass der Prozess weiterhin umsichtig und respektvoll abläuft.

Nun, da die neue Technokratenregierung gebildet wird, möchte ich auch noch einmal betonen, dass die Vereinigten Staaten den heute von der Rada getanen demokratischen Schritt zur Bildung einer technokratischen Übergangsregierung unterstützen und begrüßen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung, um die nationale Einheit und Sicherheit und den Schutz der Rechte aller Ukrainer wieder herzustellen, einschließlich aller Minderheiten. Wir unterstützen die Entscheidung der neuen Regierung zur engen Zusammenarbeit mit dem IWF, um die Wirtschaft zu stabilisieren, ausdrücklich, und wir werden Bemühungen unterstützen, die bilaterale Hilfe in Verbindung mit dem IWF-Programm bereitstellen. Das ist unser Ziel für die nächsten Tage.

Frank-Walter und ich haben auch andere regionale Themen angesprochen, darunter unser gemeinsames Interesse am Abschluss der ehrgeizigen Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft. Die Volkswirtschaften der Vereinigten Staaten und Deutschlands sind bereits eng verflochten, aber wir wissen beide, dass T-TIP zu noch mehr Investitionen, Innovationen, Handel und letztendlich zu mehr Arbeitsplätzen und mehr Wirtschaftswachstum in unseren Ländern und in ganz Europa führen würde.

Außerdem haben wir uns über unsere gemeinsamen Anstrengungen zur Förderung des Friedens und der Stabilität weltweit ausgetauscht. Die Vereinigten Staaten begrüßen die größer werdende Rolle Deutschlands bei der Bewältigung globaler Herausforderungen. Wir schätzen Deutschlands Unterstützung in Afghanistan sehr. Der deutsche ISAF-Beitrag war und ist essentiell, wie auch die Zusage einer Beteiligung an der NATO-Mission nach 2014 und die finanzielle Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte.

Wir begrüßen auch Deutschlands Unterstützung im Nahen Osten. Kanzlerin Merkel ist erst kürzlich in den Nahen Osten gereist, und ich bin äußerst dankbar für die deutsche Unterstützung des Nahost-Friedensprozesses und das fortwährende Interesse und die Anstrengungen, uns hier nicht nur zu unterstützen, sondern zu helfen, ein Abkommen über den endgültigen Status zu erzielen.

Wir schätzen außerdem Deutschlands wichtige Rolle als Mitglied der P5+1, um mit dem Iran eine Einigung über sein Nuklearprogramm herbeizuführen. Darüber haben wir auch kurz gesprochen, ebenso wie über die diesbezüglichen Aussichten für die nächsten Tage. Genau wie wir unterstreicht Deutschland stets, dass es im Iran keine freie Bahn für unternehmerische Aktivitäten gibt, dass das Sanktionsregime weiterhin besteht, und dass wir die Einheit der P5+1 während der weiteren Verhandlungen wahren.

Wir sind auch dankbar für den von deutscher Seite ausgeübten, wachsenden internationalen Druck auf das Assad-Regime, den furchtbaren Krieg in Syrien zu beenden. Wir haben auch über einige zukünftige Herausforderungen im Hinblick auf Syrien gesprochen.

Frank-Walter, Du hast vor Kurzem gesagt, Deutschland sei zu groß, um die internationalen Entwicklungen nur zu kommentieren. Ich möchte, dass Du weißt, dass wir das ganz genauso sehen. Wir alle brauchen Deutschland als Partner bei diesen Bemühungen. Wir brauchen Deutschland auf dem Spielfeld und wir begrüßen diese Rolle. In München habe ich für 2014 zu einer transatlantischen Renaissance aufgerufen, und heute möchte ich betonen, dass der frische Wind, den wir brauchen, auch die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten entscheidend stärken wird.

Ich freue mich also darauf, bei den unterschiedlichsten Themen, die unsere beiden Länder, die Region und die Welt betreffen, eng zusammenzuarbeiten, und wir sind dankbar, dabei einen starken Partner wie Deutschland an unserer Seite zu haben. Vielen Dank.

Originaltext: Remarks with German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier After Their Working Lunch [externer Link]

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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