Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Afghanistan, Irak oder Nahost: Ein Herz und eine Seele

Angela Merkel und George W. Bush betreiten gemeinsam eine Pressekonferenz

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident George W. Bush wollen sich gemeinsam für eine Friedenslösung im Nahen Osten einsetzen und dafür das Nahost-Quartett wiederbeleben. "Ich glaube, dass die EU im Rahmen des Quartetts einen konstruktiven Beitrag leisten kann, um die Probleme im Nahen Osten zu lösen", sagte Merkel bei ihrem Kurzbesuch in Washington am 4. Januar 2007. "Wir haben hier eine große Verantwortung." Bush bezeichnete den Vorstoß Merkels als "gute Idee" und kündigte an, US-Außenministerin Condoleezza Rice werde in Kürze in den Nahen Osten reisen.
Als EU-Ratspräsidentin freue sie sich, dass Rice demnächst in den Nahen Osten reisen werde, sagte die Kanzlerin. Es werde dabei eine "sehr enge Abstimmung" geben. Dann werde zum "richtigen Zeitpunkt" überlegt, was das Quartett, das aus der EU, den USA, Russland und UNO besteht, in welchem Rahmen leisten könne. Das Quartett hatte 2003 einen Friedensfahrplan entwickelt, der bislang jedoch nur auf dem Papier besteht. "Wir wollen jedenfalls, dass die EU mit einer Stimme klar und deutlich spricht", sagte Merkel weiter. So müsse es eine Zwei-Staaten-Lösung für Israel und die Palästinensergebiete geben, und die Palästinenser müssten den Staat Israel anerkennen. Außerdem müsse Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gestärkt werden.
Die Kanzlerin erläuterte Bush bei ihrem dritten USA-Besuch das Arbeitsprogramm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und des G-8-Vorsitzes. Weitere Gesprächsthemen während des Besuchs Merkels waren der Klimaschutz und eine engere wirtschaftliche Partnerschaft zwischen Europa und den USA. Beim Klimaschutz konnten offenbar keine großen Annäherungen erzielt werden. Hier bestehe zwischen der EU und den USA noch ein großer Spielraum für weitere Gespräche, sagte Merkel.
Im Folgenden dokumentieren wir die Mitschrift der Pressekonferenz, die Bush und Merkel im Anschluss an ihr Gespräch gaben.



Mitschrift der Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Bush

am 4. Januar 2007 in Washington *

P BUSH: Frau Bundeskanzlerin, herzlichen Dank und herzlich willkommen hier in Washington. Ich freue mich, Sie erneut hier im Weißen Haus willkommen heißen zu dürfen. Wir freuen uns auf das gemeinsame Abendessen. Ich weiß nicht, ob das Abendessen heute Abend so gut sein wird wie beim Grillfest bei Ihnen, aber wir werden unser Bestes geben.

Mit diesem neuen Jahr beginnt die deutsche Präsidentschaft innerhalb der G8 und auch der Europäischen Union. Wir haben gerade ein sehr umfangreiches Gespräch miteinander geführt. Wir haben sehr viele Themen miteinander beraten. Wir haben auch die sehr ehrgeizige Agenda der Bundeskanzlerin für diese beiden Führungsrollen besprochen. Wir haben auch darüber diskutiert, wie wir weiterhin zusammenarbeiten können, um uns für den Wohlstand und den Frieden einzusetzen.

Wir haben etwas Zeit mit Afghanistan verbracht. Ich schätze auch sehr die Unterstützung der Frau Bundeskanzlerin für die Menschen in Afghanistan. Sie nehmen Ihre Verpflichtungen im Rahmen der NATO sehr ernst. Es ist für uns eine Ehre und wir sind sehr stolz darauf, mit einem so mutigen, starken Verbündeten dienen zu dürfen.

Wir haben auch über den Iran gesprochen. Ich habe der Bundeskanzlerin für die sehr starke Unterstützung des UN-Sicherheitsratsbeschlusses nach Kapitel 7 hinsichtlich des Iran gedankt. Das ist eine sehr wichtige Botschaft für den Iran, nämlich die, dass die freie Welt eine Zukunft in Frieden sehen möchte, und diese Möglichkeit sehen wir nicht, wenn die Iraner Nuklearwaffen entwickeln. Herzlichen Dank für die Unterstützung, Frau Bundeskanzlerin! Wir werden weiterhin an dieser Initiative arbeiten, gerade auch, was Kapitel 7 betrifft. Wir müssen uns weiter anstrengen, um eine friedliche Lösung herbeizuführen.

Wir haben auch die israelisch-palästinensische Frage diskutiert. Die Bundeskanzlerin hatte die sehr gute Idee, das Quartett erneut zusammentreffen zu lassen. Ich habe dem meine Zustimmung gegeben. Wir werden auch einen guten Zeitpunkt dafür finden. Ministerin Rice wird demnächst in den Nahen Osten reisen und dann nicht nur mir, sondern auch der Bundeskanzlerin Bericht erstatten. Wir setzen uns weiterhin engagiert für die Zwei-Staaten-Lösung ein - Israel und Palästina Seite an Seite, zwei Demokratien, die sich gegenseitig unterstützen und auch das gegenseitige Existenzrecht unterstützen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Bundeskanzlerin, um diese Ziele zu erreichen.

Wir haben auch die Lage im Libanon besprochen. Eine Sache ist klar: Meine Regierung wird die Regierungsfindung unterstützen, und ich bin zuversichtlich, dass die Bundeskanzlerin ebenfalls (die Regierungsfindung unterstützen wird). Die jungen Demokratien im Nahen Osten werden immer wieder von radikalen islamischen Kräften angegriffen. Im Libanon haben wir ein Beispiel dafür. Wir in den Demokratien haben dann auch die Verpflichtung, Staaten wie den Libanon zu unterstützen.

Wir haben auch die Lage in Darfur besprochen. Ich schätze die Erkenntnis der Bundeskanzlerin sehr, dass es dort sehr viel Leid gibt. Wir haben während meiner Regierung auch den Begriff Völkermord verwendet. Wir nehmen die Lage sehr ernst und erwarten von der Regierung Al-Bashir, dass weitere Fortschritte gemacht werden. Die Bundeskanzlerin kennt die Lage und versteht diese Thematik, und ich schätze sehr, dass von Deutschland auch militärische Hilfe geleistet wird. Das ist eine sehr starke Verpflichtung. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit, auch während der EU-Ratspräsidentschaft, um hierbei mehr zu erreichen.

Wir haben auch über den Handel gesprochen. Wir engagieren uns weiterhin für die Doha-Runde. Es gibt noch weitere Arbeit für uns, um die Hindernisse zu überwinden, aber die Diskussionen sind sehr positiv. José Barroso wird am Montag in den Vereinigten Staaten sein. Wir werden den Dialog über die Doha-Runde fortsetzen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir diesbezüglich in der Tat ein erfolgreiches Ergebnis herbeiführen werden. Ich weiß, was notwendig ist: Wenn wir weltweit die Armut bekämpfen müssen, dann brauchen wir auch die Doha-Runde. Der Handel ist die beste Lösung, armen Staaten dabei zu helfen, ihre Wirtschaften zu entwickeln, sodass die Menschen dann auch klar erkennen, dass es Wohlstand und damit verbundene Vorteile gibt.

Wir haben auch die Frage des Klimawandels miteinander besprochen. Ich habe der Bundeskanzlerin gegenüber geäußert, dass wir weiterhin die neue Technologien unterstützen werden, die die Umwelt weltweit schützen können. Es ist notwendig, die Vergangenheit hinter uns zu lassen und uns auf die technologischen Entwicklungen zu konzentrieren, die es uns ermöglichen, erfolgreichen Umweltschutz durchzuführen, auch hinsichtlich neuer Möglichkeiten wie Wasserstoff- und Kohlenwasserstoffzellen, obwohl andere vielleicht dagegen sind. Es wird neue Batterien geben, neue Möglichkeiten geben, unsere Fahrzeuge anzutreiben, und auch neue Möglichkeiten geben, unsere Straßen zu beleuchten.

Frau Bundeskanzlerin, wir haben sehr viele Themen miteinander besprochen. Ich freue mich auf das gemeinsame Abendessen. Ich schätze es sehr, dass Sie sich die Zeit genommen haben, hierher zu reisen. Herzlichen Dank. Sie haben das Wort!

BK'IN DR. MERKEL: Herzlichen Dank für die Einladung, die uns die Möglichkeit gibt, wieder einmal über die wichtigen Themen zu sprechen, die uns gemeinsam bewegen. Ich bin hier auf meiner ersten Auslandsreise, seitdem Deutschland zu Beginn des Jahres die Präsidentschaft innerhalb der Europäischen Union und die G8-Präsidentschaft übernommen hat. Dass diese Reise nach Washington geht, ist kein Zufall, sondern das drückt aus, dass wir natürlich eine Vielzahl von gemeinsamen Interessen haben, dass wir gemeinsame Werte teilen und dass aus meiner Sicht die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika essentiell ist, um die Lösung der wichtigen und vielen weltweiten Probleme voran zu bringen.

Wir haben über die Dinge gesprochen, die mit der Präsidentschaft innerhalb der Europäischen Union sehr eng zusammenhängen. Dazu gehört das Thema der Doha-Runde. Wir wollen einen Erfolg, und wir werden hierbei auch sehr, sehr eng zusammenarbeiten. Wir alle wissen, dass das Zeitfenster nicht unendlich groß ist. Das heißt, es wird hierbei in der nächsten Zeit sehr intensiver Anstrengungen bedürfen. Ich habe mit Freude vernommen, dass dies ein gemeinsames Projekt ist, das sowohl die Europäische Union als auch die Vereinigten Staaten von Amerika vertreten. Wir werden auch noch mit den G20-Ländern einen intensiven Austausch pflegen, um ein Ergebnis zu erzielen, das gerade den armen Ländern hilft, das aber auch der Transparenz der Märkte hilft.

Wir haben darüber gesprochen, dass es während der deutschen Präsidentschaft einen EU-USA-Gipfel geben wird. Neben den internationalen Handelsfragen - selbstverständlich nicht gegen diese Handelsfragen gerichtet - wird es zwei Themen geben, die uns besonders beschäftigen werden. Das ist zum einen das Thema Klimawandel. Hierzu habe ich mit großer Freude gehört - wir werden das auch noch im Detail (mithilfe von) Fachleuten ausarbeiten -, dass wir einerseits natürlich ökonomisches Wachstum, aber andererseits eine Reduktion der Treibhausemissionen brauchen und dass die Bereitschaft besteht, dass diese Reduktion natürlich vor allen Dingen durch Energieeffizienz erreicht werden muss. Ich glaube, dass es eine Vielzahl von Zusammenarbeitsmöglichkeiten gibt - von Biotreibstoffen bis hin zu anderen neuen Technologien - und wir uns auch hervorragend zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika austauschen können.

Wir haben außerdem über das Projekt eines gemeinsamen Marktes gesprochen, also die gemeinsamen Anstrengungen, die Ökonomien unserer Länder so effizient zu gestalten, dass die Ökonomien, die auf gleichen Werten beruhen, auch eine Chance haben, ihre Wirksamkeit zu entfalten. Auch diesbezüglich wird es direkte Kontakte in Form einer Arbeitsgruppe geben, die dann für den US-EU-Gipfel die notwendigen Vorbereitungen treffen wird. Das ist natürlich eine dickes Brett, das zu bohren ist. Ich will hier noch einmal deutlich machen, dass das niemals gegen internationale Handelsvereinbarungen, also gegen die WTO-Runde, gerichtet ist, sondern dass es hierbei um die Frage des Schutzes des geistigen Eigentums, des Patentsrechts und der internationalen Finanzmärkte geht.

Wir haben dann über die internationalen Konflikte gesprochen, und ich glaube, dass die Europäische Union im Rahmen des Quartetts einen sehr konstruktiven Beitrag leisten kann, um die Probleme im Nahen Osten zu lösen. Wir haben hierbei eine große Verantwortung. Ich freue mich, dass die amerikanische Außenministerin in der nächsten Zeit in die Region reisen wird. Es wird eine sehr enge Abstimmung geben, um dann zum richtigen Zeitpunkt zu überlegen, was das Quartett leisten kann und wie es etwas leisten kann. Wir wollen jedenfalls, dass die Europäische Union mit einer Stimme klar deutlich macht: Wir wollen eine Zwei-Staaten-Lösung, wir wollen natürlich die Anerkennung Israels durch die Palästinenser, wir wollen, dass Präsident Abbas gestärkt wird, wir wollen natürlich auch die Entwicklung eines souveränen Libanon stärken - das haben wir heute auch besprochen - und dazu alle notwendigen Maßnahmen unternehmen.

Wir kooperieren gut in Afghanistan. Wir haben darüber auf dem NATO-Gipfel in Riga ausführlich gesprochen. Es wird im Januar noch eine NATO-Ratstagung geben, und ich glaube, dass diese Tagung von großer Wichtigkeit ist, um die Anregung von Riga, nämlich die, einerseits natürlich die militärischen Kräfte zu konzentrieren, aber andererseits auch die zivilen Projekte voran zu bringen, dann auf dieser NATO-Tagung fortzusetzen.

Wir haben selbstverständlich auch über die Situation im Irak gesprochen, und ich will von meiner Seite aus sagen: Auch wenn Deutschland nicht militärisch im Irak engagiert ist, haben wir alles Interesse daran, dass sich der Irak in die Richtung entwickelt, dass eine friedliche Situation entsteht und dass die Menschen keine Angst mehr um ihr Leben haben müssen. Wir werden politisch alles unterstützen, was dafür notwendig ist.

Ich habe den Eindruck, dass wir in den nächsten sechs Monaten unserer Präsidentschaft vieles zu tun haben und auch viele Gemeinsamkeiten bestehen, um wichtige Probleme anzupacken. Ich glaube, dass dieser Dialog der Anfang eines sehr intensiven Dialogs während der Präsidentschaft ist. Ansonsten ist dies aber schon unser sechstes Treffen, und insofern kann man schon von einem kontinuierlichen Austausch der Meinungen sprechen. - Herzlichen Dank noch einmal für die Einladung.

FRAGE: Herr Präsident, Sie haben heute ein zweistündiges Gespräch mit dem Ministerpräsidenten des Irak geführt. Sind Sie sich hinsichtlich der Notwendigkeit einig, mehr amerikanische Truppen dorthin zu schicken, um mit der dort wachsenden Gewalt fertig zu werden?

P BUSH: Ben, ich bin noch dabei, meinen Ansatz hierzu zu entwickeln. Ich werde nächste Woche eine Strategie vorstellen können, die das Ziel verfolgt, einen sich selbst tragenden und verteidigungsfähigen Irak zu erschaffen. Ich muss noch weitere Konsultationen führen. Aber die Entscheidung, die ich treffen werde, wird vor allem dieses Ziel verfolgen.

Das Gespräch mit Ministerpräsident Maliki war sehr produktiv und dauerte in der Tat zwei Stunden. Wir haben sehr viele Themen miteinander beraten. Ich werde dann auch feststellen, ob er den festen Willen hat, die harte Arbeit zu tun, um die Bürger im Irak zu schützen. Ich habe ihm gesagt: Wenn er diesen festen Willen zeigt, werden wir ihn unterstützen. Ich bin noch dabei, meine endgültige Entscheidung hinsichtlich dessen zu treffen, welche Empfehlungen ich konkret annehmen werde. Eine Sache ist klar: Die Mission muss klar sein und auch erreichbare Ziele beinhalten.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Herr Präsident, ich habe eine Frage zum Nahen Osten und zum Wiederaufleben des Quartetts. Soll das Mandat des Quartetts ausgeweitet werden? Es gibt auch Vorschläge, die Lage im Libanon mit zu berücksichtigen und Gespräche mit Syrien zu führen. Das bedeutete, das Mandat im Vergleich zum letzten Sommer noch auszuweiten. Wenn man die Lage im Südlibanon betrachtet, sieht man, dass diese Fragen alle miteinander verwoben sind.

P BUSH: Ich habe den ersten Teil der Frage leider nicht verstanden.

ZUSATZFRAGE: Es geht darum, ob das Mandat des Quartetts ausgeweitet werden soll oder nicht, sodass es nicht nur um den Konflikt zwischen den Palästinensern und den Israelis geht.

P BUSH: Beim Quartett sollte man sich auf das eine Thema Israel und Palästina konzentrieren; denn wenn wir dieses eine Problem gelöst haben werden, werden die anderen Probleme leichter zu lösen sein.

Zweitens weiß Syrien genau, was notwendig ist und was es tun muss, um als Staat betrachtet zu werden, der eine produktive Rolle spielt. Meiner Meinung nach müssen wir so schnell wie möglich mit dem Hariri-Tribunal voran gehen. Wenn jemand umgebracht wurde, dann muss dafür Rechenschaft abgelegt werden. Aber wir müssen diese Frage zu Ende führen. Syrien muss ein noch produktiverer Partner sein, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Wir brauchen das nicht immer wieder in neuen Sitzungen mitzuteilen; diese Botschaft können wir in einer Pressekonferenz wie der heutigen vermitteln. Sie haben die Entscheidung zu treffen.

BK'IN DR. MERKEL: Ich denke, dass das Quartett zunächst einmal wirklich damit ausgelastet ist, sich mit der Frage des israelisch-palästinensischen Konfliktes zu befassen. Es muss dann auch klar sein, was passiert; denn natürlich müssen vor allen Dingen auch die Akteure in der Region den Willen dazu aufbringen. Dabei gibt es ja jetzt sehr positive Entwicklungen, und die können durch das Quartett begleitet und von ihm unterstützt werden. Eine internationale Einigkeit kann hergestellt werden.

Bei den anderen Fragen - gerade, was den Libanon anbelangt -, ist jetzt wirklich die Hauptaufgabe, das Tribunal in Gang zu setzen und damit auch Premierminister Siniora dabei zu unterstützen, einen souveränen Libanon zu entwickeln. Ich glaube, Syrien hat - gerade wenn ich mir das einmal von der Seite der Europäischen Union und auch im Hinblick auf den Besuch des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland in Syrien anschaue - viele Chancen bekommen zu zeigen, dass es eine konstruktive Rolle spielen wird. Diese Chancen sind leider verstrichen. Wir warten natürlich darauf, dass sich Syrien verändert, aber bis jetzt sind die Botschaften leider nicht sehr optimistisch.

FRAGE: Herr Präsident, Sie haben die nationale Versöhnung hinsichtlich Saddam Husseins im Irak als oberes Ziel der Politik bezeichnet. Warum ist bezüglich der Hinrichtung geduldet worden, dass er Sticheleien erdulden musste? In diesem Zusammenhang: Können Sie genauer sagen, wann in der nächsten Woche Sie ihre Irak-Strategie vorstellen wollen?

P BUSH: Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Nein.

Zum ersten Teil möchte ich, dass Sie antizipieren, was ich in der Ansprache sagen werde und dass Sie sich Gedanken dazu machen. Ich habe mit Premierminister Maliki über das Video von der Hinrichtung gesprochen. Er hat mir gesagt, dass es eine umfassende Untersuchung dazu geben wird, und das weiß ich zu schätzen. Eine Sache ist klar: Ein horrendes Kapitel in der irakischen Geschichte ist zu Ende gegangen, und jetzt geht es um eine hoffnungsvollere Zukunft, ein hoffnungsvolleres Kapitel für das irakische Volk. Ich habe sehr viel Zeit beim Gespräch mit ihm mit diesem Thema verbracht.

Die Menschen im Irak möchten Fortschritte sehen. Sie möchten ihre schreckliche Vergangenheit auch vergessen, und sie möchten in Frieden leben. Es ist auch im Interesse unserer Länder, ihnen dabei zu helfen. Aus diesem Grunde habe ich hinsichtlich eines Landes, das auch ein Verbündeter im Krieg gegen den Terror ist, viel Zeit mit der Entwicklung einer Strategie zur Verfolgung dieses Ziels verbracht, damit es auch ein gutes Beispiel für die Rolle der Frau im Nahen und Mittleren Osten gibt. Der Premierminister hat mir gesagt, dass es eine umfassende Untersuchung zu den Geschehnissen bei der Hinrichtung geben wird.

ZUSATZFRAGE: Wie ist Ihre persönliche Reaktion darauf?

P BUSH: Meine persönliche Reaktion ist die folgende: Saddam Hussein bekam einen Gerichtsprozess. Er war nicht bereit, den Menschen, die er umgebracht hat, einen fairen Gerichtsprozess zu geben. Es handelt sich um Tausende von irakischen Bürgern, denen er Gewalt angetan hat. Ich hätte natürlich gerne ein Gerichtsverfahren mit mehr Würde gesehen, aber er hat den Menschen, die er umgebracht hat, diese Möglichkeit nicht gegeben.

FRAGE: Ich habe eine Frage an den Präsidenten und danach an die Bundeskanzlerin. Herr Präsident, Deutschland versucht, das Quartett wiederzubeleben. Dabei besteht immer die Frage, wie europäische Länder eine Supermacht wie die Vereinigten Staaten beeinflussen können. Können Sie uns ein Beispiel dafür geben, dass Sie Ihre Meinung geändert haben, nachdem Sie mit einem europäischen Regierungschef gesprochen haben?
Frau Bundeskanzlerin, es gab in der letzten Zeit wenige Erfolge des Nahost-Quartetts. Warum war das so? Waren die Bemühungen zu schwach, oder sind die Probleme in der Region so groß, dass es deshalb keinen Fortschritt gibt? Was bedeutet das dann für Ihre Forderung nach einer Erneuerung der Bemühungen?


P BUSH: Mir ist Folgendes klar geworden: Ich weiß nicht, ob es eine Änderung meiner Meinung gibt, aber ich habe durch meine europäischen Freunde gelernt, dass die Vereinen Nationen eine sehr wichtige Institution sind, sodass man dann auch Parlamente davon überzeugen kann, dass harte Arbeit nötig ist, z. B. hinsichtlich der Verabschiedung von Resolutionen zum Irak oder Iran. Es ist Ländern wie Dänemark oder Holland wichtig, ihren Parlamenten die Unterstützung der Vereinten Nationen (zusagen) zu können. Sie wissen, dass ich nicht davon überzeugt bin, dass die Vereinigten Staaten auch eine Resolution der Vereinten Nationen brauchen, um Entscheidungen hinsichtlich der Sicherheitslage zu treffen, aber ich nehme zur Kenntnis, dass die Rolle der Vereinten Nationen für sehr viele Länder von ausschlaggebender Bedeutung ist.

Ich habe diese Lektion von meinen Verbündeten und Freunden gelernt. Ich habe der Bundeskanzlerin gut zugehört. Sie ist eine sehr weise Frau. Ich weiß nicht, ob ihr das hilft oder ob das für sie eher nachteilig ist. Aber meine Konsultationen mit Angela sind sehr produktiv und sehr wichtig. Es ist notwendig, gute und produktive Beziehungen mit Europa zu haben. Wenn wir große Ziele erreichen möchten - Frieden, Sicherheit, Handel -, dann sind die Beziehungen zwischen unseren Ländern von grundlegender Bedeutung. Sie sind unerlässlich. Manchmal gibt es Schwierigkeiten in den Beziehungen. Es gibt nicht immer nur eine Meinung in Europa. Aber ich bekomme immer gute Ratschläge von Angela, wie wir mit den gemeinsamen Problemen umgehen können, um zu gewährleisten, dass unser Bündnis auch dem Allgemeinwohl dient, und das schätze ich sehr.

BK'IN DR. MERKEL: Ich bin der Meinung, dass wir natürlich immer und immer wieder versuchen müssen, in dem israelisch-palästinensischen Konflikt einen Fortschritt zu erreichen. Wenn wir uns einmal ein anderes Feld anschauen, z. B. die Verabschiedung der Resolutionen in Bezug auf den Iran, dann ist es doch in den letzten Monaten, die ich überblicke, gelungen, eine gemeinschaftliche Haltung der Weltgemeinschaft auch in Resolutionen des Weltsicherheitsrates sich widerspiegeln zu lassen. Ich halte das für einen riesigen Erfolg, auch wenn manches durch diesen Verhandlungsprozess langsamer gegangen ist, als wenn vielleicht nur die E3 und die Vereinigten Staaten von Amerika zusammen verhandelt hätten. Aber dadurch, dass wir immer wieder auch Russland und China in diese Verhandlungen einbezogen haben, ist eine internationale Gemeinschaft entstanden, die dem Iran zeigt, wo die Grenzen sind.

Das Quartett ist natürlich auch eine solche Institution, in der die UNO, Russland, die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika gemeinsam arbeiten müssen. Dabei sind die Interessen natürlich auch von Anfang an unterschiedlich. Trotzdem glaube ich, dass die Europäische Union ihre gemeinschaftlichen Interessen am besten und im Übrigen auch am kohärentesten - das heißt, mit einer gemeinsamen Linie - in das Quartett einbringen kann; denn es ist auch bekannt, dass 27 Mitgliedstaaten nicht zu jeder Sekunde immer die gleichen Schwerpunkte setzen. Deshalb käme, wenn das Quartett jetzt wieder aktiver werden würde, auf die Präsidentschaft und die Kommission natürlich auch eine besondere Aufgabe zu. Wir sind dazu bereit. Ich glaube, es ist wichtig - auch im Hinblick auf die nicht konstruktiven Kräfte der Hamas -, deutlich zu machen, dass man uns hierbei nicht gegeneinander ausspielen kann, sondern dass die Vereinigten Staaten von Amerika und die Europäische Union gemeinsame Ziele haben und dass es auch ein gemeinsames Vorgehen gibt.

Ich persönlich glaube eben sehr stark an diese multinationalen und internationalen Institutionen, weil sie denen, die die Demokratie nicht wollen, die Grenzen aufzeigen. Wir müssen immer wieder versuchen, möglichst klar zu machen, wo diese Grenzen sind, und dies auch möglichst klar ausformulieren.

*Hinweis: Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.

Quelle: Website der Bundesregierung: www.bundesregierung.de



Zur Seite "Deutsche Außenpolitik"

Zur Europa-Seite

Zur Nahost-Seite

Zur Afghanistan-Seite

Zur Irak-Seite

Zurück zur Homepage