Regierung bestritt Hilfe für Belarus
GdP und LINKE fordern Parlamentsbeteiligung
Von René Heilig *
Das Bundesinnenministerium hat einen
Bericht zurückgewiesen, wonach
es eine Hundertschaft der belarussischen
Polizei mit Schlagstöcken ausgerüstet
habe. Aber sonst gab es wenig
zu dementieren in Sachen Ausbildungshilfe
für Belarus.
Man helfe ja gerne beim Aufbau
rechtsstaatlicher Strukturen im
Ausland, doch als Erfüllungsgehilfe
für zweifelhafte Ausbildungsgeschäfte
mit autoritären Regimen
tauge die deutsche Polizei nicht,
sagte gestern Frank Richter, der ist
Polizist und zudem Vizechef der
Gewerkschaft der Polizei (GdP). Er
reagierte damit auf Berichte, das
Bundesinnenministerium und insbesondere
die Bundespolizei habe
zwischen von 2008 bis 2010 – es
gibt Berichte, die darüber hinausgehen
– Einsatzkräfte und Spezialisten
des belarussischen Diktators
Alexander Lukaschenko unterrichtet,
gedrillt und mit Gerätschaften
versorgt.
Dabei steht das autoritär regierte
Land international in der
Kritik, weil dort die freie Meinungsäußerung
sowie die Vereinigungs-
und Versammlungsfreiheit
stark eingeschränkt sind. Laut Amnesty
International sind gewaltlose
politische Gefangene in Haft und
werden gefoltert. Gerade deutsche
Politiker überboten sich mit kritischen
Äußerungen Richtung Minsk.
»Das im Falle Weißrussland offenbar
fehlende Fingerspitzengefühl
der Bundesregierung hinterlässt
einen unappetitlichen Nachgeschmack
«, sagt Richter. Seine
Gewerkschaft fordert seit Jahren
eine stärkere parlamentarische
Kontrolle. Für alle Polizeimissionen
und -einsätze, seien sie bilateral
oder international, müsse der Bundestag
ein Rückholrecht haben und
durch einen Parlamentsvorbehalt
jederzeit das Recht zur Beendigung
eines Einsatzes oder einer Mission
erzwingen können.
Da rennt Richter beim Linksabgeordneten
Jan Korte offene Türen
ein. Der ist überdies sauer, denn auf
Anfrage seiner Fraktion hat die Regierung
noch im Dezember 2011
»eine Zusammenarbeit von deutschen
Polizeikräften mit Milizen
oder Geheimdiensten aus Weißrussland
ausdrücklich ausgeschlossen«.
Die Linksfraktion plädiere, so
Korte, dringend dafür, »die Diskussion
über einen Parlamentsvorbehalt
für Auslandseinsätze der
Polizei wiederaufzunehmen«. Dazu
habe sie in diesem Jahr einen entsprechenden
Antrag vorgelegt.
Statt – wie Innenminister Hans-
Peter Friedrich (CSU) – pausenlos
Dementi zu veröffentlichen, hätte er
erklären können, dass die deutsche
Polizeihilfe Teil einer EU-abgestimmten
Linie war, um Belarus aus
der traditionellen Nähe zu Russland
herauszulösen. Seit 2009 wurde die
einstige Sowjetrepublik als Partner
der EU hofiert. Ebenso unterzeichnete
man mit der Ukraine ein Assoziierungsabkommen.
Die Strategie ist aus verschiedenen
Gründen gescheitert. Das
deutsche Innenministerium sah
dennoch eine Chance, bei der Bekämpfung
der Organisierten Kriminalität
zusammenzuarbeiten
und – wie beispielsweise mit Libyen
– durch Kooperation eine Art Vorfeldsicherung
gegen mögliche Migrationsbewegungen
zu errichten.
* Aus: neues deutschland, Dienstag, 28. August 2012
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