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Mehr Schutz für nukleares Material

Staatengipfel in Den Haag will engere Kooperation

Von Olaf Standke *

Über 50 Staats- und Regierungschefs haben sich am Dienstag in Den Haag dafür ausgesprochen, die nukleare Sicherheit weltweit zu verbessern. So soll verhindert werden, dass Materialien aus Industrie oder Gesundheitswesen für den Bau »schmutziger Bomben« in die Hände von Verbrechern und Terroristen gelangen. Dabei handelt es sich um eine konventionelle Bombe, die bei der Explosion durch die Verbreitung von Plutonium- oder Uranstaub große Gebiet radioaktiv verseuchen könnte. Die Länder, die über solches Material verfügten, sollten daher ihre Bestände auf das Nötigste minimieren. Man werde künftig enger bei ihrem Schutz zusammenarbeiten, heißt es in der Abschlusserklärung des Nuclear Security Summit.

USA-Präsident Barack Obama, Initiator des zum dritten Mal tagenden Gipfels, würdigte die seit 2010 erreichten Ergebnisse. So hätten zwölf Länder und 2000 nukleare Einrichtungen vollständig auf den Besitz von hoch angereichertem Uran und Plutonium verzichtet, Dutzende Staaten ihre Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Doch sei es wichtig, nun nicht nachzulassen.

35 Länder, darunter Deutschland und alle anderen EU-Staaten, vereinbarten zudem, ihre Kooperation über die Gipfelerklärung hinaus auszubauen. Internationale Experten sollen die Effektivität nationaler Vorkehrungen extern prüfen dürfen, wobei der Schutz von gefährlichem Nuklearmaterial künftig stärker von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) gesteuert werden würde. Die Unterzeichnerstaaten wollen allgemeine IAEA-Richtlinien als Gesetze übernehmen. Obama lud zu einem Folgegipfel in zwei Jahren in seine Heimatstadt Chicago ein. Dann solle endgültig entschieden werden, ob die Sicherung von Nuklearmaterial vor allem der IAEA übertragen werde.

Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass der Haager Gipfel die bereits existierenden mehr als 17 000 Kernsprengköpfe der neun Atomwaffenmächte nicht zum Thema und keine Abrüstungsvorschläge gemacht habe.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 26. März 2013


Prinzipielle Schwäche

Olaf Standke über den Nukleargipfel in Den Haag **

Es gehe darum, »die Millionen Schwächen der Atomsicherheit zu beseitigen«, erklärte der niederländische Außenminister Frans Timmermans am Dienstag in den Haag. Die Gastgeber des dritten Nukleargipfels hatten zuvor drei Ziele ausgegeben: die weltweiten Bestände an nuklearem Material abzubauen, ihren Schutz zu verbessern und die internationale Zusammenarbeit zur Atomsicherheit zu verstärken. So soll verhindert werden, dass Grundstoffe etwa für den Bau einer radioaktiven »schmutzigen« Bombe in falsche, sprich Terroristenhände gelangen können.

Das gestrige Abschlussdokument des Spitzentreffens von über 50 Staats- und Regierungschefs weist in diese Richtung, ist vorerst aber nur Absichtserklärung. Und es hat, wie der ganze von USA-Präsident Barack Obama initiierte Gipfel, eine prinzipielle Schwäche: Sie scheren sich weder um die existenziellen Gefahren, die aus den weltweit schon existierenden über 17 000 Kernwaffen im Besitz von inzwischen neun Atomstaaten erwachsen, noch um die erheblichen Risiken bei der Nutzung der Kernenergie. Diese Fokussierung auf mögliche nicht staatliche Akteure blendet aus, wie dringend ein Abbau der vorhandenen atomaren Arsenale ist. Es war der Internationale Gerichtshof, der die Verpflichtung zur vollständigen nuklearen Abrüstung bestätigt hat. Er residiert in Den Haag.

** Aus: neues deutschland, Mittwoch, 26. März 2013


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