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Neue Runde bei START-Verhandlungen

Russland und USA beraten über konkrete Zahlen

Von Olaf Standke *

»Dieses Jahr soll zu einem Jahr der Vereinigung der Nationen werden, um die Welt von Atomwaffen zu befreien«, betonte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gestern (23. Sept.) zum Auftakt der Generaldebatte der 64. UN-Vollversammlung. Den russisch-amerikanischen Beziehungen kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Unmittelbar vor dem heutigen Abrüstungsgipfel (24. Sept.) wollten sich die beiden Präsidenten Barack Obama und Dmitri Medwedjew noch zu einem »Minigipfel« treffen.

Anfang September meldete die Moskauer Zeitung »Kommersant« unter Berufung auf russische Verhandlungskreise noch, dass die Verhandlungen mit Washington über atomare Abrüstung wegen eines Streits über die Zahl der Trägersysteme ins Stocken geraten sei. Pünktlich vor dem dritten Zusammentreffen der Präsidenten beider Länder und vor dem heute im Weltsicherheitsrat angesetzten Atomgipfel haben Russland und die USA ihre bilateralen Gespräche wieder aufgenommen.

Die Entscheidung Obamas, auf die von Moskau heftig kritisierte Raketenabwehr in Osteuropa zu verzichten, könnte die Verhandlungen in der russischen Botschaft nun deutlich erleichtern, war aus Genf zu hören. Immer wieder hatte Moskau die geplanten US-amerikanischen Raketen unmittelbar vor der eigenen Haustür als Bedrohung abgelehnt und ihre Legitimierung durch die Bush-Regierung als reine Fiktion gebrandmarkt: An die Mär vom befürchteten atomaren Angriff Irans wollten die Militärs und Politiker in Russland von Anfang an nicht glauben.

Mit Obamas Kehrtwende sei nun »eine gute Grundlage für die Annäherung der Positionen bei einer ganzen Reihe von Problemen der internationalen Sicherheit« entstanden, erklärte der frühere Stabschef der russischen Raketentruppen, Wladimir Jessin. Dazu gehört vor allem auch das Nachfolgeabkommen für den 1991 unterzeichneten und am 5. Dezember dieses Jahres auslaufenden Vertrag zur Reduzierung strategischer Waffen (START I). Darin verpflichten sich Washington und Moskau, die Anzahl ihrer Gefechtsköpfe auf jeweils 6000 und die Anzahl der Trägermittel auf jeweils 1600 zu verringern. Im Jahr 2002 wurde dann ein zusätzlicher Vertrag über die Reduzierung der strategischen Offensivpotenziale in Moskau unterzeichnet, mit dem die Zahl der einsetzbaren nuklearen Gefechtsköpfe bis zum Dezember 2012 auf jeweils 1700 bis 2200 abgebaut werden sollte.

Bei ihrem ersten Treffen am 1. April in London nun unterzeichneten Medwedjew und Obama eine Absichtserklärung, wonach man diese Arsenale künftig auf jeweils 1500 bis 1675 Sprengköpfe und 500 bis 1100 Trägermittel reduziert wolle. Exakte Zahlen sollen in den neuen START-Verhandlungen vereinbart werden. Russland habe inzwischen seine Bereitschaft signalisiert, die Sprengköpfe sogar auf 1300 abzuschmelzen. Wobei die strategischen Offensivwaffen ausschließlich auf den nationalen Territorien Russlands und der USA stationiert werden.

Geplant ist, das Abkommen für zehn Jahre zu schließen, sollte es nicht vor Ablauf durch ein neues Dokument ersetzt werden. Russland und die USA wollen ein Gremium bilden, das für die Lösung der mit der Realisierung des künftigen START-Vertrages zusammenhängenden Fragen zuständig sein wird. Ein solches Abkommen, da sind sich die Sicherheitsexperten einig, hätte nicht nur bilaterale Bedeutung, sondern könnte auch ein Signal für die anderen Atomwaffenmächte und für alle sein, die es werden wollen.

In Genf fiel jetzt auf, dass beide Seite dieses Mal umfangreichere Delegationen entsandt haben und bis in den Oktober hinein beraten wollen. Bislang waren die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen unter der Leitung von Anatoli Antonow, Direktor des Ressorts Sicherheit und Abrüstung des Moskauer Außenministeriums, und Rose Gottemoeller, Vizechefin des USA-Außenamtes, auf vier Tage beschränkt geblieben. Die russische Seite rechnet damit, dass bis Jahresende noch vier bis fünf Verhandlungsrunden notwendig sein werden.

* Aus: Neues Deutschland, 24. September 2009


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