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Israel, Iran und die Atomwaffen

Von Knut Mellenthin*

Im aktuellen Streit mit Teheran tritt die Regierung Scharon als Scharfmacherin auf. Dabei verfügt Israel längst über eigene Kernwaffen – und verweigert seither beharrlich jede internationale Kontrolle

Nach dem Sturz Saddam Husseins und der Besetzung Iraks müsse man »gleich am folgenden Tag« Iran als nächstes Ziel in Angriff nehmen, sagte Israels Regierungschef Ariel Scharon in einem Gespräch mit der Londoner Times, das diese am 5. November 2002 veröffentlichte, vier Monate vor dem Irak-Krieg. Schon im Februar 2002 hatte der damalige israelische Verteidigungsminister Ben Elieser bei einem USA-Besuch erklärt, eigentlich sei für Israel die Ausschaltung Irans noch wichtiger als der Sturz Saddam Husseins.

So ergibt sich denn das seltsame Bild, daß die einzige Atommacht des Nahen Ostens sich maßgeblich an der Treibjagd gegen einen Staat beteiligt, in dem die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) nach zwei Jahren intensiver Suche nicht einmal Spuren irgendeines Atomwaffen-Programms gefunden haben. Die Pro-Israel-Lobby in den USA, das American Israel Public Affairs Committee (AIPAC), hat die Kampagne gegen Iran im laufenden Jahr zum Punkt eins ihrer Agenda gemacht. In beiden Häusern des US-Kongresses sammeln pro-israelische Politiker Stimmen für eine Resolution, die sehr derjenigen ähnelt, mit der dieselben Kreise schon vor dem 11. September 2001 für den Sturz Saddam Husseins warben.

Hilfreich für eine politische Lösung des Konflikts ist es ganz sicher nicht, wenn Israel als einzige Atommacht des Nahen Ostens sich bei der Kampagne gegen Iran derart lautstark und aggressiv in den Vordergrund drängt.

Einzige Atommacht in Nahost

In seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung am 17. September forderte Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad die Vereinten Nationen auf, ein Komitee einzusetzen, das »praktische Strategien für eine vollständige Abrüstung« entwickeln solle. Dieses Komitee solle auch untersuchen, wie die geheime Entwicklung der israelischen Atommacht ablief und von welchen Ländern sie unterstützt wurde.

Zur Generalkonferenz der internationalen Atomenergiebehörde IAEA, die Ende September stattfand, hatten die arabischen IAEA-Mitglieder einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der sich mit Israels Atomwaffen befaßte. Die israelische Atommacht »kann zu einem destruktiven atomaren Wettrüsten in der Region führen«, hieß es da, »besonders, wenn Israels atomare Einrichtungen weiterhin außerhalb jeder internationalen Kontrolle bleiben«. Die Konferenz solle Israel deshalb auffordern, dem Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen (NPT) beizutreten und sein gesamtes Atomprogramm durch die IAEA überwachen lassen.

Israel reagierte gelassen: Der arabische Antrag sei »politisch und zynisch motiviert«. Das Thema habe »wenig zu tun mit den Zielen oder dem Auftrag der IAEA«.

Eine äußerst erstaunliche Behauptung, aber Israel hatte wirklich Grund, sich keine Sorgen zu machen: Die arabischen Staaten bringen diesen Antrag seit 1987 alljährlich in die IAEA-Generalkonferenz ein. Das letzte Mal, daß er angenommen wurde, war 1991. Seit 1998 hat sich das Ritual eingespielt, diesen Punkt im Einvernehmen mit den Antragstellern von der Tagesordnung zu nehmen und seine Behandlung aufs nächste Jahr zu verschieben. So geschah es auch jetzt wieder.

Das von USA und EU nicht nur widerspruchslos hingenommene, sondern – durch die Kampagnen gegen Irak und Iran – direkt unterstützte Atomwaffenmonopol Israels im Nahen Osten zeigt, wie in dieser Sache mit völlig unterschiedlichen Maßstäben operiert wird. Genau das, was dem Iran vorgeworfen wird, obwohl es dafür gar keine Beweise gibt, hat Israel nachweislich praktiziert: die durch Täuschungsmanöver und Lügen getarnte Entwicklung eines Atomwaffenpotentials.

Enge Kooperation mit Frankreich

Israel entwickelte seine Atomwaffe seit Mitte der 50er Jahre in enger Zusammenarbeit mit Frankreich, das gerade selbst im Begriff war, nach den USA, der Sowjetunion und Großbritannien vierte Atommacht zu werden. Da Israel über viele hervorragende Fachwissenschaftler verfügte – nicht nur eigene Staatsbürger, sondern auch nicht-israelische Juden, die sich dem jüdischen Staat solidarisch verbunden fühlten – handelte es sich dabei um ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Hunderte israelische und andere jüdische Experten wirkten an der Entwicklung der französischen Atomwaffe mit – und gaben die dabei gesammelten Erfahrungen an Israel weiter. Israelische Experten waren als Beobachter bei den ersten Atomversuchen Frankreichs anwesend, das sich im Februar 1960 offiziell zur Atommacht erklärte. Vermutlich war Frankreich nicht der einzige Staat von dessen Erfahrungen Israel in großem Umfang profitierte: Während alle anderen Atommächte Dutzende von Versuchsexplosionen durchführten, gibt es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse über auch nur einen einzigen israelischen Test.

Am 23. Oktober 1957 unterzeichneten Frankreich und Israel den Vertrag über die Lieferung eines Atomreaktors, der in Dimona in der Negev-Wüste gebaut werden sollte. Verantwortlich für das Abkommen und für das gesamte hochgeheime israelische Atomprogramm war Verteidigungsminister Schimon Peres von der sozialdemokratischen Arbeitspartei, damals ein Mann von 34 Jahren. Heute, als 82jähriger, ist er stellvertretender Regierungschef seines Landes.

Die gesamte Kooperation war so geheim, daß nicht einmal die US-Regierung als Verbündeter sowohl Frankreichs als auch Israels eingeweiht war. Wesentliche Teile der Vereinbarungen wurden nicht einmal schriftlich fixiert. Der Form halber bestand Frankreich jedoch auf der Zusicherung Israels, daß der Reaktor von Dimona ausschließlich der wissenschaftlichen Forschung dienen solle. Israel unterschrieb. Die erste Lüge. Viele weitere folgten. Oft, so auch in diesem Fall, wußten die Belogenen über die Tatsachen im wesentlichen Bescheid.

Teil der französisch-israelischen Kooperation war eine Wiederaufbereitungsanlage. Dort sollten später abgebrannte Brennelemente aus dem Reaktor verarbeitet werden. Dabei entsteht neben radioaktivem Atommüll auch waffenfähiges Plutonium. Die Kapazität von Reaktor und Wiederaufbereitungsanlage sollte bei zehn bis 15 Kilo Plutonium im Jahr liegen – ausreichend für die Produktion mehrerer Atomwaffen.

Das für den Reaktorbetrieb benötigte sogenannte Schwere Wasser lieferte, wie erst kürzlich durch bisher unbekannte Akten aufgedeckt wurde, Großbritannien in den Jahren 1959 und 1960. Bisher war angenommen worden, der unentbehrliche Stoff – rund 20 Tonnen – sei aus Norwegen gekommen. Tatsächlich hatte diese offizielle Legende aber nur dazu gedient, die wirkliche Herkunft zu vertuschen. Israel hatte zunächst versucht, Schweres Wasser von den USA zu kaufen. Die US-Regierung machte das Geschäft jedoch von Kontrollmaßnahmen abhängig, auf die Israel sich nicht einlassen wollte. Britische Regierungsbeamte hatten weniger Bedenken und verlangten nicht einmal eine formale Erklärung Israels, daß der Stoff nur für friedliche Zwecke verwendet würde. Beide Partner einigten sich darauf, den Handel vor der US-Regierung geheimzuhalten.

Gemeinsame Interessen

Die enge Zusammenarbeit zwischen Israel und Frankreich bei der Entwicklung eigener Atomwaffen ist vor dem Hintergrund gemeinsamer antiarabischer Interessen zu sehen. Frankreich war seit 1954 mit einer starken bewaffneten Unabhängigkeitsbewegung in seiner Kolonie Algerien konfrontiert. Paris sah in der nationalistischen Regierung Ägyptens unter Gamal Abdel Nasser den entscheidenden Rückhalt für die algerische Befreiungsbewegung FNL. Da Israel ebenfalls Ägypten als Hauptfeind betrachtete, liefen die Interessen Israels und Frankreichs scheinbar parallel.

Als Gegenleistung für die Lieferung französischer Kampfflugzeuge und Panzer unterstützte Israel die Kolonialpolitik Frankreichs in Nordafrika. Bei jeder UNO-Abstimmung votierte Israel gegen die Unabhängigkeit der französischen Maghreb-Kolonien – neben Algerien zunächst auch Marokko und Tunesien, die jedoch schon 1956 unabhängig wurden. Der israelische Militärgeheimdienst AMAN arbeitete mit den französischen Dienststellen gegen die FNL und Ägypten zusammen. In Algerien wurde eine israelisch gesteuerte antiarabische Spitzelorganisation, bestehend aus jüdischen Algerien-Franzosen, aufgebaut, die den französischen Kolonialkrieg mit Informationen und Denunziationen unterstützte.

Die Tatsache, daß die französische Herrschaft in Algerien sich auf eine große Zahl von bewaffneten Siedlern stützte, stellte eine Parallele zum israelischen Modell dar. Als sich die faschistoide Geheimorganisation OAS formierte, um die sich seit Ende der 50er Jahre anbahnende Verständigung zwischen Paris und der FNL mit Terror zu bekämpfen, arbeitete Israel auch mit der OAS und den extremistischen französischen Siedlern, den sogenannten Ultras, zusammen.

Höhepunkt der französisch-israelischen Kooperation, der sich in diesem Fall auch Großbritannien zugesellte, war der gemeinsame Überfall auf Ägypten im Oktober 1956, ausgelöst durch die Nationalisierung des Suezkanals, der bis dahin unter britischer Kontrolle gestanden hatte. Während Israels Panzerarmeen durch die Sinai-Halbinsel an den Kanal vorstießen, landeten britische und französische Fallschirmjäger nach einem massiven Bombardement ägyptischer Städte, Flughäfen und Industrieanlagen in der Kanalzone. Politisch war die Aggression jedoch ein Mißerfolg, weil sie nicht nur von der Sowjetunion, sondern auch von den USA abgelehnt wurde, die sich damals noch als Gegenpol gegen die alten Kolonialmächte aufspielten. Alle eroberten Positionen mußten geräumt werden. Im Gegenzug erhielt Israel aber erstmals Beistandsgarantien der USA – »der Beginn einer wunderbaren Freundschaft«.

Das Ende der Atom-Partnerschaft

Im Dezember 1958 wurde der konservative Nationalist Charles de Gaulle Präsident Frankreichs. Ein zentrales Ziel seiner Politik bestand darin, Algeriens Weg in die Unabhängigkeit zu ebnen (1962 wurde sie offiziell erklärt) und die ruinierten Beziehungen Frankreichs zur arabischen Welt auf eine neue Grundlage zu stellen. Das setzte auch eine Revision der französisch-israelischen Sonderbeziehungen voraus. Am 13. Mai 1960 teilte Frankreichs Außenminister der israelischen Regierung mit, daß die atomare Zusammenarbeit gestoppt sei und nur bei Annahme folgender Bedingungen fortgesetzt werden könne: 1. Israel müsse die bisher geheimgehaltene Existenz des Reaktor Dimona öffentlich bekanntgeben und gleichzeitig den ausschließlich zivilen Charakter der Anlage erklären. 2. Dimona solle durch internationale Inspektionen kontrolliert werden, wie etwa durch die Atomenergiebehörde IAEA.

Die israelische Regierung lehnte diese Bedingungen aus naheliegenden Gründen ab. Gleichzeitig startete sie aber ein wirksames Erpressungsmanöver. Dazu mußte sie den Franzosen lediglich androhen, alle Details der bisherigen Zusammenarbeit, insbesondere auch die Namen der beteiligten französischen Firmen, bekanntzumachen. Das würde diesen, soviel war klar, massive Nachteile in den arabischen Ländern eintragen. So überzeugenden Argumenten konnte Paris nicht widerstehen. Zwar galt die atomare Zusammenarbeit von Staat zu Staat als beendet, aber den beteiligten französischen Firmen wurde die Fortsetzung der Kooperation gestattet. Von den Bedingungen war nicht mehr die Rede.

Die insgesamt angeschlagenen Beziehungen zwischen Paris und Tel Aviv endeten schließlich 1967 damit, daß de Gaulle anläßlich des israelischen Juni-Kriegs gegen Ägypten, Jordanien und Syrien für die Zukunft sämtliche Waffenlieferungen an Israel untersagte.

Um die nicht sehr positive Einstellung de Gaulles gegenüber Israel zu verstehen, ist an die israelische Zusammenarbeit mit der OAS zu erinnern. Diese entfachte nicht nur zwei bewaffnete Siedleraufstände in Algerien, sie unterhielt auch in Frankreich selbst ein breites Netzwerk zum Sturz der Regierung – und sie verübte mehrere Mordanschläge gegen de Gaulle. Wie weit israelische Geheimdienste in diese direkt involviert waren, ist bis heute ungeklärt.

Umorientierung auf die USA

Die Schwierigkeiten mit de Gaulle förderten eine ohnehin im Gang befindliche Umorientierung Israels auf die USA als neuen Hauptverbündeten. Dabei gab es aber zwei Schwierigkeiten: Die USA waren damals noch darum bemüht, sich in der Region als ehrlicher Makler darzustellen, der zwar besonders enge Beziehungen zu Israel unterhielt, aber diesem Staat deswegen doch nicht absolute Narrenfreiheit einräumte. Zweitens strebten die USA im großen Kontext der amerikanisch-sowjetischen Beziehungen eine internationale Vereinbarung an, die die Zahl der Atommächte definitiv begrenzen sollte.

Im Juni 1960, unter Präsident Dwight D. Eisenhower, beschäftigte sich die US-Administration erstmals mit dem geheimen Reaktor Dimona, der auf Luftaufnahmen der U2-Spionageflugzeuge (Satelliten spielten damals noch keine große Rolle) zu erkennen war. Israel erklärte der US-Regierung auf Anfrage, es handele sich um eine Textilfabrik. Ein paar Monate später war Dimona zum »metallurgischen Forschungslabor« mutiert. Sowohl Tel Aviv als auch Paris bestritten gegenüber der US-Regierung jede Art von atomarer Zusammenarbeit.

Im Dezember 1960 berichtete das US-Magazin Time erstmals, daß eine ungenannte »kleine Macht«, die weder kommunistisch noch NATO-Mitglied sei, an der Entwicklung von Atomwaffen arbeite. Der israelische Regierungschef David Ben Gurion ließ sich davon nicht beeindrucken, bestritt jedes Atomprogramm und behauptete der US-Regierung gegenüber jetzt, Dimona sei ein »Forschungsinstitut für Probleme von Trockenzonen und für Flora und Fauna der Wüste«. Etwas später wurde auch noch »Entsalzungsanlage für die Negev-Wüste« ins Angebot aufgenommen. Gleichzeitig gab Ben Gurion aber auch zu, daß Israel den Bau eines »Versuchsreaktors« betreibe, der »den Bedürfnissen von Industrie, Landwirtschaft, Gesundheit und Wissenschaft« dienen solle.

Im Januar 1961 übernahm John F. Kennedy die US-Präsidentschaft. Er sah die Verhinderung der Ausbreitung von Atomwaffen als ein zentrales Ziel seiner Politik. Kennedy forderte Israel auf, seinen »Versuchsreaktor« unter Kontrolle der IAEA zu stellen. Als Tel Aviv ablehnte, schlug er Inspektionen durch US-amerikanische Wissenschaftler vor. Damit begann ein absurdes Tauziehen um die Details. Israel wollte den Begriff »Inspektionen« durch »Besuche« ersetzen, was weit mehr als nur eine Formulierungsfrage war. Während Kennedy diese Veranstaltungen entsprechend den Mindeststandards der IAEA zweimal pro Jahr stattfinden lassen wollte, bestand Israel darauf, daß zwischen den »Besuchen« jeweils mindestens ein Jahr Abstand liegen müsse. Die Anzahl der »Besucher« wurde auf drei beschränkt. »Besuche« durften nur am Schabbat oder anderen jüdischen Feiertagen stattfinden, wenn die Anlagen menschenleer waren, also niemand befragt werden konnte. Die »Besucher« durften weder eigene Meßinstrumente mitbringen noch Proben zur späteren Untersuchung mitnehmen. Die »Besuche« beschränkten sich auf wenige Stunden eines einzigen Tages, die die israelische Seite auch noch durch ausgeklügelte »Besuchsprogramme« zu verkürzen verstand.

Das Ganze war also ein sinnloses, absolut nicht aussagekräftiges Theater. Man muß sich vergleichsweise nur vergegenwärtigen, daß heute beispielsweise in iranische Anlage ganze Trupps von Inspektoren einfallen, daß sie selbstverständlich Proben entnehmen dürfen, daß es keinen engen Zeitrahmen gibt und daß an allen heiklen Stellen Fernsehkameras rund um die Uhr laufen. Und trotzdem behaupten EU, USA und nicht zuletzt Israel, daß dies immer noch keine zuverlässige Garantie für den zivilen Charakter des iranischen Atomprogramms sei.

Im Juni 1963 spitzte Kennedy den Streit um die Häufigkeit und Modalitäten der »Besuche« so zu, daß er die US-amerikanischen Sicherheitsgarantien für Israel in Frage stellte. Kurz darauf erklärte Ministerpräsident Ben Gurion, der Patriarch der israelischen Sozialdemokratie, seinen Rückzug aus der Politik. Da er für diesen Schritt keine Begründung angab, wird darüber immer noch gerätselt. Die Vermutung, daß der Streit mit Kennedy um das israelische Atomprogramm – der offenbar tiefer ging als der offizielle Schriftwechsel ausweist – eine Rolle gespielt haben könnte, hält sich hartnäckig.

Die Ermordung Kennedys am 22. November 1963 in Dallas/Texas beendete diese Kontroverse. Da die Hintergründe des Attentats bis heute nicht aufgeklärt sind, ist auch die Hypothese einer Beteiligung israelischer Stellen nicht zu widerlegen. Dagegen ist einzuwenden, daß die Widersprüche so scharf wohl doch nicht waren, um eine solche Tat zu begründen. Zweifelsfrei ist aber, daß die israelische Regierung es unter Kennedys Nachfolger Lyndon B. Johnson mit ihrem Atomprogramm sehr viel leichter hatte.

1967, während des Juni-Krieges, war wahrscheinlich erstmals eine israelische Atomwaffe einsatzbereit. Als 1968 der NPT ausgehandelt wurde, verstärkte sich noch einmal der Druck auf Israel, dem Vertrag beizutreten und damit auf die Entwicklung von Atomwaffen zu verzichten. Es kennzeichnet die mit Lügen und Täuschung operierende Taktik der israelischen Regierung, daß sie am 12. Juni 1968 in der UNO-Generalversammlung dem NPT zustimmte – ohne natürlich jemals die Absicht zu haben, den Vertrag zu unterzeichnen. Als der NPT am 1. Juli 1968 zur Unterzeichnung ausgelegt wurde, erklärte Israel, man billige das Abkommen »im Prinzip«, habe aber noch »gewisse Einwände«. Dabei blieb es dann bis heute.

Über die Anzahl israelischer Atomwaffen besteht immer noch Unklarheit. Vermutungen bewegen sich zwischen 100 und 200. Damit läge Israels Potential hinter den fünf großen Atommächten USA, Rußland, China, Frankreich und Großbritannien, aber vor Indien und Pakistan.

* Aus: junge Welt, 19. Oktober 2005


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