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Leben "im Zeitalter der nuklearen Riesen und der ethischen Zwerge"

Peter Bürgers neues Werk "Hiroshima, der Krieg und die Christen"

Im Folgenden informieren wir über ein neues Buch von Peter Bürger: "Hiroshima, der Krieg und die Christen" (Inhaltsverzeichnis, Vorwort des Autors, Rezension von Michael Schmid).



Peter Bürger: Hiroshima, der Krieg und die Christen, Düsseldorf 2005, 203 Seiten, ISBN 3-9807400-7-2, Preis 15 Euro
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Inhalt

Erstes Kapitel: Hiroshima, Nagasaki und die Folgen
  1. Pearl Harbor und der "gelbe Feind"
  2. Hiroshima und Nagasaki
  3. Die hibakusha
  4. Atombombentests und verlorene Paradiese
  5. Der Kalte Krieg und "Gottes Gnade"
  6. Neue Weltordnung, neue Nukleardoktrinen und neue Bomben
Zweites Kapitel: Unschuldswahn, verweigerte Erinnerung und Todeskult
  1. Was sagt Truman, wenn er in den Spiegel schaut?
  2. Von Helden und Opfern
  3. Erhabenes Schauspiel, Zensur der Schreckensbilder und Atom-Comics
  4. Das Entsetzen der Physiker und die "weisen Männer"
  5. Die populäre Bombe, oder: Warum Eisenhower nicht zitiert werden darf
Drittes Kapitel: Die Christen und das "nukleare Evangelium"
  1. Die "christliche Bombe"
  2. Dreihundert Jahre Gewaltfreiheit ...
  3. ... und siebzehnhundert Jahre "gerechte Kriege"
  4. Abschied vom "gerechten Krieg" im Atomzeitalter
  5. Christen für die Atombombe: Totale "Gottesgerechtigkeit" und Endzeitkrieger
  6. Nato-Katholizismus und Heidelberger Thesen
  7. Herz-Jesu-Freitag für die nukleare Abschreckung?
  8. Die Ächtung der Massenvernichtungswaffen: Atompazifismus als Konsens der Ökumene
  9. Wie lange ist eine kurze Frist?
Viertes Kapitel: Ökumene für das dritte Jahrtausend
  1. Untergang des Abendlandes oder Ernstfall der Zivilisation?
  2. Ein globales Fest der Gesetzesfreude für die Ökumene
  3. Die "moralische" und "humanitäre" Rehabilitation des gerechten Krieges
  4. Massenvernichtung, "Mini-Atombomben" und militärische Revolutionen
  5. Die Totalität der Kultur des Krieges
  6. Rehabilitation der Pacifici und der altkirchlichen Verweigerungspraxis

Vorwort

"Wir leben im Zeitalter der nuklearen Riesen und der ethischen Zwerge, in einer Welt, die Brillanz ohne Weisheit, Macht ohne Gewissen erreicht hat. Wir haben die Geheimnisse des Atoms entschleiert und die Lehren der Bergpredigt vergessen. Wir wissen mehr über den Krieg als über den Frieden und mehr über das Sterben als über das Leben."
US-General Omar Bradley, Zeuge der Folgen von Hiroshima und Nagasaki

In meiner Grundschulzeit kursierte folgende Frage, mit der die Religionslehrerin geärgert werden sollte: "Kann Gott einen so großen Stein schaffen, den er selbst nicht tragen kann?" Die "göttliche Allmacht" aus dem Glaubensbekenntnis von Nizäa (325 n. Chr.) wird gewöhnlich mit Hilfe unserer Wahnvorstellungen von Omnipotenz und totaler Beherrschung verstanden. Deshalb bleibt das kniffelige Rätsel, welches im Rahmen einer glaubwürdigen Religion keinerlei Sinn ergibt, unlösbar. Vielleicht ist das voreilig gesagt. Der Mensch könnte jener Felsenstein sein, der Gott entgleitet und den er nicht mehr tragen kann. Sicher wissen wir - spätestens seit Hiroshima und Nagasaki: Der Mensch kann einen Stein machen, der so groß ist, daß er ihn selbst nicht zu tragen vermag. Er hat sich seinen eigenen physikalischen Feind gemacht. Dieser selbstgemachte Feind bedroht das Leben der Menschheit, doch diese kann ihn offenbar nicht mehr aus der Welt schaffen.

Wenn wir nun schon Tag für Tag unsere eigene Sterblichkeit verdrängen, wie sollten wir es bei der Möglichkeit, daß die gesamte Menschenfamilie für immer verschwindet, anders halten? Der Schrecken darüber, daß unsere Zivilisation eine Allmacht des Todes hervorgebracht hat und hernach unfähig blieb, die Begabungen zur Lebensförderung weiterzuentwickeln, ist zu groß. Unsere Psyche kann die Atombombe und andere totale Bedrohungen gar nicht fassen. Auch wenn der Kopf die Bedeutung der Atombombe versteht, so gibt es doch im Bauch eine Gewißheit darüber, daß das Leben ewig ist und der Kreislauf des Lebens nie aufhört. Wenn der Kopf wahrnimmt, riskieren wir Bitterkeit oder Verzweiflung. Wenn nur der Bauch spricht, bleiben wir blind für eine realistische Wahrnehmung der Welt. Beides muß zusammenkommen: die Liebe zum Leben und die klarsichtige Erkenntnis über das Wesen unserer Zivilisation.

Zu den Betäubungen, die auf unterschiedliche Weise das zerstörerische Zivilisationsprojekt stützen, gehören lähmende Angstpropaganda und Einschläferungen, die vorgeben, ganz rational zu sein. Ihnen sind mannigfache religiöse Angebote beigesellt. Die Spiritualitätsindustrie bietet ein reichhaltiges Produktsortiment an, weil man ja auch ab und zu was Religiöses braucht. Es ist erstaunlich, wie viele gut funktionierende Gewinner und Täter religiös sind. Die meisten Angebote schüren und zähmen die Angst. Sie lassen die Krisen des Weltgeschehens am Ende ganz harmlos erscheinen. Manche Menschen flüchten in ewige Wahrheiten, die vom leibhaftigen Weltgeschehen stets ganz unberührt bleiben und deshalb keine Gefahr kennen. Andere lassen sich in alleinseligmachende Kirchen und infantile Predigtveranstaltungen entführen, die ihnen Geduld lehren. Die Unterhaltungsindustrie lädt uns ein, in den allgemeinen Gagaismus einzustimmen und auf eine vernünftige Diagnose des Weltgeschehens ganz zu verzichten. In den Todeskulten wird die totale Zerstörung selbst zum Glaubenssatz. Das Ende ist schon entschieden, und deshalb gibt es keinen Anlaß zur Sorge mehr. Man muß nur abwarten und hoffen, daß "es" endlich eintrifft. ... Da dieses Buch als christlicher Beitrag durchaus auch "religiös" sein möchte, sei eine Abgrenzung zum Weltanschauungsmarkt erlaubt: Was unsere Vernunft benebelt, kann keine haltbare Herzenswahrheit sein. Wer gleichgültig bleibt gegenüber dem Geschick des Lebens auf der Erde, kann unmöglich mit einer wahren Religion in Berührung stehen. Wen die Zukunft von jetzt lebenden oder noch nicht geborenen Kindern kaltläßt, der sollte sich nicht als fromm betrachten.

Dieses Buch enthält zwei Teile: Die ersten beiden Kapitel dienen besonders der historischen Erinnerung, die beiden nachfolgenden beschäftigen sich mit der kirchlichen und theologischen Bedeutung des "Themas": Das erste Kapitel erinnert an Hiroshima, Nagasaki und die Folgen. Was war vorausgegangen? Was bedeuteten die beiden ersten Atombombenabwürfe für Menschen, die am eigenen Leib betroffen waren? Welche Entwicklung der Weltgeschichte setzte die neue Waffe in Gang? Was bedeutet die Atombombe für uns alle?

Im zweiten Kapitel müssen wir feststellen, "daß Geschichte oft nicht das ist, was wirklich geschah, sondern das, was als solches aufgeschrieben wird." (Henry L. Stimson) Bis heute ist es gelungen, die Selbstrechtfertigungen des verantwortlichen Befehlsgebers für die Atombombenabwürfe als maßgebliche Erinnerung zu etablieren. Daraus erwächst - ebenfalls anhaltend - eine zynische Gedächtniskultur. Die Verdrängung bzw. Geschichtslüge beantwortet zum Teil auch die Frage, warum unsere Zivilisation seit dem 6. und 9. August 1945 keinen nachhaltigen Lernschritt gegangen ist.

Das dritte Kapitel beleuchtet die Bedeutung der Atombombe für das Christentum, das sich als Religion des "Friedensfürsten" versteht. Wie haben Christen auf "Hiroshima und Nagasaki" reagiert, und welche Rolle spielen sie bei dem Ereignis? Ist die "Bombe" nicht eigentlich ein Produkt des sogenannten Abendlandes? In der Frühzeit der Kirche und in den staatskirchlichen Jahrhunderten gab es - bezogen auf den Krieg - jeweils eine völlig verschiedene Christenpraxis. Im Atomzeitalter setzte sich - wenn auch mit einiger Verspätung - wieder die Erkenntnis durch, der Krieg sei nunmehr endgültig aus der Welt zu schaffen. Daneben gab es aber auch Christen, die sich ausdrücklich für die Atombombe stark machten. Was ist nach sechs Jahrzehnten aus dem Atompazifismus der Kirchen geworden?

Das vierte Kapitel ist vom Wunsch geleitet, die Kirchen möchten sich mit einem zivilisatorischen Ernst [1] der Frage des Krieges zuwenden und es nicht bei frommen Bekenntnissen belassen. Die neuen Atomwaffen dienen nicht der Abschreckung, sondern sollen in wirklichen Kriegen zum Einsatz kommen. Der überwunden geglaubte "gerechte Krieg" verkleidet sich heute als "humanitäre Intervention" oder "Terroristenjagd". Die massenkulturelle Propaganda für den Krieg läuft auf Hochtouren. Seit den neunziger Jahren ist der globale ökonomische Hintergrund aller Kriegsplanungen nicht mehr zu leugnen.

Folgende Fragen sind zu stellen: Soll die grundlegende Einstellung zum Krieg noch im Horizont zeitloser Lehrsysteme verhandelt werden, die immer richtig sind und nichts bewirken? Muß die christliche Ökumene nicht vielmehr - angesichts neu aufgelegter Kriegsideologien und auch angesichts neuer Waffentechnologien - konkret werden wie es nur eben geht? Gelingt es uns, die Geschichte ernster zu nehmen, als etwa Augustinus es tat?

Das Wort "Ökumene" steht in diesem Buch nicht nur und nicht einmal vorrangig für die Gesamtheit der Christen, sondern auch für den ursprünglichen Horizont der Kirchen. Die Christen der ersten Jahrhunderte wollten den Erdkreis nicht beherrschen wie das römische Imperium. Sie betrachteten ihren neuen, gewaltfreien Weg aber als Perspektive für die gesamte bewohnte Erde (oikumene) und alle Menschen. Sie hielten durch ihre Botschaft und Lebensweise eine Zeit für angebrochen, von der die Propheten Israels gesprochen hatten, eine Völkerzeit ohne Krieg. "Vermessen!" möchte man beim Blick auf die Geschichte ausrufen und doch gegen allen Augenschein hoffen, der Anspruch würde sich im dritten Jahrtausend nicht als vermessen erweisen.

[1] Mit der Wendung "zivilisatorischer Ernst" benenne ich in diesem Buch ein Bewußtsein, das den Krisenkomplex "Ökonomie, Krieg, Ökologie" nicht als Fachthema kirchlicher Spezialreferate, sondern eben als Ernstfall der Zivilisation begreift.


Ein eindrückliches und lesenswertes Zeugnis für das Überleben der Zivilisation

Von Michael Schmid*

“Wir leben im Zeitalter der nuklearen Riesen und der ethischen Zwerge, in einer Welt, die Brillanz ohne Weisheit, Macht ohne Gewissen erreicht hat. Wir haben die Geheimnisse des Atoms entschleiert und die Lehren der Bergpredigt vergessen. Wir wissen mehr über den Krieg als über den Frieden und mehr über das Sterben als über das Leben.”

Diese Sätze stammen von General Omar Bradley, der im Zweiten Weltkrieg eine führende Position innehatte und Zeuge der Folgen von Hiroshima und Nagasaki wurde. Seine Erkenntnis, die er am Ende seiner militärischen Karriere aussprach, anlässlich seiner Pensionierung im Jahre 1953, haben bis heute eine erstaunliche Aktualität. Deshalb hat sie Peter Bürger, Theologe und freier Publizist, im Vorwort seinem neuen Buch “Hiroshima, der Krieg und die Christen” vorangestellt.

Seit den verbrecherischen Atombombenabwürfen auf die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 steht die Welt am atomaren Abgrund. Unsere Psyche kann die Atombombe und andere totale Bedrohungen aber gar nicht fassen, meint Peter Bürger. Der Schrecken über die durch unsere Zivilisation hervorgebrachte Allmacht des Todes, und der nachfolgenden Unfähigkeit, die Begabungen zur Lebensförderung weiterzuentwickeln, sei offensichtlich zu groß. Selbst wenn der Kopf die Bedeutung der Atombombe verstehe, gebe es doch im Bauch eine Gewissheit darüber, dass das Leben ewig sei und der Kreislauf des Lebens nie aufhöre. Wenn der Kopf wahrnehme, riskierten wir Bitterkeit oder Verzweiflung. Wenn nur der Bauch spreche, würden wir blind für eine realistische Wahrnehmung der Welt bleiben. Deshalb müsse beides zusammenkommen: “die Liebe zum Leben und die klarsichtige Erkenntnis über das Wesen unserer Zivilisation.”

Das Buch von Peter Bürger enthält zwei Teile. In den ersten beiden Kapiteln wird eine historische Erinnerung unternommen, die beiden nachfolgenden beschäftigen sich mit der kirchlichen und theologischen Bedeutung des Themas “Atomwaffen” bzw. “Krieg”.

Im ersten Kapitel wird ausführlich an “Hiroshima, Nagasaki und die Folgen” erinnert. Es geht um die Vorgeschichte, um die Abwürfe selber und um die Opfer und deren unendliches Leid. Über die Zeit des “Kalten Kriegs” wird die Entwicklung fortgesetzt zu “Neue Weltordnung, neue Nukleardoktrinen und neue Bomben”. Der Autor macht deutlich, dass heute viel konkreter als zu jedem früheren Zeitpunkt der Einsatz neuer taktischer Nuklearwaffen in Militärplanungen einbezogen wird. Aus diesem Grund meint zum Beispiel auch Mohammed El Baradei, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), die Gefahr eines Atomkriegs sei noch nie so groß wie heute gewesen. Daraus ergibt sich die Einsicht, warum der Einsatz für atomare Abrüstung so dringlich ist, auch wenn dies noch von viel zu wenigen so gesehen wird.

Das zweite Kapitel setzt sich mit “Unschuldswahn, verweigerter Erinnerung und Todeskult” auseinander. Es wird deutlich, dass sich bis heute als maßgebliche Erinnerung fortsetzt, was der für die Atombombenabwürfe verantwortliche US-Präsident Harry S. Truman als Rechtfertigung seiner Einsatzbefehle anführte: Der Atomwaffeneinsatz sei der einzige Weg gewesen, um Japan zur raschen Kapitulation zu zwingen und eine blutige Invasion des Inselstaates zu vermeiden, wodurch hunderttausende amerikanische Soldaten, aber auch viele japanische Menschenleben gerettet worden seien. Peter Bürger macht deutlich, dass aus dieser Geschichtslüge eine bis heute anhaltende zynische Gedächtniskultur erwächst. Ebenfalls beantwortet seiner Ansicht nach die Verdrängung bzw. Geschichtslüge zum Teil die Frage, warum unsere Zivilisation seit dem 6. und 9. August 1945 keinen nachhaltigen Lernschritt gegangen ist.

Das dritte Kapitel widmet sich der Bedeutung der Atombombe für das Christentum. Wie haben Christen auf “Hiroshima und Nagasaki” reagiert, und welche Rolle spielen sie bei dem Ereignis? Ist die “Bombe” nicht eigentlich ein Produkt des sogenannten christlichen Abendlandes? In der Frühzeit der Kirche und in den staatskirchlichen Jahrhunderten gab es - bezogen auf den Krieg - jeweils eine völlig verschiedene Praxis der Christen. Im Atomzeitalter setzte sich - wenn auch mit einiger Verspätung - wieder die Erkenntnis durch, der Krieg sei nunmehr endgültig aus der Welt zu schaffen. Daneben gab es aber auch Christen, die sich ausdrücklich für die Atombombe stark machten. Was ist nach sechs Jahrzehnten aus dem Atompazifismus der Kirchen geworden?

Im vierten Kapitel ist der Autor vom Wunsch geleitet, die Kirchen würden sich mit jenem Ernst, welcher dieser Frage gebührt, der Frage des Krieges zuwenden und es nicht mit frommen Bekenntnissen bewenden lassen. Kirchliches Handeln solle vom Bewusstsein geprägt sein, dass es um die Weiterexistenz der Menschheit geht, um Sein oder Nichtsein unserer Zivilisation. Es müsse ins Bewusstsein, dass die neuen Atomwaffen nicht der Abschreckung dienten, sondern in wirklichen Kriegen zum Einsatz kommen sollen. Der überwunden geglaubte “gerechte Krieg” verkleide sich heute als “humanitäre Intervention” oder “Terroristenjagd”. Die massenkulturelle Propaganda für den Krieg laufe auf Hochtouren. Seit den neunziger Jahren sei der globale ökonomische Hintergrund aller Kriegsplanungen nicht mehr zu leugnen.

Angesichts neu aufgelegter Kriegsideologien und auch angesichts neuer Waffentechnologien wünscht sich Peter Bürger, die christliche Ökumene möge so konkret werden wie es nur eben geht. Dabei steht für ihn das Wort “Ökumene” auch für den ursprünglichen Horizont der Kirchen. Die Christen der ersten Jahrhunderte hätten den Erdkreis nicht beherrschen wollen wie das römische Imperium. Vielmehr hätten sie ihren neuen, gewaltfreien Weg als Perspektive für die gesamte bewohnte Erde und alle Menschen betrachtet. Für sie sei durch ihre Botschaft und Lebensweise eine Zeit angebrochen, von der die Propheten Israels gesprochen hätten, eine Völkerzeit ohne Krieg. Angesichts eines Blicks auf die weitere Geschichte sicherlich ein vermessener Wunsch. Und dennoch hofft Bürger gegen allen Augenschein, der Anspruch würde sich im dritten Jahrtausend nicht als zu vermessen erweisen.

Peter Bürgers Buch “Hiroshima, der Krieg und die Christen” ist ein eindrückliches und lesenswertes Zeugnis für das Überleben der Zivilisation angesichts des drohenden perfektionierten Massenmords. Es ist aber noch mehr: ein Plädoyer für ein lebenswertes Leben überhaupt. Das Buch macht deutlich, welche Verbrechen am Eingang des Atomzeitalters begangen wurden. Und es verdeutlicht, wie unsere Sinne und unser Geist durch Lügen und Propaganda vor der Wahrnehmung der Bedrohungen und einem entsprechenden, eindeutigen und radikalen Handeln vernebelt werden sollen. Es liegt an uns selber, ob dies gelingt oder eben nicht.

Ein Buch wie das von Peter Bürger ist ein Angebot, uns rational mit dem über uns schwebenden atomaren Damoklesschwert auseinanderzusetzen. Und es will nachhaltig dazu ermutigen, uns dieser Bedrohung zu widersetzen. Insofern sind wir alle Adressaten, ob wir uns den Kirchen verbunden fühlen oder nicht. Es ist zu befürchten, dass Peter Bürgers abschließend selber geäußerte Skepsis sich bewahrheiten könnte, die von ihm skizzierten Aussichten für eine gewaltfreie, sich verweigernde und widerständige Ökumene könnten zu großkirchlich angelegt sein. Vielleicht werde sich die Bewegung, die not tue, außerhalb der Amtskirchen zusammenfinden. Das kann wohl sein. Dennoch wäre es besonders zu wünschen, dass dieses Buch gerade auch in amtskirchlichen Gremien zur Kenntnis genommen und mit dazu beitragen würde, dass die Amtskirchen angesichts des gegenwärtigen Weltgeschehens den großen Bekenntnissen eine neue Praxis der Verweigerung folgen lassen.

* Von der Website "Lebenshaus Schwäbische Alb": www.lebenshaus-alb.de


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