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Innere Zerissenheit

Madrid: Kommunistische Partei und Kandidatin für Regionalregierung verlassen "Vereinigte Linke"

Von Lena Kreymann *

Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage bekommt das Bündnis »Vereinigte Linke« (IU) in Madrid die schwerwiegenden Folgen seiner internen Konflikte zu spüren. Tania Sánchez, die noch im November vergangenen Jahres zur Kandidatin für die Regionalregierung gewählt worden war, verlässt die IU. Dies berichtete das Nachrichtenportal eldiario.es am Mittwoch abend. Statt dessen will sie für die kommende Abstimmung im Mai eine eigene Strukur der »Volkseinheit« ins Leben rufen.

Am Montag hatte außerdem die in der IU mitarbeitende Kommunistische Partei Spaniens (PCE) mit deren Spitze in Madrid gebrochen und damit eine seit fast 30 Jahren bestehende Einheit aufgelöst. Dies verkündeten die örtliche und die landesweite Parteiführung in einer Erklärung, die seit Dienstag auf der Internetseite der PCE Madrid veröffentlicht ist. Die IU-Spitze in Madrid hätte »einige Linien überschritten, die den Beschlüssen von IU und PCE widersprechen«. Sie bewege sich abseits der landesweiten Politik der IU und werde von der PCE nicht anerkannt, solange Beschlüsse nicht eingehalten würden und eine gemeinsame, einheitliche Leitungsstruktur ermöglicht würde.

Hinter beiden Absagen an die bisherige Zusammenarbeit steht eine landesweite parteiinterne Auseinandersetzung. Insbesondere die Erfolge der neuen Partei »Podemos« (»Wir können«) machen es für die IU notwendig zu diskutieren, ob und in welchem Rahmen man mit dieser zusammenarbeiten will – auch wenn Podemos derzeit nicht auf ein solches Bündnis orientiert.

Die Anfang 2014 gegründete Protestpartei liefert sich seit Monaten in Umfragen ein Rennen mit der regierenden rechtskonservativen Volkspartei (PP) um den Platz als stärkste politische Kraft. Nach aktuellen Zahlen des »Instituts für Soziologische Untersuchungen« würde Podemos 23,9 Prozent erzielen, wie die Tageszeitung El País am Mittwoch berichtete. Die PP liegt demnach bei 27,3 Prozent, die sozialdemokratische PSOE bei 22,2 Prozent. 5,2 Prozent erreicht dagegen die IU. Im ebenfalls PP-regierten Madrid sind die Kräfteverhältnisse ähnlich.

In der Vereinigten Linken sehen Befürworter des Schulterschlusses mit Podemos die Chance auf einen Wahlsieg und ein Ende der PP-Regierung. Angestrebt wird eine Zusammenarbeit in Bündnissen wie »Ganemos« (»Lasst uns gewinnen«). Dafür spricht sich die IU bundesweit aus, auch die PCE hat sich dieser Forderung angeschlossen. Die Führung der Vereinigten Linken in Madrid lehnt dies dagegen ab, aber auch dort gibt es Zustimmung für das Bündnis. Sánchez setzte sich etwa für eine Kooperation in »Ganemos Madrid« ein, wie auch ihr Parteikollege Mauricio Valiente. Dieser wurde im November zum IU-Kandidaten für das Bürgermeisteramt in der spanischen Hauptstadt gewählt. Er verbleibt in der Organisation und will sich weiter für die Zusammenarbeit mit Ganemos Madrid und Podemos einsetzen.

Die Führung der IU in der spanischen Hauptstadt beschuldigte Sánchez nun ihrerseits, »die Linke zu spalten«. Der landesweite IU-Sekretär Alberto Garzón bezeichnete dagegen den Rückzieher von Sánchez als »schlechte Nachricht«. Auch er führte diesen auf »die schlechte Führung der Madrider Parteispitze« zurück. Sánchez, die bei der parteiinternen Wahl der Kandidaten »massiv unterstützt« worden sei, müsse die Organisation »anstelle derer verlassen, die als politische Verantwortliche« im »Caja Madrid«-Skandal benannt worden seien, erklärte Garzón laut eldiario.es in Anspielung auf die IU-Sprecher in Madrid Ángel Pérez und Gregorio Gordo.

Pérez, Gordo und der Abgeordnete Antero Ruiz sind in einen Bankenskandal verwickelt, der im Herbst vergangenen Jahres aufgedeckt worden war. Demnach sollen sich von 1999 bis 2012 Manager und Aufsichtsratsmitglieder Bank »Caja Madrid«, später »Bankia«, mit »Schwarzen Karten« ein kostspieliges Leben geleistet haben, unter den Nutznießern dieser bankeigenen Gelder befanden sich Politiker und Gewerkschafter.

In ihrer Erklärung forderte die PCE, Pérez, Gordo und Ruiz abzusetzen. Die beiden erstgenannten hatte die PCE wegen »besonders schwerer Verstöße« vorläufig aus der Partei ausgeschlossen, wie El País am Montag berichtete. Die PCE Madrid fühlt sich auch jetzt der landesweiten IU zugehörig und will in Ganemos Madrid mitarbeiten.

* Aus: junge Welt, Freitag, 6. Januar 2015


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