Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Einig über Volksbefragung

Katalanische Parteien demonstrieren Geschlossenheit. Unterstützung aus Gemeinden

Von Mela Theurer/Barcelona *

Am vergangenen Freitag trafen sich in Barcelona Verteter aller für die katalanische Unabhängigkeit eintretenden Parteien, um ihr weiteres Vorgehen im Zusammenhang mit der für den 9. November geplanten Volksbefragung zu beraten. Rückblende: Am 27. September hatte der katalanische Ministerpräsident Artur Mas ein Gesetz zur Abhaltung von Volksentscheiden und ein Dekret für die Volksbefragung über die Unabhängigkeit Kataloniens am 9. November unterschrieben. Zwei Tage später bereits setzte das spanische Verfassungsgericht in einer Dringlichkeitssitzung Gesetz und Dekret vorläufig aus, woraufhin die Regierung ihre Vorbereitungen bezüglich des 9. November stoppte. Dies sorgte bei der Republikanischen Linken (ERC) sowie bei der Kandidatur für Volkseinheit (CUP) für Misstrauen und schwere Kritik. ERC-Vorsitzender Oriol Junqueras, dessen Partei letzten Umfragen zufolge auf knapp 20 Prozent der Wählerstimmen käme und somit stärkste Partei wäre, steht für die Durchführung der Volksbefragung und die einseitige Erklärung der Unabhängigkeit. Damit kollidiert er mit der Regierungspartei Convergència und Unió (CiU), da die Christdemokraten eine einseitige Unabhängigkeitserklärung vehement ablehnen.

Über die Inhalte der Debatten des in dieser komplizierten Situation abgehaltenen Gipfeltreffens vom Freitag hielten sich die Teilnehmer bedeckt. Dennoch gaben sie sich kämpferisch und geschlossen. David Fernàndez von der CUP brachte es auf den Punkt: »Wir sind mitten im Spiel und werden es als Mannschaft zu Ende bringen. Über die Zukunft dieses Landes werden seine Bewohner entscheiden.« Das Resümee aller anderen Vertreter war dasselbe: »Wir halten am 9. November fest.«

Dazu müsste die Regierung allerdings die Vorbereitungen wieder aufnehmen, um einen demokratischen Ablauf der Volksabstimmung gewährleisten zu können. Zur Zeit ist beispielsweise die Möglichkeit zur Abstimmung für die in Katalonien lebenden Ausländer in Gefahr, da die dafür vorgesehene Anmeldefrist am heutigen Dienstag ausläuft, ohne dass eine Einschreibung bisher möglich gewesen wäre. Eine aus sieben Juristen bestehende Kontrollkomission für den 9. November fordert deshalb von der Regierung den Erlass entsprechender Dekrete. Die Wahlkommission war von Artur Mas in einem Akt zivilen Ungehorsams gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts einen Tag vor dem Gipfeltreffen ernannt worden. Inzwischen hat die Regierung in Madrid auch gegen diese Entscheidung Einspruch vor dem Verfassungsgericht eingelegt.

Unterdessen wird auf das Urteil des Verfassungsgerichtes zur Volksbefragung gewartet, das sich damit fünf Monate Zeit lassen kann. Allerdings wird nicht erwartet, dass dieser Rahmen ausgeschöpft wird. Durch eine entsprechende Entscheidung vor dem 9. November könnte die Volksbefragung definitiv verboten werden.

Artur Mas hat inzwischen die Unterstützung von knapp 97 Prozent der Rathäuser bekommen. In einem historischen Akt am vergangenen Samstag sagten über 800 Bürgermeister der Volksbefragung ihre Unterstützung zu. Zehn Gemeinden haben noch nicht darüber entschieden, und elf lehnten diese ab. Mas erklärte zu diesem Ergebnis: »Der Prozess ist nicht zu stoppen. Im Gegensatz zu uns werden sie nicht durchkommen.«

* Aus: junge Welt, Dienstag, 7. Oktober 2014


Zurück zur Spanien-Seite

Zur Spanien-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage