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Zapateros verhagelter Sommer

Wirtschaftskrise und Kataloniens Autonomiebestreben machen Spaniens Premier das Leben schwer

Von Ralf Streck, San Sebastián *

Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero wird in seiner zweiten Amtszeit von Beginn an mit ernsten Problemen konfrontiert: Die Wirtschaft ist im Niedergang, und die autonomen Regionen begehren auf. Entspannung und Ferien bleiben für die spanische Regierung in diesem Sommer aus. Erst letzte Woche trat die Regierung mehrfach zusammen, um ein neues Konjunkturprogramm gegen die sich beschleunigende Rezession zu schnüren. Und auch Katalonien macht weiter Ärger, weil es ein eigenständiges Finanzierungssystem einfordert.

Immerhin bleibt Premierminister José Luis Rodríguez Zapatero vorerst die zwangsweise Vorladung vors Parlament erspart. Denn am Dienstag hat die Initiative für Katalonien/Grüne (ICV) ihren Dringlichkeitsantrag zurückgezogen. Der Antragsanlass: Mit der Verabschiedung des neuen Autonomiestatuts für Katalonien war vor zwei Jahren der 9. August 2008 als letzte Frist gesetzt worden, um das definitive Finanzierungsmodell Kataloniens auszuhandeln. Doch wie so oft, wenn es um Verpflichtungen gegenüber den Autonomien geht, waren die Anstrengungen in Madrid begrenzt.

Zunächst schien der ICV-Antrag nur geringe Aussichten auf Erfolg zu haben, doch die Unterstützung wuchs. Auch die konservative katalanische Konvergenz und Einheit, die den Sozialisten (PSOE) als Mehrheitsbeschaffer dient, wollte zustimmen. Sogar Zapateros katalanische Sektion ist sauer und drohte offen, ihm im Herbst die Stimmen zur Verabschiedung des Haushalts 2009 zu verweigern, wenn bis dahin kein Ergebnis vorliegt. Denn Katalonien leidet notorisch unter einer Unterfinanzierung, obwohl die wirtschaftlich stärkste Region einen überdurchschnittlich großen Anteil zur Finanzierung Spaniens leistet.

Aber es war die große oppositionelle Volkspartei (PP), die Zapateros Sommerferien verhagelte. Dass auch die PP den Ministerpräsidenten in der Frage vor das Parlament zitieren will, überraschte die PSOE. Denn die PP hat sogar Verfassungsklage gegen das neue Autonomiestatut eingelegt, weil ihr die wenigen Verbesserungen noch zu weit gehen. Sie will die angeschlagene Regierung schwächen. Die Finanzierung Kataloniens war ihr in ihren acht Regierungsjahren (1996-2004) egal. Wegen des Widerstands der PP setzte die PSOE auch den Hobel an dem einst geplanten Text an. So wurde der Wunsch der Katalanen gestrichen, wie die Basken die Steuern selbst einziehen und mit der Zentralregierung jährlich den Teil aushandeln zu können, der an Madrid abgeführt wird. Nebenbei will die PP weitere finanzielle Zugeständnisse für die Regionen Madrid und Valencia abpressen, in denen sie regiert.

Auf die Unterstützung der konservativen Basken konnte Zapatero diesmal nicht bauen, Noch im letzten Herbst hatte ihm die Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) bei der Verabschiedung des Haushalts geholfen. Die PNV ist verärgert, dass auch Zapatero den Basken im Statut von 1978 vorgesehene Autonomierechte verweigert. Dass der Ministerpräsident Verfassungsklage gegen die Volksbefragung eingelegt hat, mit der eine friedliche Konfliktlösung auf den Weg gebracht werden soll, kühlte das Verhältnis der PNV zur PSOE ab. Dass er mit dem Antrag auf vorläufige Suspendierung die Befragung am 25. Oktober praktisch verhindert, macht es für die PNV unmöglich, Zapatero nun beizuspringen.

Fieberhaft versuchte die PSOE, die ICV zum Rückzug ihres Antrags zu bewegen. Sie bot neue Verhandlungen über die Finanzierung an. Fürs erste mit Erfolg: Am Dienstag wurde vereinbart, dass in bilateralen Verhandlungen in den nächsten drei Monaten ein Modell ausgehandelt wird, das zum Jahresbeginn 2009 in Kraft treten soll, womit Zapatero auch den Haushalt der Zentralregierung sichern würde. Schließlich soll mitten in der Wirtschaftskrise kein Bild entstehen, dass die Regierung keine Mehrheiten mehr findet.


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