Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Empfehlungen für den Frieden

Baskisches Sozialforum will Beitrag zur Konfliktlösung leisten

Von Uschi Grandel *

Gut zwei Monate nach dem Baskischen Sozialforum, das am 14. und 15. März in Bilbo (Bilbao) und Iruñea (Pamplona) stattgefunden hat, haben dessen Organisatoren am Montag der Öffentlichkeit »Empfehlungen, um den Friedensprozeß voranzubringen« vorgestellt. Die darin enthaltenen zwölf Punkte sind das Ergebnis intensiver Diskussionen einer Vielzahl baskischer Organisationen und internationaler Experten darüber, welche weiteren Schritte im Friedensprozeß nötig sind und wie die aktuelle Blockadesituation überwunden werden kann.

Friedensfahrplan

Der als »Erklärung von Aiete« bekannte Friedensfahrplan vom Oktober 2011 und das kurz darauf erklärte Ende des bewaffneten Kampfes der ETA haben weitere Fortschritte erst möglich gemacht, so die Zulassung der Partei der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung Sortu (Entstehen) im Juni 2012, die vor dem spanischen Verfassungsgericht gegen den Widerstand der spanischen Rechten und ihrer Regierung erstritten wurde. Sie ist ein Resultat der Unterstützung, die der Versuch einer Konfliktlösung im Baskenland und auf internationaler Ebene inzwischen erfährt.

Die im spanischen Südbaskenland beheimatete Organisation für Konfliktlösung Lokarri und ihr im französischen Baskenland angesiedeltes Pendant Bake Bidea sehen die Bedeutung des von ihnen organisierten Sozialforums und seiner Empfehlungen denn auch als einen nächsten Schritt der stärkeren direkten Beteiligung der Bevölkerung. Ihre Absicht ist es, »unter breiter und aktiver Beteiligung der Institutionen, der politischen Parteien und der Zivilgesellschaft einen Konsens über die wesentlichen Aufgaben des Friedensprozesses herzustellen« und dadurch Bewegung zu erzeugen. Vier Aufgabenbereiche präsentierten sie in ihren Empfehlungen: den Abbau der militärischen Strukturen der ETA und ihre Entwaffnung, die Wiedereingliederung der Gefangenen und Flüchtlinge in die Gesellschaft, die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Aufarbeitung des Geschehenen unter Einbeziehung aller Opfer.

Wertvoller Beitrag

Die Reaktion der baskischen Parteien auf das Papier war vorsichtig positiv. Sortu sieht in den Ergebnissen des Sozialforums einen wertvollen Beitrag, weist aber darauf hin, daß die Empfehlungen in ihrer Gesamtheit umgesetzt werden müssen. Die konservative baskische PNV, die sich ebenfalls am Sozialforum beteiligt hatte und die Regionalregierung stellt, begrüßte die Empfehlungen. Die beiden großen spanischen Parteien PP und PSOE hatten hingegen nicht an der Veranstaltung teilgenommen und lehnen die Ergebnisse prompt ab. Insbesondere die spanische Rechte reagierte gereizt auf den Vorschlag, das Thema der Waffen und der militärischen Strukturen der ETA in einem »kontrollierten, geordneten und abgestimmten Prozeß« und begleitet durch unabhängige Moderatoren zu behandeln. Ihre Forderung nach einer »Auflösung der ETA« als Voraussetzung für den Beginn jedweden Dialogs ist eines der Argumente, mit denen sich die spanische Regierung allen Verhandlungen verweigert.

Die baskische Organisation Herrira, die sich für die über 600 baskischen politischen Gefangenen einsetzt, begrüßte die Empfehlung bezüglich der Gefangenen und Flüchtlinge, »die Gesetze an die Realität anzupassen« und damit die strafverschärfenden Sondergesetze abzuschaffen.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 30. Mai 2013


Zurück zur Spanien-Seite

Zurück zur Homepage