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Rückschlag in Nordzypern

Wahlsieg türkischer Nationalisten erschwert Verhandlungen

Von Karin Leukefeld *

Bei der vorgezogenen Parlamentswahl im türkischen Nordteil Zyperns siegten die oppositionellen Nationalisten.

Mit 44,06 Prozent der Stimmen hat sich bei den Wahlen im türkisch besetzten Nordzypern die rechte Partei der Nationalen Einheit (UBP) von Oppositionsführer Dervis Eroglu durchgesetzt. Die als liberal und europaorientiert geltende Republikanisch-Türkische Partei (CPT) des amtierenden Präsidenten Mehmet Ali Talat erhielt lediglich 29,25 Prozent der Stimmen. Bei den Wahlen 2005 war das Stimmenverhältnis nahezu umgekehrt gewesen. Die UBP hatte damals 22,7 Prozent erhalten, die CPT 55,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit 81,3 Prozent nach Angaben der Wahlkommission sehr hoch, rund 161 000 Personen waren wahlberechtigt. Für die 50 Sitze im Parlament waren 345 Kandidaten aus sieben Parteien sowie weitere acht unabhängige Kandidaten angetreten.

Nur die Türkei erkennt den Norden des Landes als eigenen Staat »Türkische Republik Nordzypern« an. Im Süden wird das von der Türkei kontrollierte politische System im Norden der Insel offiziell nicht anerkannt.

Für Beobachter der Region kam die Niederlage der CPT nicht überraschend. Den Sozialdemokraten war es in ihrer Amtszeit nicht gelungen, Arbeitslosigkeit und Armut der Bevölkerung überzeugend zu bekämpfen, ökonomisch hängt Nordzypern am Tropf der Türkei.

Auch die internationale Isolation konnte die CPT nicht durchbrechen, obwohl sie sich deutlich in Richtung Europa ausrichtete und den von der UNO vorgeschlagenen und moderierten Friedensprozess mit der Republik Zypern unterstützt. Das könnte genau der Grund sein, warum die UBP die Wahlen gewonnen hat. Sie plädiert für eine Zwei-Staaten-Lösung, die von der heutigen Bevölkerungsmehrheit, Siedlern vom türkischen Festland, unterstützt wird. Man werde neue Aspekte in den Verhandlungsprozess einbringen, sagte Eroglu, der Verhandlungen »im Rahmen der türkischen Außenpolitik zu Zypern« diskutieren will.

Seit der Besetzung Nordzyperns durch die Türkei 1974 hat Ankara den Norden der Insel zielstrebig türkisiert. Die einheimischen türkischen Zyprioten sind heute in der Minderheit, rund 200 000 Festlandtürken wurden im Laufe der Jahre angesiedelt. An Schulen und Universitäten werden fast ausschließlich die Kinder der türkischen Siedler unterrichtet, die junge Generation hat keinen Bezug mehr zur Geschichte Zyperns. 42 000 Soldaten sind in Nordzypern stationiert, das schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern garantiert nach Ansicht der türkischen Siedler auch deren Schutz.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon scheint den Ernst der Lage bereits vor den Wahlen am Sonntag (19. April) erkannt zu haben. Vergangene Woche mahnte er beide Seiten, den Schwung der Friedensgespräche aufrechtzuerhalten. Das sei aber nur möglich, wenn die Türkei sich nicht in die Verhandlungen einmische, erklärte Regierungssprecher Stephanos Stephanou und erinnerte daran, dass die Türkei durch UNO-Resolutionen und das Völkerrecht zur Kooperation verpflichtet sei. Es sei auch Aufgabe der EU und der UNO, Ankara in diese Richtung zu drängen.

Die griechisch-zyprische Seite betonte ihre Gesprächsbereitschaft. »Unser Ziel bleibt die Lösung der Zypernfrage«, sagte der Generalsekretär der Regierungspartei AKEL, Andros Kyprianou.

* Aus: Neues Deutschland, 21. April 2009


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