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Präsenz gesichert

Zentralafrikanische Republik: Nach dem Ende der EU-Intervention kommen nun "Militärberater". Es geht um französische Interessen, namentlich Uran

Von Simon Loidl *

Der Militäreinsatz der Europäischen Union in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) ist offiziell beendet. Zumindest teilweise. Anfang der Woche meldete die Mission EUFOR RCA, dass nach elf Monaten »intensiver Operationen« die Aufgaben »erfolgreich« erledigt seien und alle Beteiligten in ihre Heimatländer zurückkehren würden. Gleichzeitig mit dem Ende des EUFOR-RCA-Einsatzes startet aber eine neue Militärberatermission der EU (EUMAM). Bis zu 60 europäische »Militärexperten« werden die Behörden der ZAR zunächst für ein Jahr beim Aufbau eines Sicherheitssystems unterstützen. Sie sollten dem Land helfen, nach den bürgerkriegsartigen Unruhen der vergangenen Jahre »die Kurve zu kriegen«, beschrieb die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini das vorgebliche Ziel des Einsatzes. Knapp acht Millionen Euro soll der nach offiziellen Angaben kosten. Die EUMAM wird zudem eng mit der UN-Mission MINUSCA zusammenarbeiten. Gesichert ist damit zumindest die Präsenz europäischer Soldaten in der Region. Zehn Länder schicken Armeeangehörige – allen voran Frankreich und die Niederlande. Aber auch das formal nach wie vor neutrale Österreich entsendet bis zu sechs Stabsoffiziere. Deutschland, das an dem EUFOR-Einsatz beteiligt war, wird nach derzeitigem Stand an der Ausbildungsmission nicht direkt beteiligt sein.

Was genau mit der Beschreibung der zu Ende gegangenen EUFOR-Mission als »erfolgreich« gemeint ist, erschließt sich aus den offiziellen Stellungnahmen nicht. Die EU-Soldaten haben nach Ansicht vieler Beobachter in der Region kaum zu einer Befriedung beigetragen. Im März 2013 hatte eine vorwiegend muslimische Rebellenallianz namens Séléka den Präsidenten der ZAR, François Bozizé, gestürzt. Unter dem selbsternannten neuen Staatsoberhaupt Michel Djotodia eskalierten die Auseinandersetzungen zwischen den Séléka-Einheiten und vorwiegend christlichen Milizen. Tausende Menschen wurden getötet, Hunderttausende flohen. Auf internationalen Druck trat Djotodia Anfang 2014 von seinem Amt zurück, das Übergangsparlament wählte Catherine Samba-Panza zur Interimspräsidentin. Die zunächst für Februar diesen Jahres geplanten Wahlen sollen nun im Juli stattfinden.

Von Beginn des aktuellen Konflikts an war Europa eng in die Auseinandersetzung verstrickt. Französische Soldaten sind seit dem Ende der Kolonialherrschaft in der Region präsent, Paris mischte sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder in die Politik der ZAR ein, in der Staatsstreiche und Aufstände keine Seltenheit waren. Unmittelbar nach Ausbruch der Kämpfe vor zwei Jahren hielten sich die französischen Einheiten zunächst zurück und konzentrierten sich nach eigener Darstellung auf den Schutz »französischer Interessen« – dazu zählte etwa der Flughafen der Hauptstadt Bangui. Die EUFOR-Mission folgte weitgehend den Pariser Vorgaben. Die Deutsche Welle zitierte in einem Bericht den südafrikanischen ZAR-Experten David Smith, dem zufolge durch den EU-Militäreinsatz der Flughafen gesichert und in zwei Bezirken die Sicherheit wiederhergestellt werden konnte. Dadurch, so Smith, seien die französischen Einheiten entlastet worden und konnten sich auf den Rest des Landes konzentrieren. Die Beseitigung der dem Konflikt zugrunde liegenden Ursachen wurde aber bisher nicht in Angriff genommen. »Es gibt außerhalb der Hauptstadt keine Infrastruktur, keine Industrie und keine Gesundheitsversorgung. Und es gibt außerdem keine Jobs«, so Smith.

Die »französischen Interessen« sind etwa in den Uranvorkommen in der ZAR zu suchen. Seit Niger, der wichtigste Uranlieferant für Frankreichs Atomindustrie, mehr vom Ressourcenabbau profitieren will, sucht Paris nach Alternativen. Eine davon sind die vermuteten riesigen Lagerstätten in der Region Bakouma in der ZAR. 40.000 Tonnen des Rohstoffs sollen hier in der Erde liegen.

* Aus: junge Welt, Samstag, 21. März 2015


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