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Korruption "nicht hinnehmbar"

Vietnams Kommunisten beendeten in Hanoi ihren Parteitag

Von Annick Schneider*

Am Dienstag vormittag wurde die neue Führung der 3,1 Millionen Mitglieder zählenden Kommunistischen Partei Vietnams (KPV) vorgestellt, kurz danach endete der zehnte Parteikongreß in Hanoi. In dessen Zentrum hatten acht Tage lang vor allem drei Zielsetzungen gestanden: Die Weiterentwicklung der Wachstumsstragie für die Wirtschaft sowie die Armuts- und Korruptionsbekämpfung. Ausdrücklich bekräftigte der mit etwa 80 Prozent der 1176 Delegiertenstimmen wiedergewählte Generalsekretär Nong Duc Manh (66) in seiner Abschlußrede zudem, daß die Sozialistische Republik Vietnam weiterhin an der Politik der Erneuerung festhalten werde. Vor zwanzig Jahren war auf dem 6. Parteitag 1986 diese als »Doi Moi« bezeichnete Politik in Vietnam eingeführt worden.

Neu gewählt wurden Nguyen Minh Triet (64) als Staatspräsident sowie Nguyen Tan Dung (57) als Ministerpräsident. Traditionell wird bei den Personalbesetzungen in Vietnam auf unterschiedliche Kriterien geachtet. Nguyen Tran Dung war zuletzt bereits stellvertretender Ministerpräsident. Des weiteren spielt die regionale Herkunft der Kandidaten eine Rolle: So war der neue Staatspräsident Nguyen Minh Triet vorher Parteivorsitzender im südlichen Ho-Chi-Minh-Stadt (früher Saigon). Generalsekretär Nong Duc Manh stammt aus der nördlichen Provinz Bac Thai. Er war vor fünf Jahren zudem wegen seiner als auf Ausgleich zwischen den politischen Lagern bemühte Vermittlungsfähigkeit ins Amt gekommen. Er gilt heute als ein Wahrer und Verfechter des aktuellen Reformkurses.

Ziele der neuen Regierung bleiben: eine deutlichen Steigerung des Lebensstandards der 83 Millionen Einwohner bei gleichzeitiger Verringerung der Armut, Orientierung auf Resourcen-schonendes Wachstum, zunehmenden Integration in globale wirtschaftliche und politische Organisationen. Beabsichtigt ist für die kommenden Jahre in erster Linie eine strukturelle Festigung der vietnamesischen Wirtschaftskraft. Wie im neuen Fünfjahrplan festgelegt, sollen im Zeitraum bis 2010 wie in den vergangenen fünf Jahren konstant hohe Wachstumsraten von weiterhin 7,5 bis acht Prozent realisiert werden.

Verurteilt wurden alle Formen der Korruption. Diese war auf dem Parteitag als ein zentrales Thema behandelt und lebhaft diskutiert worden, wobei festgestellt wurde, daß mit der angestrebten weiteren Öffnung des Landes für ausländisches Kapital – der Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO könnte noch in diesem Jahr stattfinden – und dem zunehmendem Wachstum der Privatindustrie die Korruptionsgefahr wachse. Grundsätzlich, so die Schlußfolgerung, sei es nicht hinnehmbar, daß sich Parteikader persönlich bereicherten. Sie gefährdeten nicht nur den Fortbestand der Partei selbst, sondern behinderten auch den Aufbau von Institutionen und verläßlichen Verwaltungsstrukturen.

* Aus: junge Welt, 26. April 2006


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