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Mord und Lügen

Venezuelas Opposition entfesselt Propagandakampagne zur Destabilisierung der Lage. Gesundheitszustand von Präsident Chávez verschlechtert

Von Modaira Rubio, Barinas *

In einer über alle Rundfunk- und Fernsehsender des südamerikanischen Landes ausgestrahlten Ansprache hat Venezuelas Informa­tionsminister Ernesto Villegas am Montag abend (Ortszeit) seine Landsleute über eine erneute Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Präsident Hugo Chávez informiert. Zwei Wochen, nachdem der Staatschef auf eigenen Wunsch aus Havanna nach Caracas zurückgekehrt ist, leide er aufgrund seines durch die Chemotherapie geschwächten Immunsystems erneut an einer schweren Infektion der Atemwege, so Villegas. Sein Allgemeinzustand sei »sehr heikel«, heißt es in dem vom Minister verlesenen offiziellen Kommuniqué. Chávez sei jedoch bei Bewußtsein, sich der aufgetretenen Probleme bewußt und befolge strikt die Anweisungen der Ärzte, während er »an Christus und dem Leben« festhalte.

Zugleich warnte Villegas erneut vor der »in ausländischen Laboratorien« entwickelten Kampagne gegen die Regierung. »Lautsprecher« dieser »psychologischen Kriegsführung« seien führende Vertreter der »korrupten venezolanischen Rechten«, die Gewalt auslösen und dadurch eine ausländische Intervention provozieren wollten. Bestandteil dieser schwarzen Propaganda gegen Caracas sind unzählige Gerüchte und Falschmeldungen. So wurde am Montag abend die Homepage der regierungsnahen Tageszeitung Vea von unbekannten Tätern gehackt und dort eine Meldung über den angeblichen Tod des Präsidenten plaziert. Nach wenigen Minuten wurde die Fälschung entdeckt und entfernt. Statt dessen erschien eine Mitteilung der Redaktion: »Das ist ein weiterer Beweis dafür, daß der Aggressionskrieg gegen die Bolivarische Revolution auf seinem Höhepunkt angekommen ist und diesmal uns getroffen hat. Wir sagen dem Gesindel, das sich hinter solchen Aktionen versteckt, daß wir in unserer Unterstützung für den Comandante Hugo Chávez, den Präsidenten und obersten Anführer unseres Prozesses, nicht nachlassen werden.«

Schon seit Tagen hatten die Regierung und die Unterstützer des Staatschefs die Verbreitung von Gerüchten über Plünderungen, einen bevorstehenden Putsch, Lebensmittelknappheit oder eine neue Krise in der Energieversorgung angeprangert. Zugleich fordert die rechte Opposition in dieser angespannten Situation die sofortige Einberufung von Neuwahlen, während private Handelsketten bestimmte Produkte wie Zahnpasta oder einzelne Lebensmittel zurückhalten, um Versorgungsengpässe zu demonstrieren.

Als Teil dieser Kampagne interpretieren die Regierungsanhänger auch die Ermordung des Yukpa-Kaziken Sabino Romero am vergangenen Sonntag (jW berichtete), eines der bekanntesten Aktivisten für die Rechte der indigenen Völker in Venezuela und für die Rückgabe der von Großgrundbesitzern besetzten traditionellen Siedlungsgebiete im Nationalpark Sierra de Perijá im nordwestvenezolanischen Bundesstaat Zulia. Befürchtet wird, daß der Mord an Romero Auftakt zu einer Reihe von gezielten Anschlägen auf Vertreter der Volksbewegung sein könnte, durch die eine gewaltsame Konterrevolution vorbereitet werden soll. In der an Kolumbien grenzenden Region war es schon in den vergangenen Jahren immer wieder zu Anschlägen auf bekannte Vertreter der Landarbeiter gekommen, um eine von der Regierung angestrebte gerechtere Verteilung der Ländereien zu verhindern.

Gegen die Hetze der rechten Opposition und als Unterstützung für Chávez haben Gruppen der venezolanischen Linken für den gestrigen Dienstag zu einer Kundgebung am Militärhospital in Caracas aufgerufen, in dem der Staatschef behandelt wird. »Nur die von Hugo Chávez geführte Revolution garantiert den Frieden, die Rechte hat nur Chaos, Gewalt und Leiden anzubieten«, hieß es in einer Erklärung.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 6. März 2013


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