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Islam Karimow lässt sich wieder wählen

Usbekistans Präsident ist bei den Wahlen am 23. Dezember ohne ernsthafte Konkurrenz

Von Vougar Aslanov *

Der Gewinner der am Sonntag (23. Dezember) in Usbekistan stattfindenden Präsidentenwahlen steht schon fest: Islam Karimow, seit 1990 ununterbrochen im Amt, wird sich für weitere sieben Jahre bestätigt sehen.

Karimows Amtszeit war eigentlich bereits vor fast einem Jahr – am 9. Januar 2007 – abgelaufen. Mit den Regeln nimmt es der bald 70-jährige Islam Karimow aber nicht so genau. Als Erster Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei Usbeki-stans 1990 vom damaligen Obersten Sowjet der Sowjetrepublik zum Staatspräsidenten gewählt, war er 1991 durch allgemeine Wahlen in diesem Amt bestätigt worden und hatte sich seine Präsidentschaft per Referendum 1995 bis zum Jahre 2000 verlängern lassen. Nach einer Verfassungsänderung müssen seither jedoch alle sieben Jahre Präsidentschaftswahlen stattfinden. Am 9. Januar 2000 gewann Karimow wieder einmal wunschgemäß. Das Grundgesetz Usbeki-stans sieht zwar nur zwei Amtsperioden vor, aber in der Auslegung Karimows zählen die Zeiten vor der Verfassungsänderung nicht, also tritt er wieder an. Da hilft es der Opposition wenig, sich über Rechtsbruch zu beklagen.

Karimow ist diesmal Kandidat der Liberaldemokratischen Partei und der Bewegung der Unternehmer und Geschäftsleute. Zum Beweis des demokratischen Charakters der Wahlen werden drei Gegenkandidaten aufgeboten: Asliddin Rustamow für die Volksdemokratische Partei, Frau Dilorom Taschmuchammedowa für die Sozialdemokratische Partei »Adolat« und der Chef des Zentrums für Menschenrechte Usbekistans, Akmol Saidow, der eine Bürgerinitiative hinter sich versammelt hat. Liest man die Nachrichten von Wählerversammlungen, fällt allerdings auf, dass bei Kundgebungen mit Karimow zur Wahl des amtierenden Präsidenten aufgerufen wird, bei Meetings anderer Kandidaten lediglich zur Wahlteilnahme.

Jede ernsthafte oppositionelle Regung hat Karimow stets hart bekämpft. Die Führer der Oppositionsparteien »Erk« (Der Wille) und »Birlik« (Einheit) wurden entweder festgenommen oder ins Exil getrieben. Als Terroranschläge im Februar 1999 die Hauptstadt Taschkent erschütterten, machten die Behörden auch »Erk« dafür verantwortlich. Der bekannte Schriftsteller Mamadali Mahmudow wurde als »Erk«-Anhänger verhaftet und zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt. Da die Verfassung verlangt, dass ein Kandidat mindestens zehn Jahre vor einer Wahl in Usbekistan leben muss, wäre auch Exiloppositionellen eine Bewerbung ums Präsidentenamt nicht einmal theoretisch möglich.

Putin gratuliert

Der russische Präsident Wladimir Putin hat seinem usbekischen Amtskollegen Islam Karimow in einem Telefongespräch zur Wiederwahl gratuliert.
Das teilte die Pressestelle des Kreml am Montag mit. Die Präsidentenwahl in der zentralasiatischen Republik Usbekistans hatte am vergangenen Sonntag stattgefunden.
"Beide Seiten schätzten das Niveau der bilateralen Beziehungen zwischen Russland und Usbekistan hoch ein. Putin und Karimow bekräftigten die Bereitschaft, alle Probleme auch künftig im Geiste der Partnerschaft zu lösen", heißt es in der Mitteilung.
Die beiden Staatschefs tauschten Neujahrsglückwünsche aus und erörterten Pläne bilateraler Kontakte, darunter auch auf höchster Ebene. Die Unterredung fand auf Initiative der russischen Seite statt.
Der Amtsinhaber Karimow gewinnt die Präsidentenwahlen mit großem Vorsprung. Vorläufigen Angaben der Zentralen Wahlkommission in Taschkent zufolge hat Karimow 88,1 Prorzent der Wählerstimmen auf sich vereinigen können.
(RIA Novosti, 24. Dezember 2007)

88,1 Prozent

Bei der Präsidentschaftswahl in Usbekistan vom 23. Dezember ist dem offiziellen Ergebnis zufolge der Amtsinhaber Islam Karimow mit 88,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt worden.
Das teilte die Zentrale Wahlkommission des zentralasiatischen Staates am Freitag (28. Dez.) mit. Karimow ist seit 1991 Staatspräsident von Usbekistan.
(RIA Novosti, 28. Dezember 2007)



Die Verarmung großer Bevölkerungskreise hatte immer mehr Menschen in die Arme islamistischer Heilsprediger getrieben, die mit dem Wiederaufleben religiöser Bewegungen in den 90er Jahren aufgetaucht waren. 1997 gründeten religiöse Eiferer die Islamische Bewegung Usbekistans, die das Ziel verfolgt, das Land – wie andere Staaten Zentralasiens – auch mit Gewalt in einen Gottesstaat zu verwandeln. Im Gegensatz dazu ist die internationale islamistische Organisation Hisb-ut-Tahrir eine mehr politische Bewegung, doch auch sie will das historische Kalifat wiederherstellen. Im Kampf gegen extremistische Islamisten sah sich Karimow an der Seite der westlichen Krieger gegen den Terrorismus. Und aufgrund der geostrategischen Lage Usbekistans wurde er vom Westen ebenso wie von Russland umworben. Doch nicht nur Extremisten, sondern auch friedliche Muslime und zahlreiche Menschenrechtler wurden festgenommen und ohne ordentliches Verfahren ins Gefängnis geworfen. Von Folterungen und Nahrungsentzug wird berichtet. Als am 13. Mai 2005 in Andishan Unruhen mit brutaler Gewalt niedergeschlagen wurden, kam es weltweit zu Protesten. Nach offiziellen Angaben wurden bei der Schießerei 187, nach inoffiziellen über 500 Menschen getötet. Die EU verhängte Sanktionen, die USA forderten eine internationale Kommission zur Aufklärung der Vorgänge in Andishan. Karimow kündigte daraufhin den Pachtvertrag für einen USA-Luftwaffenstützpunkt nahe der Grenze zu Afghanistan und rückte wieder näher an Russland heran.

In jüngster Zeit ist er jedoch um Tauwetter bemüht, und tatsächlich haben sich die Beziehungen Usbekistans zur EU und den USA leicht verbessert. Vertreter des Berliner Auswärtigen Amtes reisten mehrfach zu Verhandlungen nach Taschkent. Die Bundesrepublik betreibt in Termes nach wie vor einen Militärflugplatz als Versorgungsbasis für die Truppen in Afghanistan. Im Oktober setzte die EU die Reisebeschränkungen für usbekische Amtsträger für sechs Monate aus. Usbekistans Gas- und Goldvorkommen wecken schließlich Begehrlichkeiten. Gerade deshalb fürchtet die usbekische Opposition, dass sich das Verhältnis zwischen Taschkent und dem Westen nach der Präsidentschaftswahl trotz der wenig demokratischen Methoden Karimows weiter verbessern könnte.

* Aus: Neues Deutschland, 22. Dezember 2007


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