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Panzer rollen im Donbass

Schwere Gefechte zwischen Kiews Armee und Separatisten / Geheimdienstchef fordert KP-Verbot

Von Klaus Joachim Herrmann *

Im ostukrainischen Konfliktgebiet flammen immer häufiger Kämpfe auf. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld.

Nach heftigen Kämpfen in der Ostukraine am Wochenende sind bei erneuten Gefechten zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten zwei Soldaten getötet worden. Fünf seien innerhalb von 24 Stunden verletzt worden, teilte Sicherheitsratssprecher Andrej Lyssenko am Montag in Kiew mit. In Charkow wurden bei einer Explosion in einer Bar am Sonntagabend elf Menschen teils schwer verletzt.

Der Kiewer Militärsprecher Dmitri Timtschuk beschuldigte »russische Militärangehörige und Terroristen«, sie hätten den Beschuss der Kräfte der »Anti-Terror-Operation« verstärkt, berichtete die ukrainische Agentur UNIAN. Das Militär habe groß angelegte Kampfhandlungen begonnen, erklärte hingegen der Vizepremier der »Volksrepublik« Donezk Andrej Purgin laut der russischen Agentur RIA/Nowosti. Die Volkswehr klagte die Armee an, sie beschieße Wohnviertel. Vor einigen Tagen seien Panzer in einen Donezker Vorort eingerückt.

Der Streit um die Herkunft von schwerer Militärtechnik in Donezk ging weiter. Die US-Regierung in Washington sehe mit großer Sorge zahlreiche Berichte, wonach von Russland unterstützte und ausgerüstete Rebellen Waffen- und Panzerkonvois zu den Frontlinien des Kampfes brächten, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Bernadette Meehan.

Die von OSZE-Vertretern gesichteten Militärkolonnen und neun Panzer in der Stadt gehörten zur »Volkswehr«, gab der stellvertretende Befehlshaber der Milizen, Eduard Bassurin, Auskunft. Ukrainische Medien wollten aber Aufschriften entdeckt haben, die auf eine Verlegung der Militärfahrzeuge aus dem benachbarten russischen Rostow schließen ließen.

Insgesamt 436 000 Menschen hätten bisher das ostukrainische Kriegsgebiet der »Anti-Terror-Operation« und 19 000 die Krim »zeitweilig verlassen«, informiert das Katastrophenschutzministerium in Kiew. Jeden Tag würden weitere 1000 bis 1500 Menschen fliehen.

Eine kommunistische Gefahr beschwor der Chef des ukrainischen Geheimdienstes SBU, Walentin Naliwajtschenko. Er warf der Kommunistischen Partei (KPU) vor, mit »russischen Terrorristen« zu kooperieren und »bolschewistischen Terror« auszuüben. Er forderte Sonntagabend ein Verbot der KPU im Interesse der nationalen Sicherheit.

Präsident Petro Poroschenko hatte am Sonntag, dem Feiertag der ukrainischen Sprache, unterstrichen: »Die einzige Staatssprache ist und wird die ukrainische sein.« In der Ostukraine war es wegen der Herabstufung des Russischen zu Aufruhr gekommen.

Der frühere Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, wollte am Abend in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen. Er warf dem Westen vor, auf das Ende der Sowjetunion mit einer Politik des »Triumphalismus« reagiert zu haben.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 11. November 2014


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