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Mit Massenentlassungen zu IWF-Milliarden

Ukraine setzt auf Sparprogramm und Privatisierungen / Krim soll wirtschaftliche Sonderzone werden

Von Klaus Joachim Herrmann *

Eine Milliardenhilfe des IWF soll die Ukraine vor dem Bankrott retten. Aber die hat ihren hohen Preis.

Mit Massenentlassungen und einer Erhöhung der Gastarife um 50 Prozent ab 1. Mai ebnet die Ukraine den Weg für Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser einigte sich mit Kiew vorläufig auf ein zweijähriges Hilfsprogramm von 14 bis 18 Milliarden US-Dollar. Damit könnten binnen zwei Jahren insgesamt 27 Milliarden Dollar Hilfsmittel freigesetzt werden, teilte der IWF am Donnerstag in Washington mit. Beteiligt wären daran die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

Die Behörden seien angewiesen worden, etwa 24 000 ihrer insgesamt 249 000 Angestellten zu entlassen, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk vor dem Parlament in Kiew. Das Land stehe »am Rande des finanziellen und wirtschaftlichen Bankrotts«. Er kündigte zudem die Abschaffung von staatlichen Strukturen im Rahmen der Verfassungsreform an. Datschas, Fabriken und Immobilien, die sich in Staatsbesitz befänden und nicht benötigt würden, sollen verkauft werden.

Eher der Verschlechterung der Beziehungen mit Russland ist allerdings geschuldet, dass das Personal der ukrainischen Botschaft in Moskau deutlich gekürzt werden soll. Das Außenministerium in Kiew wies jedoch zurück, dass es sich um drei Viertel der Diplomaten handeln werde.

Sie wisse, was für die Wiederbelebung der Wirtschaft getan werden müsse – damit begründete Ex-Premier Julia Timoschenko am selben Tag ihre Kandidatur bei den Präsidentenwahlen am 25. Mai. Wegen bekannt gewordener unflätiger Morddrohungen gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin war sie in den vergangenen Tagen auch international scharf kritisiert worden.

Die US-Regierung begrüßte die Einigung des IWF mit Kiew als »machtvolles Zeichen der Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die ukrainische Regierung«. Washington arbeite an einer Kreditgarantie über eine Milliarde Dollar und biete Kiew Hilfe zur Linderung der größten Not an, erklärte das Weiße Haus.

Die EU-Staaten waren von US-Präsident Barack Obama am Mittwoch in Brüssel zu stärkerer Abgrenzung von Russland aufgerufen worden. Nach einem Treffen mit den EU-Spitzen verlangte er, die Staaten müssten mehr für unabhängige Energieversorgung und die Verteidigungsfähigkeit tun: »Die Lage in der Ukraine erinnert uns daran, dass Freiheit nicht kostenlos ist.«

Das Votum der UNO-Vollversammlung in New York über eine von der Ukraine vorgelegte Resolution gegen die russische Annexion der Krim fiel eindeutig aus. 100 Staaten – darunter die Bundesrepublik – stimmten dafür, elf dagegen, 58 enthielten sich.

Die Krim und Sewastopol sollen möglicherweise zu wirtschaftlichen Sonderzonen entwickelt werden. Russlands Premier Dmitri Medwedjew habe mehrere Ministerien beauftragt, bis 15. April ein Programm dafür vorzulegen, schreibt die »Krimskaja Prawda«.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 28. März 2013


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