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Orange kommt aus der Mode

Vier prowestliche Minister verlassen ukrainische Regierung. Juschtschenko-Partei in der Opposition

Von Tomasz Konicz *

Mit dem am Donnerstag vollzogenen Regierungsrücktritt von vier Ministern der Präsidentenpartei »Unsere Ukraine« (NU) wird der Übergang der westlich orientierten Kräfte des Landes in die Opposition fortgesetzt. Neben der Partei von Präsident Viktor Juschtschenko findet sich nur noch ein weiterer Akteur der prowestlichen »orangen Revolution« auf der Oppositionsbank – der Wahlblock der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Der Fraktionschef der NU, Roman Bessmertny, hatte den Übergang seiner Partei in die Opposition bereits am 4. Oktober angekündigt, nachdem die seit Monaten andauernden Koalitionsverhandlungen gescheitert waren. Obwohl sie etliche Ministerposten bekleidete, war die NU der »Anti-Krisen-Koalition« aus der prorussischen »Partei der Regionen« von Premier Viktor Janukowitsch, Sozialisten und Kommunisten nie formell beigetreten.

Fraktionschef Bessmertny teilte mit, daß die Minister für Inneres, Justiz, Gesundheit, Kultur und Jugend ihr Amt niederlegen wollten. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko eindringlich an die Minister der NU appelliert, sich dem Willen ihrer Partei zu beugen und zurückzutreten.

Die Präsidentenpartei räumt aber nicht alle Machtpositionen. Der ukrainische Außenminister Boris Tarasjuk und Verteidigungsminister Anatoli Hritsenko, die ebenfalls der NU angehören, bleiben vorerst im Amt. Diese Posten werden vom Präsident persönlich besetzt, beide Minister sollen laut Juschtschenko den prowestlichen Kurs des Landes garantieren. Die Auseinandersetzungen um die außenpolitische Ausrichtung des Landes gelten als der wichtigste Faktor, der zum Bruch der Koalition beitrug.

»In den vergangenen zwei Monaten wurden wir Zeugen eines Bruchs im innen- und außenpolitischen Kurs der Ukraine... Die Integration in die Welthandelsorganisation wurde blockiert, die Kooperation mit der EU kam sogar zum Stillstand«, so Bessmertny am Dienstag vor dem ukrainischen Parlament, die Gründe für den Koalitionsbruch referierend. Premier Janukowitsch war hingegen um eine Normalisierung der Lage bemüht. »Ich möchte alle darum bitten, Ruhe zu bewahren und auf gehörige Weise zu arbeiten. Die Regierung muß als ein einheitlicher Organismus funktionieren«, erklärte Janukowitsch in einem Kommentar zum Regierungsauszug der NU-Minister.

Die prowestlichen Parteien von Viktor Juschtschenko und Julia Timoschenko haben nach den Wahlen vom März diesen Jahres monatelag und vergeblich um die Vorherrschaft in einer Regierungskoalition gerungen – die Chancen für eine einheitliche Opposition stehen kaum besser. Bessmertny rief alle Oppositionsparteien des Landes auf, sich in einer oppositionellen »Konföderation« unter der Schirmmherrschaft der NU zu sammeln, um den proeuropäischen Kurs von Präsident Juschtschenko zu unterstützen. Etwas Ähnliches hat schon der »Wahlblock Julia Timoschenko« durchgeführt, als Timoschenko eine »Interfraktionelle Oppositionsvereinigung« aus der Taufe hob, um mögliche Überläufer aus dem Regierungslager zum Wechsel zu motivieren. Bisher ist diese Taktik nicht aufgegangen, da nur zwei sozialistische Abgeordnete zur »Interfraktionellen Opposition« wechselten. Etliche Abgeordnete der Partei Timoschenkos äußerten nun, daß sie auch Parlamentarier der NU in ihren Reihen »willkommen heißen würden«. Die Präsidentenpartei ist aber weit davon entfernt, die Führungsrolle des zahlenmäßig stärkeren Timoschenko-Blocks anzuerkennen. Beide Parteien werden aller Voraussicht nach um die Vorherrschaft in der Opposition kämpfen, wie sie einst um Ministerposten und Machtpositionen rangen.

* Aus: junge Welt, 20. Oktober 2006

Aktuelle Meldungen der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti

Parteitagssitzung von "Unsere Ukraine" in Kiew

KIEW, 21. Oktober (RIA Novosti). Am Samstag (21. Okt.) findet in Kiew der Parteikongress der Volksunion "Unsere Ukraine" statt, teilte die Pressestelle der Parteienvereinigung RIA Novosti mit.

"Am 21. Oktober findet der dritte Rechenschafts- und Wahlkongress der Partei "Unsere Ukraine" statt. Die Teilnahme des ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko ist geplant", sagte der Leiter des Präsidialbüros, Viktor Baloga.

Der Chef des Partei-Zentralkomitees Nikolai Katerintschuk erwartet von dem Kongress "Entscheidungen, die unserer Gesellschaft ein klares Signal davon vermitteln, dass sich unsere Partei erneuert, dass die Partei unter den Bedingungen der Opposition eine Erneuerungsstrategie hat und dass sie die oppositionelle Tätigkeit unseren Wählern klar macht."

Katerintschuk zeigte sich davon überzeugt, dass Viktor Juschtschenko als Ehrenvorsitzender der Partei sich auch in Zukunft auf die Partei "Unsere Ukraine" stützen werde. "Der Präsident versteht, dass er sich in einer semipräsidialen Republik auf ein politisches Instrument stützen muss. In diesem Fall handelt es sich dabei um die Partei "Unsere Ukraine", sagte Katerintschuk.

Am Dienstag (17. Okt.) hatte der Fraktionschef Roman Bessmertny im Parlament den Austritt des Blocks "Unsere Ukraine" aus der Regierungskoalition erklärt. Alle Minister der Partei legten ihre Ämter nieder. Neben der Volksunion "Unsere Ukraine" gehören dem Block "Unsere Ukraine" noch fünf weitere Parteien an.

Parteikongress: "Unsere Ukraine" nimmt drei Wochen Auszeit

KIEW, 21. Oktober (RIA Novosti). Der dritte Rechenschafts- und Wahlkongress der Partei Volksunion "Unsere Ukraine" ist für drei Wochen unterbrochen worden.

Fraktionschef Bessmertny will die Zeit nutzen, um die vom Präsidenten gestellten Anforderungen zu erfüllen.

Präsident Viktor Juschtschenko, der gleichzeitig Ehrenvorsitzender von "Unserer Ukraine" ist, hatte den Austritt des Blocks aus der Regierungskoalition kritisiert. "Meine Position ist die politische Konsolidierung ("Unserer Ukraine") mit verschiedenen Kräften, darunter mit der Partei der Regionen, der Sozialistischen Partei, parlamentarischen und außerparlamentarischen Kräften", erklärte Juschtschenko. Er hoffe, dass die endgültige Entscheidung für die Oppositionsrolle der Partei noch nicht gefallen sei, machte er deutlich. Am vergangenen Dienstag hatte der Fraktionschef von "Unsere Ukraine", Roman Bessmertny, den Austritt des Blocks aus der Regierungskoalition erklärt.

Nach der Präsidentenkritik verkündete Bessmertny eine dreiwöchige Pause des Parteikongresses. In der Zeit sollen die Vorschläge des ukrainischen Staatsoberhaupts verarbeitet und die zu ihrer Realisierung notwendigen Arbeitsgruppen geschaffen werden, sagte Bessmertny.

Hier geht esw zur Website von RIA Novosti: http://de.rian.ru/




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