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Gedenken in Uganda

Präsident löst mit Ehrung für ermordeten Erzbischof Geschichtsdebatte aus

Von Simon Loidl, Kampala *

Uganda diskutiert dieser Tage seine eigene Geschichte. Mitte Februar jährte sich die Ermordung von Erzbischof Janani Luwum, einem Kritiker des früheren Diktators Idi Amin. Bei der offiziellen Gedenkfeier in Mucwini, dem Geburtsort des anglikanischen Kirchenvertreters im Norden Ugandas, am vergangenen Wochenende kündigte Präsident Yoweri Museveni an, den 17. Februar zum nationalen Feiertag erklären zu wollen.

Das Vorhaben löste eine Mediendebatte in dem ostafrikanischen Land aus, in dem die Auseinandersetzung mit der jüngeren, von Gewalt geprägten Geschichte nach Ansicht vieler Beobachter erst im Anfangsstadium steckt. Vor allem junge Menschen wissen zu wenig über die Diktatur Idi Amins oder glorifizieren diese sogar.

Amin regierte Uganda von 1971 bis 1979, dem Jahr seines Sturzes. An dem Putsch war auch der jetzige Präsident beteiligt. Während Amins Herrschaft waren Hunderttausende Menschen ermordet und aus dem Land vertrieben worden. Anfang 1977 geriet Erzbischof Luwum in Ungnade, als er den Diktator öffentlich kritisierte. Amin bezichtigte den Kirchenmann des »Landesverrats« und ließ ihn zusammen mit zwei Ministern verhaften. Die Fahrt zum Gefängnis endete mit einem tödlichen Autounfall, der nach heutigem Erkenntnisstand vom Regime inszeniert worden war.

Einige Kommentatoren warfen Museveni während der vergangenen Tage vor, die Ehrung des Erzbischofs für den beginnenden Wahlkampf zu missbrauchen. 2016 soll in Uganda über Parlament und Präsidentenamt abgestimmt werden. Der 70jährige Museveni, der seit einem weiteren Coup 1986 an der Macht ist, will sich erneut im Amt bestätigen lassen. Oppositionspolitiker warnen bereits davor, dass der Präsident die Wahlen möglicherweise verschieben lassen könnte, um Zeit zu gewinnen.

Regierungsnahe Medien wiederum nutzten den Jahrestag der Ermordung von Janani Luwum, um allzu heftige Kritik an der aktuellen politischen Situation in Uganda zu relativieren. »Nicht alles ist perfekt«, schrieb ein Kommentator der regierungsnahen Tageszeitung New Vision am Freitag. Arbeitslosigkeit, Fehlverhalten der Justiz oder Demonstrationsbeschränkungen seien zwar ernstzunehmende Probleme – aber immerhin seien außergerichtliche Tötungen unter Musevenis Regierung »unwahrscheinlich«.

Museveni wird von Oppositionskräften und Menschenrechtsorganisationen ein zunehmend diktatorischer Regierungsstil vorgeworfen. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu politisch motivierten Festnahmen von Politikern und Zensurmaßnahmen gegen Zeitungen. Sicherheitskräfte gingen wiederholt mit Gewalt gegen Proteste vor.

* Aus: junge Welt, Samstag, 21. Februar 2015


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