Waffenstillstand in Norduganda
Friedensverhandlungen sollen bald den Konflikt zwischen Kampala und den LRA-Rebellen beilegen
Von Anton Holberg *
Nach fast zwei Jahrzehnten eines grausamen Bürgerkriegs ist am
Dienstag ein Waffenstillstand
zwischen der ugandischen Armee und den Rebellen von der Lord's
Resistance Army (LRA) in Kraft
getreten.
Die Vereinten Nationen stufen den seit 18 Jahren anhaltenden Bürgerkrieg
in Norduganda als eine
der schlimmsten humanitären Krisen der Gegenwart ein. Zehntausende
Menschen kamen seit
Beginn der Angriffe der Lord’s Resitance Army (LRA) 1988 ums Leben, rund
zwei Millionen
Menschen wurden zu Flüchtlingen im eigenen Land. Der Internationale
Strafgerichtshof in Den Haag
(ICC) hatte im Oktober Haftbefehle gegen fünf LRA-Anführer erlassen,
darunter gegen Rebellenchef
Joseph Kony.
Ob der Druck durch den ICC Eindruck auf Kony gemacht hat, ist offen. Auf
alle Fälle ist der seit
gestern offiziell in Kraft getretene Waffenstillstand nach der
Video-Botschaft von Kony von Anfang
Mai und dem Beginn der von der südsudanesischen Regierung (GOSS)
vermittelten Verhandlungen
in Juba der dritte wichtige Schritt zu einer Beilegung des Bürgerkriegs
zwischen der Regierung in
Kampala unter Führung Yoweri Musevenis und der LRA.
Der Waffenstillstand sieht vor, dass die Kämpfer der LRA aus Uganda,
Südsudan und der DR Kongo
in zwei Sammellagern unter dem Schutz der GOSS zusammengebracht werden.
Voraussetzung
dafür war die Zusage, dass die ugandische Armee (UPDF) sie nicht
angreife, und die Zusage
Präsident Musevenis, dass die vom ICC gesuchten fünf wichtigsten Führer
der LRA nicht
ausgeliefert würden. Der Zusammenführungsprozess der LRA-Kämpfer in den
beiden Lagern ist auf
drei Wochen angelegt. Danach sollen die eigentlichen
Friedensverhandlungen beginnen.
Wenn man sich die Winkelzüge insbesondere der ugandischen Regierung
während der bisherigen
Verhandlungen ansieht, ist damit zu rechnen, dass diese
Friedensverhandlungen kompliziert und
langwierig werden. Noch nach Beginn der Juba-Gespräche waren aus Kampala
zunächst
widersprüchliche Signale bezüglich der Amnestie und Nichtauslieferung
der LRA-Führer an den ICC
gesandt worden. Am 20. August erklärte Präsident Museveni, man könne auf
die Forderung nach
Waffenstillstand nicht eingehen, weil es ja gar keine Front gebe. Ein
Waffenstillstand sei erst als
Ergebnis eines umfassenden Friedensvertrags möglich. Die Tatsache, dass
dieser 15 Tage später
doch in Kraft getreten ist, deutet darauf hin, dass auf Kampala ziemlich
viel Druck ausgeübt wurde.
Da gibt es zum einen das internationale Interesse an der Befriedung
einer Region, deren
ökonomische Ausbeutung durch den Bürgerkrieg behindert wird. Zum anderen
hat wohl die GOSS
speziellen Druck ausgeübt, indem sie die beiden Parteien aufforderte,
Südsudan zu verlassen. Das
hat in erster Linie Auswirkungen auf eine konventionelle Armee wie die UPDF.
Auch innenpolitisch steht Museveni unter Druck. Wichtige Repräsentanten
des Nordens, darunter
der Chef des Gulu-Distrikt Norbert Mao und Erzbischof John Baptist Odama
sowie der Vorsitzende
der Gruppe der Acholi-Abgeordneten im Parlament, Okello Okello, haben
wie übrigens auch der
wichtigste Gegenkandidat Musevenis bei den letzten
Präsidentschaftswahlen, Kizza Besigye, die
Einbeziehung von – in diesem Fall oppositionellen – Vertretern des
Nordens in die Juba-
Verhandlungen gefordert. Von der GOSS wurden einige von ihnen auch Mitte
August eingeladen,
als Beobachter teilzunehmen. Die ugandische Regierung und ihre Medien
wie »New Vision«
wehrten sich dagegen aber mit oft überaus unhöflichen Kommentaren. Die
Tatsache, dass die LRA
ungeachtet ihres früher missionarischen Profils zu den Verhandlungen mit
konkreten politischen und
wirtschaftlichen Forderungen für die Region erschienen war, hat einen
gewissen Schulterschluss mit
der zivilen Opposition des Nordens erleichtert. Das gilt ungeachtet der
ihr vermutlich zu Recht zur
Last gelegten barbarischen Menschenrechtsverletzungen, die im übrigen
zivilen Oppositionellen aus
dem Norden zufolge durchaus ihr Gegenstück im Verhalten der UPDF finden.
* Aus: Neues Deutschland, 30. August 2006
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