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Der 114. Kongress – neue Gesichter, veränderte Dynamik

Vom US-Büro für internationale Informationsprogramme


Nachfolgend dokumentieren wir einen Text des Büros für internationale Informationsprogramme im US-Außenministerium vom 5. Januar 2015 über die neue Zusammensetzung des 114. US-Kongresses. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Der Kongress, der am 6. Januar zusammenkommt, wird versuchen, Gemeinsamkeiten zur Bewältigung der Herausforderungen zu finden – darunter die Einwanderungsreform, der Klimawandel und die Handelsbefugnisse – , die den 113. Kongress blockierten.

2014 zeigten mehrere Umfragen unter amerikanischen Wählern, dass diese mit dem Kongress so unzufrieden waren wie nie zuvor. Der 113. Kongress verabschiedete 296 Gesetze, mehr als ein Drittel davon in der Sitzungsperiode nach den Zwischenwahlen 2014. In der ersten Sitzungsperiode 2013 verabschiedete der 113. Kongress 66 Gesetze – weniger als irgendein Kongress der letzten 40 Jahre –, von denen nur 58 tatsächlich in Kraft traten.

Im 114. Kongress werden zwölf neue Senatoren und 52 neue Abgeordnete des Repräsentantenhauses begrüßt. Die Republikanische Partei stellt in beiden Kammern die Mehrheit. Der Senat setzt sich aus 44 Demokraten, 2 Unabhängigen und 54 Republikanern zusammen. Im Repräsentantenhaus nehmen am 6. Januar 188 Demokraten und 246 Republikaner ihre Arbeit auf.

Die 104 Frauen im neuen Kongress sind die bisher größte Gruppe weiblicher Abgeordneter. Unter ihnen sind auch Elise Stefanik, eine 30-jährige Republikanerin aus New York und die jüngste Frau im Kongress sowie Mia Love, die erste schwarze Republikanerin im Repräsentantenhaus.

In beiden Kammern sind zum ersten Mal afroamerikanische Mitglieder beider Parteien vertreten: 44 Abgeordnete im Repräsentantenhaus und zwei im Senat.

Außerdem sind 37 Hispanier (34 im Repräsentantenhaus, drei im Senat), zehn Amerikaner asiatischer Herkunft und zwei amerikanische Ureinwohner im 114. Kongress vertreten.

Die Republikaner halten nun die Mehrheit im Repräsentantenhaus und der Senat verfügt über eine weitaus stärkere republikanische Mehrheit als im 113. Kongress.

Daraus folgt
Eine Republikanische Mehrheit im US-Senat und im Repräsentantenhaus bedeutet, dass republikanische Fraktions- und Ausschussvorsitzende die Themen der Debatten festlegen und bestimmen, welche Gesetzesentwürfe aus den Ausschüssen hervorgehen.

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, dessen legislative Vorhaben zuvor von den Stimmen eines Dutzends extrem konservativer Republikaner abhängig waren, wird mit einer größeren Mehrheit eine stärkere Führungsrolle wahrnehmen können als im 113. Kongress.

Obwohl sie nun eine kleinere Gruppe im Senat sind, werden die Demokraten den gesetzgeberischen Ambitionen der republikanischen Senatoren weiter Einhalt gebieten können. Nach den aktuellen Bestimmungen sind 60 Stimmen nötig, um strittige legislative Projekte im gesamten Senat zur Debatte zu stellen.

Um 60 Stimmen zu erhalten, müssen alle republikanischen Senatoren Parteidisziplin wahren und gemeinsam abstimmen und außerdem einige Demokraten für sich gewinnen. Traditionell stehen Demokraten, die „rote“ (mehrheitlich republikanische) oder „violette“ (wo beide Lager ungefähr gleich stark sind) Bundesstaaten repräsentieren, den republikanischen Avancen offener gegenüber.

Politikexperten sind der Ansicht, dass die Republikaner erfolgreicher als im vorherigen Kongress Gesetze verabschieden und Verzögerungstaktiken der Demokraten verhindern werden, allerdings nur, wenn die neue Mehrheitspartei nicht kompromisslos vorgeht und beispielsweise alle Bestätigungen und Nominierungen durch den Senat blockiert oder sich weigert, die Schuldenobergrenze anzuheben.

Ob der 114. Kongress ein gewisses Maß an Überparteilichkeit erreichen kann, oder ob er sich in die gleichen legislativen Blockaden verrennt wie der vorherige Kongress, wird man schon daran erkennen, wie reibungslos der Nominierungsprozess für die wichtigsten Staatsämter verläuft. Die höchstrangige anstehende Nominierung ist die von Präsident Obama vorgeschlagene Loretta Lynch, die das Amt von US‑Justizminister Eric Holder übernehmen soll.

Die Zwischenwahlen im November 2014 wurden als maßgeblicher Gewinn für die fossile Brennstoffindustrie wahrgenommen. Senator James Inhofe, neuer Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und öffentliche Bauvorhaben im Senat, hat in vielen Pressekonferenzen erwähnt, dass er Maßnahmen gegen den Klimawandel nicht unterstütze. Damit schwindet die Wahrscheinlichkeit, dass der 114. Kongress Gesetze zur Begrenzung des Treibhausgasausstoßes verabschieden wird, aber die Regierung Obama hat angedeutet, dass sie diese Emissionenobergrenzen anhand bestehender Befugnisse anordnen wird.

Die Einwanderungsreform wird die wohl größte Herausforderung für den neuen Kongress. Das Thema liegt hispanischen Wählern besonders am Herzen, und die Tätigkeit (oder Untätigkeit) des Kongresses könnte viele Auseinandersetzungen im Jahr 2016 beeinflussen, unter anderem auch den Präsidentschaftswahlkampf.

Im 113. Kongress wurde die parteiübergreifende Dynamik im Senat vom Repräsentantenhaus gebremst, wo der Widerstand einiger Einwanderungsgegner jeden Fortschritt verhinderte. Diese Dynamik wird sich wahrscheinlich im aktuellen Kongress fortsetzen.

Im Gegensatz dazu scheinen die Bedingungen für bedeutende Handelsgesetze im 114. Kongress günstig.

Die Gewaltenteilung der Vereinigten Staaten zwingt die Legislative und die Exekutive zur Zusammenarbeit, wenn sie bei der Handelsgesetzgebung und Handelsverträgen Fortschritte erzielen wollen.

Die Regierung Obama verhandelt momentan über zwei zentrale Handelsabkommen: die Transpazifische Partnerschaft und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft. Ein republikanischer Kongress, der freien Handel unterstützt, könnte dem Präsidenten beim erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen helfen, indem er ihm die Handelsförderungsbefugnis (Trade Promotion Authority, TPA) erteilt, die dem Kongress dann nur noch ein "Ja" oder "Nein" bei der Abstimmung über ausgehandelte Abkommen erlaubt.

Diese Befugnis, auch „Fast-Track“-Mandat genannt, verbietet es dem Kongress, ein Handelsabkommen zu ändern. Das ist wichtig, um den Handelspartnern zu versichern, dass eine unilaterale Änderung durch den Kongress nicht möglich ist. Die Handelsförderungsbefugnis, mit der die Regierung Bush einige wichtige Handelsabkommen abschließen konnte, lief 2007 aus.

Originaltext: 114th Congress Convenes with Fresh Faces, Altered Dynamics

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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