Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Die USA - ein "Bollwerk von Sicherheit, Frieden und Freiheit"

Die Antrittsrede des US-Außenministers Powell vor dem Repräsentantenhaus

Nachfolgend veröffentlichen wir in Auszügen die Rede von US-Außenminister Colin Powell vor dem Ausschuss für internationale Beziehungen des Repräsentantenhauses vom 7. März 2001 (Zwischenüberschriften von uns).

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Ich freue mich sehr, Ihnen hier die Haushaltsvorlage des Präsidenten für die Funktion 150 - das Außenministerium und unsere Hilfsprogramme - vorstellen zu dürfen. Es handelt sich um eine fünfprozentige Erhöhung. Dies ist meines Erachtens eine Anzahlung auf weitere Erhöhungen, für die ich kämpfen werde. Der Präsident gab mir zu verstehen, dass er in den kommenden Jahren mehr für das Außenministerium tun will.

Daher ist dies nur der Anfang eines kontinuierlichen Prozesses, wenn ich das so sagen darf, Herr Lantos. Sie können sicher sein, wenn ich mehr über das Außenministerium erfahre, mehr zu bewältigende Probleme entdecke und neue Herausforderungen, die es zu finanzieren gilt, werde ich jedes Mal hier vor Ihnen stehen, nachdem ich durch die Hallen des Haushalts- und Verwaltungsbüros gewandert und im Oval Office gewesen bin, um mir meine endgültigen Anweisungen zu holen. Ich werde hier herkommen, um für das zu kämpfen, was wir meines Erachtens benötigen.

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"Wir werden die Welt auf eine Art und Weise neu gestalten, die der ganzen Menschheit zugute kommt"

Herr Vorsitzender, mein Herz schlägt höher - wie das Ihre - angesichts der Welt, die vor uns liegt, mit allen ihren Chancen und den vielen Risiken und Herausforderungen, die Sie erwähnten. Der Grund hierfür ist, wenn ich mir alle diese Herausforderungen ansehe - ich werde jetzt jeden Tag in meinem Büro damit konfrontiert, sei es Irak, der Nahe Osten, Massenvernichtungswaffen, der Handel mit Frauen oder Menschenrechte - ich bekomme sie alle zu sehen. Was mir jeden Tag die Kraft gibt, dies zu meistern, was mir Hoffnung gibt und was mein Herz höher schlagen lässt, ist die Gewissheit, dass wir ein funktionierendes System haben. Es ist unser freiheitliches System. Unser demokratisches System. Und es ist unser System eines vom freien Unternehmertum geprägten Wirtschaftsmodells. Es ist unser System mit seinem Glauben an die persönlichen Rechte von Männern und Frauen.

Wenn wir den Grundsätzen unseres Systems treu bleiben und dieses System auf der ganzen Welt anpreisen, werden wir die Welt auf eine Art und Weise neu gestalten, die der ganzen Menschheit zugute kommt. Ich denke also, dass dies für uns alle eine Zeit großer Chancen ist. Es gibt da draußen keine andere Ideologie, die wirklich mit dem konkurrieren kann, was wir der Welt zu bieten haben. Wir wissen, es funktioniert. Es hat die Sowjetunion besiegt. Es verändert China. Wir sind uns der vorhandenen Herausforderungen wohl bewusst, aber es verändert China.

"Wir müssen die Macht nutzen, die wir haben"

Wir müssen auf unseren Erfolgen aufbauen und dürfen keine Angst vor den Herausforderungen haben. Wir müssen die Macht nutzen, die wir haben - unsere politische Macht, unsere diplomatische Macht, unsere militärische Macht, aber ganz besonders die Macht unserer Ideen - um uns auf der Welt weiter zu engagieren. Und genau das beabsichtigen Präsident Bush und sein nationales Sicherheitsteam zu tun.

Wie? Erstens, wie Sie von Präsident Bush gehört haben, beginnen wir mit unserer eigenen Hemisphäre. Es war kein Zufall, dass seine ersten Treffen mit Premierminister Chretien aus Kanada und dann Präsident Fox aus Mexiko stattfanden. Er besuchte ihn. Wir wissen, welche Bedeutung Mexiko heute für uns hat. Es ist unser zweitgrößter Handelspartner nach Kanada. Wir haben begonnen, mit Präsident Fox an einem neuen Ansatz zur Bewältigung der Probleme zu arbeiten. Ich werde den Vorsitz von Ausschüssen übernehmen, die beim Gipfel zur Einwanderungsproblematik gegründet wurden. NAFTA ist der große Motor zur Überwindung von Barrieren und für Chancen für Mexiko, in Mexiko Arbeitsplätze für Mexikaner zu schaffen und das uns alle konfrontierende Einwanderungsproblem zu bewältigen.

Ich habe also große Hoffnungen für das, was wir in unserer eigenen Hemisphäre tun können. Deshalb werden wir uns einem Anden-Plan verpflichten, der über den Colombia-Plan hinausgeht, um sicherzustellen, dass wir das Drogenproblem in diesem Teil der Welt meistern. Aus dem gleichen Grund freuen wir uns auf den gesamtamerikanischen Gipfel nächsten Monat in Quebec, an dem alle demokratieliebenden Nationen dieser Hemisphäre teilnehmen, um über Demokratie und Bildung zu sprechen. Das sind die beiden wichtigsten Punkte auf der Agenda. Dann werden wir über den Handel und über ein gesamtamerikanisches Freihandelsabkommen sprechen, so dass wir vom oberen bis zum unteren Teil unserer Hemisphäre miteinander verbunden sind und Handelsschranken abgebaut werden, damit alle Nationen dieser Hemisphäre Zugang zu technologischen Informationen und dem Reichtum schaffenden Potenzial des freien Unternehmertums und des Freihandelssystems bekommen.

"Der Fulda Gap ist jetzt eine Touristenattraktion"

Wir sind uns bewusst, dass sich unsere großartigen Bündnisse außerhalb dieser Hemisphäre befinden, und deswegen bin ich bei meiner ersten Auslandsreise in den Osten nicht nur in den Nahen Osten und an den Persischen Golf gereist, sondern über Brüssel zurückgereist, um mich mit meinen NATO-Kollegen und meinen neuen Partnern in der EU zu treffen. Es ist eine andere NATO. Es ist ein anderes Europa als das Europa, das ich als Soldat während des Kalten Kriegs so gut gekannt habe, als ich am Fulda Gap darauf wartete, dass die sowjetische Armee auf mich zukommt. Das ist vorbei. Der Fulda Gap ist jetzt eine Touristenattraktion. Es werden Postkarten und Andenken verkauft. Der Posten, an dem ich all diese Jahre war, ist jetzt ein College für deutsche Universitätsstudenten.

Das ist wunderbar, aber wir müssen uns vor Augen führen, dass das Bündnis immer noch von entscheidender Bedeutung ist. Ich habe den Bündnispartnern folgende Botschaft übermittelt: Die Vereinigten Staaten werden sich weiterhin in diesem Bündnis und auch in der Europäischen Union engagieren. Wir können es aufbauen. Es wird nicht verschwinden. Es wird nicht zerfallen. Sie mögen sich mit Dingen wie der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsinitiative befassen. Wir haben argumentiert, dass sie auch ein unerlässlicher Bestandteil unserer NATO-Bestrebungen sein muss, und wir glauben, sie verstehen das. Der NATO geht es immer noch gut, und aus diesem Grund warten neun weitere Länder darauf, diesem großartigen Bündnis beizutreten.

Nordamerika: "Bastion der Freiheit"

Warum möchten sie beitreten? Möchten sie ein Partner ihrer anderen europäischen Freunde werden? Ja. Aber der wahre Grund ist, dass sie beitreten möchten, damit sie die Verbindung zu der Bastion der Freiheit haben, und die ist hier in Nordamerika, verkörpert durch die Vereinigten Staaten und Kanada. Aus diesem Grund möchten sie ein Teil der NATO werden, und aus diesem Grund müssen wir dieses Bündnis erweitern. Und meines Erachtens haben wir das Potenzial zu bewirken, dass die NATO in der Zukunft das sein wird, was sie in der Vergangenheit war - das Bollwerk von Sicherheit, Frieden und Freiheit auf dem eurasischen Kontinent und etwas, mit dem sich Russland auseinander setzen muss. Die Zukunft Russlands liegt in seinem Westen, weil Russland die Technologie, Informationen und das wirtschaftliche Know-how benötigt, das aus dem Westen kommt. Das brachte Gorbatschow vor all diesen Jahren in den Westen, an die wir uns so gut erinnern. Und es wir wieder geschehen.

Im Hinblick auf Asien habe ich gesagt - und der Präsident hat es wiederholt gesagt - dass wir unser Engagement in Asien mit unseren großartigen Bündnissen dort beginnen werden - unserem Bündnis mit Japan und unserem Bündnis mit Südkorea. Wie Sie wissen ist der südkoreanische Präsident heute in der Stadt; ich habe gerade mit ihm gefrühstückt, hatte dann Gespräche mit ihm und dem Präsidenten und dann ein Mittagessen mit ihm. Von dieser Grundlage der Stärke mit unseren Bündnispartnern aus können wir Länder wie China einbeziehen und versuchen, Wege zu sondieren. Wir geben uns keinen Illusionen hin - es ist ein kommunistisches Land. Es missachtet die Rechte seiner Bürger. Aber gleichzeitig ist diese Nation nicht mehr die Nation, die sie vor 20 Jahren war. Deswegen müssen wir Hoffnung und Ermutigung für solch eine Nation haben.

Das gleiche gilt für Vietnam, und das gleiche gilt vor allem für ein Land, das Gegenstand unserer Gespräche heute Morgen mit Präsident Kim Dae Jung war. Das Land ist Nordkorea.

Lassen Sie mich die koreanische Halbinsel als Beispiel für die Art und Weise nutzen, wie wir uns mit all den Gefahren und Herausforderungen befassen. Ich weiß, dass Sie zu gegebener Zeit über den Irak und den Nahen Osten sprechen möchten. Aber da ich gerade dieses Gespräch mit Kim Dae Jung hatte, möchte ich es als kleines Beispiel anführen.

Die zwei Koreas

Auf dieser Halbinsel gibt es zwei Länder, das eine prosperiert, geführt von einem frei gewählten Mann, 75 Jahre alt, der 16 Jahre im Gefängnis verbracht und den größten Teil seines Erwachsenendaseins darum gekämpft hat, dass sein Land weiterhin in den guten Boden der Freiheit eingebettet ist. Und er hatte Erfolg: Das Land gedeiht, es ist unser großartiger Partner, sein Volk erfreut sich eines Wohlstands, von dem es noch vor einigen Jahren nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

Und dort im Norden ist dieses despotische, kaputte Regime, das nur eine Quelle der Macht hat - einen Mann, der keine Repräsentationszwecke für irgendeinen anderen im Land erfüllt. Die Volkswirtschaft des Landes bricht zusammen. Die Menschen können sie nicht in Gang halten. Daher öffnen sie voller Verzweiflung die Tür - nur ein kleines bisschen - um zu sehen, wer dort draußen helfen kann, und jetzt fangen sie an, sich klar zu machen, dass sie einen Weg finden müssen, um Zugang zu den Lebensmitteln zu erhalten, die aus dem Westen kommen werden, um Zugang zu den Informationen zu erhalten, wenn sie nicht sterben wollen. Sie wollen als Regime nicht sterben; der Despot will an der Macht festhalten. Und wir wissen das; wir machen uns keine Illusion über das Regime.

Aber bei den heutigen Gesprächen der beiden Präsidenten erkannten sie, dass wir durch Zusammenarbeit von einer Position der Stärke aus sehen können, was möglich ist mit diesem Regime. Wir müssen sicherstellen, es versteht, dass unsere Sorgen darüber beigelegt werden müssen, was es mit Massenvernichtungswaffen und mit großen Armeen an der Grenze zu seinem Nachbarland tut, was es gegen die Unterdrückung des Volks und gegen Menschenrechtsverletzungen tut. Das alles ist inakzeptabel für die Art von Nation, die in der Zukunft erfolgreich sein will. Wenn das Regime das erkennt, dann erwartet es Gutes.

"Die Macht der Demokratie und des freien Unternehmertums"

Und das ist nur ein Vergleich zwischen dem, was ist und dem, was sein kann. Wir sehen, was die Macht der Demokratie und des freien Unternehmertums tun kann, und was sie in Nordkorea nicht getan hat. Hoffentlich wird der Tag kommen, an dem das Land bereit zum Engagement ist, wenn es es ernst meint und uns die Tür öffnet, so dass wir überwachen und verifizieren können, was es tut. Dann werden wir eine Zeit und einen Ort unserer Wahl finden, uns ebenfalls zu engagieren.

"Hexenkessel" Naher Osten

Daher finde ich diese Zeiten äußerst beunruhigend und gefährlich. Der Nahe Osten ist im Augenblick ein Hexenkessel. Der Irak stellt uns vor Herausforderungen, und ich werde gleich auf den Irak eingehen. Aber gleichzeitig bin doch voller Optimismus und Hoffnung. Ich bin voller Optimismus und Hoffnung aufgrund des Systems, das wir haben, aufgrund der Macht unserer Ideen und weil ich gesehen habe, was die Macht dieser Ideen tat, um den Kalten Krieg zu gewinnen. Es ist die Ideologie, die funktioniert, und ich denke, die übrige Welt wird langsam aber sicher erkennen, dass sie besser herausfindet, wie sie Teil dieser Ideologie wird und wie sie sie einsetzt, wenn sie im 21. Jahrhundert erfolgreich sein will.

Wir dürfen keine Angst haben, sondern müssen stark bleiben; wir dürfen nicht arrogant sein, sondern müssen bescheiden sein; wir müssen bereit sein, diejenigen einzubeziehen, die einbezogen werden wollen und bereit sein, zurückzuschlagen und diejenigen zu bekämpfen und abzuschrecken, die nicht Teil dieser neuen Welt sein wollen.

Und trotz all dieser Probleme - und ich versichere Ihnen, Herr Vorsitzender, ich sehe sie genau so wie Sie sie sehen - bin ich weiterhin optimistisch, und wir werden weiterhin gewinnen.

Originaltext: Powell Testimony on State Department Budget, Foreign Policy

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