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Die Rückeroberung des pazifischen Raumes

Ein Projekt der USA zur ökonomischen Nutzung und militärischen Einhegung des Rivalen China

Von Roger Büdeler *

In einem Beitrag für Foreign Policy sieht US-Außenministerin H. Clinton »das pazifische Jahrhundert der Vereinigten Staaten« anbrechen. Die Überschrift ist Programm. Der APEC-Gipfel im Herbst 2011, auf dem sich die halbe Obama-Regierung ein Stelldichein gab, manifestierte den Willen der USA, die Pazifikregion zum zentralen Schauplatz ihrer globalen Politik zu machen. Allen ist – anders als wenn etwa Spanien oder Portugal ihr »lateinamerikanisches Jahrhundert« ausrufen würden – selbstverständlich und sofort klar: Hier meldet sich kein beliebiger »Mitspieler« mit diesem oder jenem Interesse an, sondern die Weltmacht USA. Wenn sie aufbricht und ihre »Rückkehr« in den Raum Asien-Pazifik vermeldet, so als fänden die USA als zukünftiges Wirkungsfeld Neuland vor, dann ergeht damit eine Zuständigkeitserklärung, an der die staatlichen Anrainer dieser Weltgegend nicht vorbei kommen können.

"Wir sind wieder zurück!"

Es scheint wie ein Paradox, wenn Präsident Obama den letztjährigen APEC-Gipfel mit dem Satz resümiert: »Wir sind wieder zurück!« So als hätten sich die USA dort lange Zeit abgemeldet. Gemeint ist: Wir stellen uns anders auf als unter der Kriegsära von Bush. Obama nimmt den von seinem Vorgänger eröffneten »war on terror« von der weltpolitischen Agenda. Den militanten Anspruch einer proamerikanisch zu ordnenden Welt, deren Führung Amerika mit seinem »Kampf gegen das Böse« anstrebte, hält der Präsident des außenpolitischen »change« nicht nur für eine kontraproduktive Umgangsweise mit allen Problemen, vor die Amerika sich in der Welt gestellt sieht. Er macht in der alle staatlichen Beziehungen überlagernden Konfrontation der Staatenwelt und ihrer Sortierung in Freund und Feind, Helfer oder Verweigerer auch eine Schädigung der Führungsmacht der USA und ihrer Ziele aus. Mit seiner kritischen Abkehr von Bushs »Antiterror«-Kampf setzt Obama die Kontinuität einer »Verantwortung« fort, die das imperialistische Fundament der USA sein soll: Amerika führt die Staatenwelt, niemand sonst als die reichste und stärkste Nation der Welt ist dazu fähig, also auch unbestreitbar berechtigt. Auf dieser ewigen Prämisse fußt auch Obamas neue Außenpolitik: Was Amerikas Führung herausfordert und verlangt, das sind von Fall zu Fall besondere »Probleme«, die die Führungsmacht mit dem Einsatz darauf abgestimmter Mittel und Vorgehensweisen bewältigt.

Den Beschluß zur Beendigung der Feldzüge in Irak und Afghanistan nimmt die Obama-Regierung wie eine Befreiung aus einem »Irrweg«, die es Amerika erlaubt, die Staatenwelt neu in den Blick zu nehmen und Amerikas globale Interessen und Prioritäten neu zu ordnen. In dieser Hinsicht entdeckt die Obama-Regierung in der pazifischen Region viel entscheidenden Handlungsbedarf: die VR China. Denn mit dem ungebrochenen Wachstum seiner Wirtschafts- und Finanzmacht gelingt dem Aufsteiger, was Amerika seit Jahren nicht mehr vermag. Die bislang unangefochtene Wirtschaftsmacht steckt in der Krise, und zwar gründlich. Einerseits ist trotz des reichlichen Krediteinsatzes durch den Staat kein nennenswertes Wirtschaftswachstum zu bilanzieren, das eine Überwindung der prekären Lage dauerhaft fehlender Konkurrenzerfolge auf dem Weltmarkt signalisieren und so Amerika wieder auf den Weg zur allseits überlegenen Wirtschaftsmacht bringen würde. Andererseits ist der Dollar nicht mehr das, was er einmal war. Zwar wird das Kreditgeld der Nation nach wie vor auf aller Welt gebraucht und für alle Arten kapitalistischen Geschäfts und staatlichen Bedarfs eingesetzt: vom Warenhandel bis in die höchsten Stockwerke finanzkapitalistischer Bereicherung, von der Verschuldung der Staaten bis zur Finanzbasis des IWF. Der Dollar repräsentiert auch immer noch das Geld der Welt, mit dem überall und unmittelbar auf die Quellen kapitalistischen Reichtums zugegriffen werden kann. Aber ganz so einmalig und unangreifbar wie jahrzehntelang üblich ist das Weltgeld dennoch nicht mehr, seit die Regierung unter ausgiebiger Aufbietung ihrer Geldhoheit mit Massen an Staatskredit der Finanzkrise Einhalt gebietet, um die schon eingetretene allgemeine Entwertung von enormen Vermögenswerten zu unterbrechen. Gelöst ist die Finanzkrise damit nicht, dafür aber auf die zweite Ebene der Schuldenkrise Amerikas gehoben. Der Staatskredit der Dollar-Weltmacht wird angezweifelt, seine bisher gültige absolute Verläßlichkeit als sicheres und taugliches Kapitalinvestment gilt nicht mehr unbesehen, so daß die Regierung ihren unentwegt steigenden Kreditbedarf in bedeutenden Massen nicht mehr auf dem privaten Kapitalmarkt beschafft, sondern sich durch die US-Notenbank finanzieren läßt.

Pazifische Neuaufstellung

Amerikas herausragende Stellung als Wirtschafts- und Finanzmacht ist angegriffen, damit auch die ökonomische Basis seiner Führungsrolle. Gegen deren Schwächung geht Obama mit der »Wiederentdeckung« der Pazifikregion als enormes Wachstumspotential an. China rangiert darin wie der Inbegriff des amerikanischen Leidens: Es macht sich erfolgreich den Weltmarkt zunutze und verdient Massen an Dollars. Seinen Devisenschatz investiert es in der Größenordnung von Billionen in amerikanische Staatsanleihen und unterlegt ihn als materielle Glaubwürdigkeit der eigenen Währung, die Zug um Zug zum anerkannten und vielseitig gebrauchten Weltgeld werden soll.

Die Erfolge, die China zu einem guten Teil auf dem US-Heimatmarkt einfährt, verbucht Obama einerseits als hausgemachtes »Problem«: Er geht die einheimischen Multis mit dem Auftrag an, ihre eingebüßte globale Exportstärke durch eine Um- und Aufrüstung gegen die asiatische Konkurrenz wieder zurück zu gewinnen. Auf der anderen Seite will er sich überhaupt nicht darauf verlassen, ob dem einheimischen Kapital die solide Kehrtwende auf dem Weltmarkt gelingt. Er sieht zuvorderst die politische Macht Amerikas herausgefordert, die eine erfolgreiche Nutzung des enormen Wachstumspotentials im pazifischen Raum in die Wege leiten muß, damit amerikanisches Kapital entscheidend mehr als bisher die dort generierte Zahlungskraft abgreifen kann. Und damit der pazifische Raum sich – in Umkehrung der bisherigen Bilanz – als ergiebige und sichere Quelle für amerikanisches Kapitalwachstum erweist, ist Amerikas Führungsmacht fällig: Die betätigt sich nicht bloß als politischer Vorkämpfer des einen oder anderen Geschäfts, sondern in der grundlegenden Neuordnung der Region.

Die Herausforderung China

In der Optik der Führungsmacht USA kommt China dabei eine prominente Stellung zu. Dessen Erfolg im Kampf um den Geldreichtum der Welt veranlaßt den amerikanischen Präsidenten nicht zum Glückwunsch an den Konkurrenten für Tüchtigkeit und Fleiß – Tugenden, mit denen Amerika lange Zeit seine Erfolge als global führende Wirtschaftsmacht erklärt hat. Chinas erfolgreichen Stand in der globalen Konkurrenz übersetzt er in eine Herausforderung, die Amerika in seiner ökonomischen Ausnahmestellung durch den Rivalen droht, weil der es zu einer ökonomischen Machtpotenz gebracht hat, die den USA gefährlich werden kann. Mit seinen Devisenreserven vollbringt China zwar bislang den für Amerika erfreulichen Dienst eines verläßlichen Großabnehmers seiner Schulden und ist damit eine wichtige Stütze amerikanischer Finanzmacht. Das hält Obama nur für gerecht, wenn es den US-Heimatmarkt erfolgreich benutzt. Und das soll auch unbedingt so bleiben. Genau darin macht er jedoch auch die Bedrohung aus: Mit dem falschen Gebrauch seiner Dollar-Billionen könnte China den irreversiblen Abstieg der amerikanischen Finanzmacht einleiten; dann nämlich, wenn es sie nicht mehr weiter in die »treasuries« der FED lenkt, weil die ihre Verläßlichkeit als Kapitalinvestment in ein absolut sicheres Weltgeld langsam einbüßen, sondern zu Alternativen übergeht, die ihm sicherer und politisch geboten erscheinen – von Euro-Anlagen bis zum weltweiten Aufkauf von kapitalistischen Industrieanlagen unternimmt China ja auch Schritte, um seine errungene Finanzstärke zu sichern und zu mehren.

Das pazifische Jahrhundert

Im Zentrum der »Offensive« gegen die Herausforderungen an Amerikas Führungsmacht steht die »Trans-Pacific Strategic Economic Partnership« (TTP). Ein bislang eher unbeachtetes Wirtschaftsbündnis, das von Obama nun zum Hebel für die Zurichtung des pazifischen Raums zu einer sprudelnden Wachstumsquelle für amerikanisches Geschäft geformt wird. Aus einer bloßen Zollvereinbarung soll unter Anleitung der USA eine weitreichende Konkurrenzordnung werden, in der zum jetzigen Teilnehmerkreis – Brunei, Chile, Neuseeland, Singapur, Australien, Vietnam, Peru und USA – bis 2012 die ökonomischen Schwergewichte Kanada und Japan stoßen sollen, später schließlich der Rest der APEC-Staaten. Nach der Agenda Obamas sieht die »Partnerschaft« den Ausbau des »asiatisch-pazifischen« Markts zu einem Betätigungsfeld aller Sphären des kapitalistischen Geschäfts vor – insbesondere des Bankenwesens mit der ganzen Vielfalt der »Finanzprodukte«, die vor allem von Amerikas Bankhäusern in die Welt hinausgehen.

Obamas Projekt einer prosperierenden Wirtschaftsunion geht über die Beseitigung nationaler Beschränkungen des außenwirtschaftlichen Geschäfts hinaus. Er macht radikal ernst mit dem Dogma der freien Marktwirtschaft als Prinzip der Konkurrenz, wenn in der TTP – angefangen von Staatsbetrieben bis hin zu sozial- und arbeitsmarktpolitischen Rechten – auch all das zum Stoff einer einheitlichen Regelung wird, womit die pazifischen Nationalstaaten ihren Standort im Innern organisieren. Damit strebt Amerika auf umfassende Weise die Bildung einer pazifischen Union an, in der sowohl die innere wie äußere Wirtschaftssouveränität auf einen einheitlichen Kodex weitgehend unbeschränkter Konkurrenz ausgerichtet ist. Getreu dem Grunddogma, daß amerikanische Mißerfolge auf dem Weltmarkt nur aus unlauterer Behinderung der marktwirtschaftlichen Konkurrenz erwachsen können – und deren Beseitigung der Entfaltung und Beschleunigung eines Wachstumsmarkts dient, auf dem amerikanisches Kapital ganz automatisch die Ernte einfährt.

Antimarktwirtschaftliches China

Die Wachstumsansprüche Amerikas an die Pazifikregion übersetzt Obama also in eine für die TTP-Staaten verbindliche Konkurrenzordnung, in der die Freiheit des Kapitals zur obersten Prämisse der beteiligten Staaten erhoben ist. Mit dieser so definierten »partnership« fordert er die beteiligten Staaten mehr oder weniger grundsätzlich heraus: je nachdem, wie umfassend sie ihre Kapitalstandorte mit nationalen Regelungen organisiert haben, von denen sie sich eine erfolgreiche Behauptung in der Konkurrenz versprechen. Dazu kommt Amerikas Bescheid: China ist zur pazifischen Wirtschaftsunion nicht eingeladen! Jedenfalls fürs Erste und solange es keine Besserung zeigt, indem es mit praktischen Maßnahmen den Vorwurf entkräftet, es betätige sich auf ganzer Linie als marktwirtschaftliche Ausnahme.

Damit zieht Obama seine Beschwerden – von der Wechselkurspolitik über den Umgang mit »geistigem Eigentum« bis zu den Staatsbetrieben – über Chinas »unlautere« Konkurrenzpraktiken auf die prinzipielle Anschuldigung eines antimarktwirtschaftlichen Kurses zusammen und sagt dem Rivalen die Konfrontation entlang der Ordnungsgrundsätze des Weltmarkts an. Seinen Prinzipienstreit mit China über dessen antimarktwirtschaftliche Verfassung trägt Obama in die TTP hinein, indem er China nicht zuläßt: Dazu müssen sich die Teilnehmer der Wirtschaftsunion stellen, so oder so – aber immer mit dem Risiko einer Schädigung der Geschäftsinteressen, die sie mit den großen Konfliktparteien pflegen. Es ist ja nicht nur so, daß China vor die Perspektive eines unkalkulierbaren Schadens für sein Wachstum gestellt wird, wenn ihm die Nutzung des geplanten pazifischen Wirtschaftsraums unter den zukünftig geltenden Geschäftskonditionen vorenthalten wird. Mit seiner ›unerschöpflichen‹ Zahlungskraft bildet das Wachstumszentrum im pazifischen Raum inzwischen für viele Anrainerstaaten einen soliden Posten ihres nationalen Wachstums, der mehr oder weniger auf dem Spiel steht, wenn China mit Gegenmaßnahmen den Zugang zu seiner Wachstumssphäre erschwert.

Einhegung des Reichs der Mitte

Obama will den expansiven Wachstumsmarkt Chinas nicht schließen, sondern viel umfangreicher als bisher erschließen. Mit seiner riskanten Strategie setzt er auf Chinas Interesse, nicht zum Außenseiter auf einem Markt zu werden, der das konzentrierte Wirtschaftspotential der mächtigsten kapitalistischen Staaten und mehrerer sogenannter »Schwellenländer« repräsentiert. Die geforderte Wandlung zu einem »Mitspieler«, der bei sich alles abräumt, was die USA als marktwirtschaftswidrige Behinderungen des Weltmarkts und seiner Prinzipien dingfest machen ist in der Sache die gründliche Umstellung des ganzen Systems, mit dem China sich zur Wirtschaftsmacht entwickelt hat. Dem erfolgreichen Aufstieg zollt Obama formell Anerkennung, wenn er unterstreicht, daß China zur ökonomischen Großmacht geworden ist, damit seinen Status als Entwicklungsland beenden konnte – und nun auch »Verantwortung« übernehmen müsse. Von einem voll ins System der herrschenden Weltmarktregeln integrierten China verspricht sich die amerikanische Regierung den ausgiebigen und sicheren Zugriff auf ein Wachstumspotential, mit dem der Durchbruch zur Rückeroberung globaler Wirtschaftsmacht gelingt.

Amerikas Führung im pazifischen Raum erschöpft sich nicht in der Etablierung einer pazifischen Wirtschaftsunion nach amerikanischem Vorbild. Daß der »freie Wettbewerb« der Staaten um kapitalistische Bereicherung keine gewaltfreie Zone ist, das ist für eine Macht wie Amerika praktizierte Selbstverständlichkeit. Die Sicherung der Handelswege bildet dabei nur ein Moment der Aufsicht und Kontrolle, die Amerika mit seiner weltumspannenden Militärpräsenz längst errichtet hat. Auch und gerade im pazifischen Raum, in dem die USA mit ihren Stützpunkten, Militärbündnissen und Waffenlieferungen an Verbündete ihr Kontrollmonopol über diese Weltgegend fest verankert haben.

Das sieht Obama in Gefahr. Wieder durch China, das mit seiner gewachsenen ökonomischen Macht auch steigende Ansprüche an seine Sicherheit über die nähere Umgebung hinaus geltend macht: zum Beispiel mit dem Anspruch auf eigene Gewährleistung freier Handelswege in potentiellen politischen Konfliktzonen, aber auch mit territorialen Gebietsansprüchen auf Inseln, die als rohstoffreiches Reservoir ins Blickfeld der staatlichen Anlieger geraten. Damit sein Sicherheitsbedarf auch respektiert und im Ernstfall wirksam durchgesetzt wird, verschafft sich China mit seiner enormen Zahlungskraft die erforderliche Rüstung und betreibt den Ausbau zu einer modernen Militärmacht. Darüber führen die USA einerseits penibel Buch, andererseits lassen sie demonstrativ erkennen, daß sie Chinas strategische Bestrebungen nicht als eine ernsthafte Herausforderung an sich einstufen. Wenn die neue Sicherheitsdoktrin Amerikas das Militärgewicht Chinas als allenfalls »asymmetrische Bedrohung« mit dem Potential zur »Störung« des ungehinderten »Zugangs« amerikanischer Militärmacht einstuft, dann zeigt sich daran das Maß, mit dem die US-Politik die militärischen Bestrebungen Chinas wahrnimmt: Die Abschreckungsmacht der USA soll so überlegen und unbedingt gelten, daß Amerikas freies Schalten und Walten nicht einmal im Ansatz behindert werden kann – wo immer der Einsatz seiner Militärmacht fällig wird. Davon weiß Obama die freie Stellung Amerikas als Schiedsrichter abhängig, der mit seiner machtgestützten Kompetenz über zwischen- und innerstaatliche Konflikte entscheidet: An einschlägigem Stoff für Konflikte, die die USA auf sich als Kontroll- und Entscheidungsmacht beziehen, mangelt es im pazifischen Raum nicht – von der Taiwanfrage bis zu den Spratly-Inseln.

Die militärische Einhegung des Reichs der Mitte macht Obama zur zweiten Front im »pazifischen Jahrhundert« der USA, indem er eine militärische Aufrüstung der Pazifikregion in die Wege leitet. Das gehen die USA einerseits mit ihrer neuen Strategie zum Erhalt ihrer »global leadership« an, indem sie das Waffenmaterial entwickeln und vor Ort konzentrieren, mit dem das chinesische »Störpotential« zu paralysieren ist. Andererseits bauen sie ihre Präsenz mit Waffenlieferungen und der Ausdehnung ihrer Stützpunkte aus. Mit dem Aufbau einer großen Militärbasis in Australien – geplant ist die Stationierung von 2500 Mann sowie erweiterte Operationsmöglichkeiten für Kriegsschiffe und Bomber – verschaffen sich die USA neben Südkorea und Japan eine dritte feste Säule ihrer Kriegsmacht. Hier wie auch im Fall der Philippinen, die mit Waffenlieferungen zu einem Gegengewicht zu China gerüstet werden, knüpfen die USA an das Interesse von pazifischen Staaten an, denen wegen ihrer eigenen Konflikte mit China an dessen militärischer Eingrenzung gelegen ist: Die Philippinen erheben wie die VR China Territorialforderungen auf die Spratly-Inseln, und die große Rohstoffmacht Australien betätigt sich ihrerseits als Kontrolleur in ihrem weiteren pazifischen Umfeld. So binden die USA die für ihre Konfrontation mit China nützlichen Pazifikstaaten als Bausteine ihrer Kontrollmacht ein und sorgen damit für lauter Verschiebungen in der militärischen Kräftekonkurrenz der pazifischen Staatenwelt. Neben anderen Staaten warnt Indonesien bereits vor der Eröffnung einer neuen Rüstungskonkurrenz und Blockkonfrontation – und registriert damit auf seine Weise, daß Amerika in seinem Bedarf nach militärischer Einhegung Chinas alle anderen Staaten einbezieht und jede Menge neuen und brisanten Konfliktstoff in den pazifischen Raum trägt. Auch das gehört also zur amerikanischen Wiederentdeckung dieser Weltgegend: Die Herausforderung an seine Führungsmacht bewältigt Amerika, indem es die geballte Macht auffährt und stärkt, die hinter seiner Führung steht. Schöne Ausblicke ins »pazifische Jahrhundert der USA«.

* Aus: junge Welt, 3. Februar 2012


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