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Manning unter Druck von Militär und Justiz

Wikileaks-Informant entschuldigte sich vor US-Gericht für seine Enthüllungen

Von Max Böhnel, New York *

Wenige Tage vor der endgültigen Verhängung des Strafmaßes hat Bradley Manning am Mittwoch vor dem Militärgericht um Nachsicht für seine Enthüllungen gebeten.

Seine Taten hätten im Rückblick »Menschen verletzt« und »die Vereinigten Staaten verletzt«, sagte der 25-jährige Manning mit zitternder Stimme am Mittwoch (Ortszeit) vor dem Militärgericht in Fort Meade bei Washington, während er sich der Richterin Denise Lind zuwandte. Das tue ihm leid.

Der junge Whistleblower, der als Militäraufklärer der US-Armee in Irak der Enthüllerplattform Wikileaks über 700 000 Dokumente zugespielt hatte, war während seiner dreiminütigen Erklärung sichtlich nervös und versuchte, die Tränen zurückzuhalten. Er habe mit »vielen Problemen zu kämpfen gehabt«, die bis heute andauern würden. Dennoch seien sie »keine Entschuldigung« für seine Enthüllungen. Die Entscheidung dazu habe er damals bewusst gefällt. Er sei sich dabei sicher gewesen, dass sie »Menschen helfen und nicht verletzen« würden. Hätte er damals gewusst, welche schweren Konsequenzen sie nach sich ziehen würden, dann hätte er versucht, »aggressiver von innerhalb des Systems aus« Einfluss zu nehmen. Er werde »den Preis zahlen«, wolle aber auch »ein besserer Mensch werden«, einen Universitätsabschluss und eine Ausbildung machen sowie die Beziehungen zu seiner Familie verbessern. Er hoffe, »an einen produktiven Ort in der Gesellschaft zurückzukehren«.

Der Obergefreite war vor Anfang August u. a. wegen Spionage, Geheimnisverrats, Computerbetrugs und Diebstahls für schuldig erklärt worden. Den Vorwurf der »Feindunterstützung«, der ihm lebenslang ohne Bewährung eingebracht hätte, ließ die Richterin allerdings fallen. Die Höchststrafe liegt nunmehr bei 90 Jahren.

Mannings kurze Aussage war Teil des letzten Prozessabschnittes, in dem das Strafmaß von Richterin Lind festgelegt wird. Es wird in der kommenden Woche erwartet.

In den vergangenen Tagen hatte die Verteidigung Zeugen zu Wort kommen lassen, die Mannings psychische Probleme erklärten. Hauptmann Michael Worsley, der ihn zwischen Dezember 2009 und Mai 2010 während seines Einsatzes in Irak behandelte, bezeugte, dass Manning unter enormem Stress stand. Er hatte Probleme mit seiner sexuellen Identität und war gleichzeitig in einer »hyper-maskulinen« Umgebung des Krieges. Der Kriminalpsychologe David Moulton bescheinigte Manning eine Geschlechtsidentitätsstörung, die sich durch den Dienst im Militär verstärkt habe. Manning sei der Auffassung gewesen, dass die Information, die er weitergab, »die Sicht der Welt auf die Kriege in Irak und in Afghanistan ändern könnte, sogar die Sicht auf alle zukünftigen Kriege«, sagte Moulton.

Wikileaks reagierte auf Mannings überraschende Entschuldigung mit Verständnis. Militär und Gericht würden ihm mit massivem Druck nur noch die »Selbsterniedrigung« lassen. In der nächsten Woche sei eine Strafe von 30 bis 40 Jahren Haft im Militärgefängnis zu befürchten, so Beobachter seines Unterstützernetzwerks gegenüber »nd«.

Manning ist mittlerweile auch Kunst und Kult: So im Theaterstück »The Radicalisation of Bradley Manning« von Tim Price, das in einer Gastaufführung des walisischen Nationaltheaters noch bis zum 25. August in Edinburgh zu sehen ist. Und die Organisation »RootsAction« hat dem Nobelinstitut in Oslo 100 000 Unterschriften übergeben, die für Manning den Friedensnobelpreis fordern.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 16. August 2013

Bradley Manning äußerte sich laut New York Times wie folgt:

I’m sorry that my actions hurt people.
I’m sorry that they hurt the United States. At the time of my decision, as you know, I was dealing with a lot of issues, issues that are ongoing and continue to affect me.
Although a considerable difficulty in my life, these issues * are not an excuse for my actions. I understood what I was doing and the decisions I made. However, I did not fully appreciate the broader effects of my actions. Those factors are clear to me now.

[* A reference to matters like his crisis over his gender identity, which he was confronting while on a military deployment in a combat zone.]

NYT: "Capt. David Moulton, a clinical psychiatrist who extensively examined his client after his arrest, described the stress and isolation that Private Manning was under, and framed his release of the documents to WikiLeaks as the immature, even neurotic act of an idealist who thought he could end all wars.
Under such stress, Captain Moulton said, 'his abnormal personality traits became more prominent — he was acting out his grandiose ideation, his difficulties during that post-adolescent period. And ultimately, when he came into contact or had contact with the information which he ended up releasing, his decision-making capacity at that point was influenced by the stress of his situation, for sure.'"

CHARLIE SAVAGE: Manning, Facing Prison for Leaks, Apologizes at Court-Martial Trial, in: New York Times, August 14, 2013




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