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Kampf um die Beweisstücke

Siebte Anhörung im Fall Bradley Manning. Hauptverhandlung soll im Februar 2013 beginnen

Von Jürgen Heiser *

Im Fall des als »Whistleblower« der Enthüllungsplattform Wiki¬leaks angeklagten US-Obergefreiten Bradley Manning ist am vergangenen Donnerstag die siebte vorgerichtliche Anhörung vor dem Militärgericht in Fort Meade, Maryland, zu Ende gegangen. Als letzte Amtshandlung setzte die Vorsitzende Richterin Oberst Denise Lind den Beginn des Hauptverfahrens auf den 4. Februar 2013 fest. Verschoben wurde auch die juristische Auseinandersetzung um den Einstellungsantrag von Mannings Hauptverteidiger David Coombs. Sie soll nun erst in einer eigens dafür angesetzten weiteren Anhörung vom 29. Oktober bis 2. November geführt werden. Anwalt Coombs hatte dem Pentagon in seinem Antrag detailliert nachgewiesen, Manning bereits vor dem Prozeß in der Isolationshaft des Militärgefängnisses der Quantico Marinebasis einer »ungesetzlichen Bestrafung« unterworfen zu haben (siehe jW vom 27.8.). Da die Staatsanwaltschaft sich dazu noch ausführlich einlassen will, ist eine Entscheidung des Gerichts über den Einstellungsantrag nicht vor Ende November zu erwarten. Mitte Oktober soll zuvor noch zwei Tage lang über die Frage gestritten werden, welche von der Verteidigung zu Mannings Haftbedingungen geladenen Zeugen am Monatsende aussagen dürfen.

Die Verantwortung für die schon zur Routine gewordenen Terminverschiebungen, die für den 24jährigen Manning eine ständige Verlängerung der seit Mai 2010 dauernden Untersuchungshaft bedeuten, trägt die Anklagebehörde. Immer wieder muß Anwalt Coombs mündlich oder schriftlich insistieren, bevor verschwiegene oder als »geheim« eingestufte Aktenteile auch der Verteidigung zur Verfügung gestellt werden. So verhielt es sich etwa vor der jüngsten Anhörung, als Staatsanwalt Major Ashden Fein 84 E-Mails aus Quantico an Coombs schickte, mit denen sich nach Feststellung des Anwalts die »flagrante Verletzung der Verfassungsrechte« seines Mandanten in der Haft belegen lassen. Doch Coombs wußte aus Querverweisen der ihm vorliegenden Akten, daß weitere 1290 E-Mails existieren müßten und beschwerte sich erneut über das Zurückhalten relevanter Beweismittel. Erst danach präsentierte der Anklagevertreter zu Beginn der Anhörung 600 weitere E-Mails. Als Coombs ankündigte, die Herausgabe »der immer noch fehlenden rund 700 E-Mails zu erzwingen«, übergab Staatsanwalt Morrow dem Gericht am zweiten Tag der Anhörung auch die restlichen Dokumente.

Wie wichtig der Kampf um jedes unbekannte Beweisstück für Manning ist, hatte sich gezeigt, als Coombs vor der Anhörung anhand der ersten 84 E-Mails herausfand, daß es der »Drei-Sterne-General Flynn« des Pentagon war, der die strengen Sonderhaftbedingungen gegen Manning in Quantico angeordnet hatte. Für das »Bradley Manning Support Network« der klare Beweis, daß die Gestaltung von Haftbedingungen und Verfahren der direkten Befehlsgewalt des Pentagon untersteht.

Eine längere juristische Debatte hatte sich kurz vor Ende der Anhörung noch an der von Coombs gewünschten Einführung verschiedener Erklärungen offizieller Regierungsvertreter in das Verfahren entzündet. Es geht dabei um Äußerungen von Exverteidigungsminister Robert Gates, Pentagonsprecher Oberstleutnant Lapan und Außenministerin Hillary Clinton über Wikileaks. Die Anklage widersprach dem Antrag und forderte, das Gericht solle die Erklärungen »faktisch zur Kenntnis nehmen, nicht aber dem Inhalt nach«. Richterin Lind reagierte irritiert: »Wenn es keinen Inhalt gibt, welchen Sinn hat es dann, die Existenz zu bestätigen?« Darauf blieb Staatsanwalt Morrow eine schlüssige Antwort schuldig.

Nach Schließung der Anhörung erwartete David Coombs die Prozeßbesucher der Solidaritätsbewegung am Ausgang des Gerichtssaales und dankte jedem einzelnen per Handschlag für die Unterstützung seines Mandanten.

* Aus: junge Welt, Montag, 03. September 2012


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