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Die Schließung von Guantánamo stand am Beginn der Präsidentschaft von Barack Obama - Was ist daraus geworden?

Rede von US-Justizminister Eric H. Holder in Berlin - amnesty international mahnt

Am 29. April 2009 besuchte US-Justizminister Eric H. Holder Berlin. amnesty international nutzte den Anlass zu einem Appell an die Bundesregierung, sie möge doch auf ein schnelles Ende von Guantánamo hinwirken. Im Folgenden dokumentieren wir

  1. die Rede des US-Justizministers in Berlin,
  2. einen Kommentar aus dem "Neuen Deutschland",
  3. eine Presseerklärung von amnesty international.


Im Folgenden dokumentieren wir die unwesentlich gekürzte Rede von US-Justizminister Eric H. Holder bei der American Academy in Berlin vom 29. April 2009. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Die Schließung von Guantánamo

Rede des US-Justizministers Eric H. Holder

Es ist mir eine große Ehre, heute bei Ihnen im Hans Arnhold Center der American Academy in Berlin zu sein.

Ich denke, es ist angemessen, dass die Academy die Pflege eines Gebäudes innehat, das in der Geschichte als Zufluchtsort der Freiheit und als Forum für kulturellen Austausch einen besonderen Platz einnimmt.

Als sich Koryphäen wie Richard Holbrooke, Richard von Weizsäcker, mein ehemaliger Professor Fritz Stern und Otto Graf Lambsdorff zusammentaten, um die American Academy zu gründen, wussten sie, dass wir die Bande der Freundschaft zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland stärken müssen, nicht nur für die Zukunft unserer beiden Ländern, sondern, damit wir gemeinsam die Flamme der Freiheit beschützen können, die überall auf der Welt die dunklen Winkel des menschlichen Wesens erhellt.

Immer wieder ist die Stärke dieser Flamme in Berlin auf die Probe gestellt worden, und die widerstreitenden Pfade der Freiheit und Unterdrückung haben in dieser Stadt häufig ihre Wege gekreuzt.

Sechzig Jahre lang haben sich die Vereinigten Staaten in diesen entscheidenden Momenten unbeirrbar hinter die Bürger dieser Stadt gestellt und der Welt die Stärke unserer gemeinsamen Werte gezeigt.

1948, als die Sowjetunion zwei Millionen unschuldige Bürger mit einer Blockade bedrohte und ihnen Lebensmittel und grundlegende Dienste verweigerte, ordnete Präsident Truman eine beispiellose Luftbrücke an, um unsere Freunde zu schützen und unsere Freiheit zu verteidigen.

Im Jahr darauf wurde unser Land durch die Gründung der NATO in einem gemeinsamen Bündnis zur Förderung von Frieden und der Gewährleistung einer gemeinsamen Verteidigung an Europa gebunden. Nur sechs kurze Jahre später hieß das Bündnis Westdeutschland als vollwertiges Mitglied im Bündnis willkommen. Das Bündnis, die Partnerschaft, die wir damals eingingen, um unsere Länder bei der Verteidigung unserer gemeinsamen Werte zu einen, hat seither Frieden in die vom Krieg zerrissenen Länder auf dem Balkan gebracht und eröffnet heute den Bürgern Afghanistans neue Hoffnung.

Die Menschen in dieser großartigen Stadt wissen, was Hoffnung ist. Die Vereinigten Staaten arbeiteten mehr als vierzig Jahre lang mit den Bürgern eines zerbrochenen Berlins zusammen, als die Stadt vom Westen abgeschnitten und durch eine Mauer geteilt war, die für das Schlimmste im Menschen stand. Diese Akademie war in der Tat ein Treffpunkt für amerikanische Offiziere in dem Teil der Stadt, der damals der amerikanische Sektor war.

Vor sechsundvierzig Jahren besuchte Präsident Kennedy, den ich sehr bewundere, diese Stadt, stand an der Mauer und sagte: "Alle freien Menschen, wo sie auch leben mögen, sind Bürger Berlins."

Präsident Reagan griff diese Worte des jungen Präsidenten 1987 wieder auf, als er in einer Rede am Brandenburger Tor sagte: "Ja, quer durch Europa wird die Mauer fallen. Denn sie kann dem Glauben nicht standhalten. Sie kann der Wahrheit nicht standhalten. Die Mauer wird der Freiheit nicht standhalten können."

Und ein Präsidentschaftskandidat der Vereinigten Staaten, eine Person, die ich ziemlich gut kenne, Barack Obama, kam vergangenen Juli hierher und sagte: "Gerade diese Stadt unter allen Städten kennt den Traum der Freiheit. Und Sie wissen, dass der einzige Grund, warum wir heute Abend hier stehen, der ist, das Frauen und Männer aus unseren beiden Ländern zusammenarbeiteten, kämpften und gemeinsam Opfer für dieses bessere Leben brachten."

In der dunkelsten Stunde der Vereinigten Staaten, nach den Anschlägen vom 11. September 2001, standen uns die Bürger Deutschlands zur Seite. Präsident Kennedy mag gesagt haben, dass wir alle Bürger Berlins sind, aber als die Zukunft Gefahr lief, die Freiheit zu verlieren, in diesen Stunden und Tagen, als der Rauch und der Staub noch in der Luft lagen, ließen uns unsere europäischen Bündnispartner mit Worten und Taten wissen, dass "wir alle Amerikaner sind". Diese Unterstützung werden die Amerikaner niemals vergessen. Dafür werden wir immer dankbar sein.

Als unser Schock und unser Schmerz noch frisch waren, standen wir als eine geeinte internationale Gemeinschaft Seite an Seite und waren uns in der ernsten Entschlossenheit einig, den Terrorismus in jeder Höhle und Spalte der Welt auszumerzen. In einem Augenblick der Geschichte, der nie geschrieben wurde, hätten wir zusammen diesen tragischen Moment dazu verwenden können, die Fackel der Freiheit noch heller und weiter scheinen zu lassen als jemals zuvor. Die Entscheidungen, die in den folgenden Jahren getroffen wurden, sind schon lange diskutiert worden und werden noch von zukünftigen Generationen studiert werden. Aber lassen Sie mich eines deutlich sagen. Lassen Sie mich heute Abend ganz deutlich sagen: Der zukünftige Kurs der Vereinigten Staaten wird den Geist unseres historischen Bündnisses und die Bezeugungen der Unterstützung und Freundschaft ehren, die uns nach diesem schrecklichen Tag zuteil wurden, und das gleiche gilt für unser Bekenntnis zur Rechtsstaatlichkeit.

Nichts symbolisiert unseren neuen Kurs mehr als unsere Entscheidung, das Gefängnis auf Guantánamo zu schließen.

Ich habe vor kurzem Guantánamo besucht. Ich war der Auffassung, dass es meine Pflicht sei, die Haftanstalt zu sehen, mich mit den dort stationierten Militärangehörigen zu treffen und, soweit mir das möglich war, den Stand der Dinge einzuschätzen. Ich denke, dass ich mit Überzeugung sagen kann, dass das Gefängnis jetzt effizient und auf professionelle Art und Weise geführt wird und die Gefangenen human behandelt werden.

Präsident Obama ist der Ansicht, und ich teile seine Meinung, dass Guantánamo heute für eine Zeit und eine Herangehensweise steht, die wir hinter uns lassen wollen: eine Missachtung unserer Jahrhunderte alten Achtung der Rechtsstaatlichkeit und eine Herangehensweise des Alleingangs, die unsere Verbündeten befremdet, unsere Gegner angestachelt und schließlich unseren Kampf gegen den Terrorismus geschwächt hat.

Einfach ausgedrückt: Eine Aufrechterhaltung der Hafteinrichtung in Guantánamo Bay macht die Vereinigten Staaten weniger sicher und macht unsere Freunde in dieser und in anderen europäischen Städten weniger sicher.

Aus diesem Grund war eine der ersten Amtshandlungen von Präsident Obama ein Präsidialerlass, der die Schließung von Guantánamo innerhalb eines Jahres forderte.

In der internationalen Gemeinschaft haben Viele umgehend darauf hingewiesen, dass die Logistik der Gefängnisschließung nicht einfach sein wird. Und das ist sehr sehr richtig. Ich gehe in der Tat davon aus, dass es eine der größten Herausforderungen sein wird, die sich mir als Justizminister stellen wird.

Der Präsident hat angeordnet, dass ich ein Team zur Feststellung des Umgangs mit jedem Gefangenen, der dort untergebracht ist, leite. Wir müssen einen Plan entwickeln, der US-Gesetzen und dem Völkerrecht entspricht, während wir die Sicherheit der amerikanischen Bevölkerung gewährleisten. Bei einigen Gefangenen wird die Entscheidung ziemlich leicht sein. Bei einigen wird unser Fazit sein, dass sie keine Gefahr mehr für die Vereinigten Staaten oder ihre Freunde darstellen und entlassen oder in den Gewahrsam anderer Länder überstellt werden können. Die Regierung Bush ist bereits bei vielen Gefangenen so vorgegangen. Bei anderen werden wir uns entscheiden, sie vor ein Bundesgericht zu stellen.

Wir machen täglich Fortschritte. Ich kann Ihnen versprechen, dass unsere abschließenden Lösungen auf der Verfassung der Vereinigten Staaten und dem Internationalen Kriegsvölkerrecht, einschließlich der Genfer Konventionen, basieren und in Einklang mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Geschichte unserer Länder stehen werden.

Wir haben diese Kriterien bei einem Gefangenen mit dem Namen Ali al-Marri genau abgewogen und eingehalten. Al-Marri saß in South Carolina mehr als fünf Jahre in einem Marinegefängnis und wurde nicht angeklagt, ohne Aussicht auf eine Entlassung oder Anklage. Im Februar hat ihn das Justizministerium aber vor einem Bundesgericht in zwei Anklagepunkten der Verschwörung mit anderen zur materiellen Unterstützung der Al Kaida angeklagt. Er wird bald für seine Straftaten zur Rechenschaft gezogen werden und der Gerechtigkeit wird genüge getan werden – vielleicht durch seine Verurteilung, aber ganz sicher dadurch, dass er die Gelegenheit hat, sich in einem offenen Gericht zu verteidigen.

Wir werden keine einheitliche politische Strategie und keinen umfassenden Ansatz finden, der angemessen auf alle Gefangenen angewandt werden kann. Aber wenn wir jeden Fall einzeln betrachten, bin ich zuversichtlich, dass wir es richtig machen werden.

Während wir an der Schließung Guantánamos arbeiten, hat der Präsident uns auch angewiesen, neue politische Richtlinien zu entwickeln, um den Umgang mit zukünftigen Gefangenen zu regeln, die im Kampf gegen den Terrorismus gefangen genommen werden. So wichtig Lösungen für die derzeitigen Gefangenen auch sind, ist es ebenso wichtig, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und sie nicht wiederholen.

Um zu sehen, welche Prinzipien unsere Herangehensweise leiten werden, sehen Sie sich doch die Maßnahmen an, die wir kürzlich in unserem Rechtssystem ergriffen haben, als wir in Zusammenhang mit den Guantánamo-Gefangenen die Bezeichnung „feindlicher Kombattant“ gestrichen haben, die für unsere Verbündeten überall auf der Welt zu einem unnötigen Reizwort geworden war. Während die Symbolkraft dieser Entscheidung Schlagzeilen gemacht hat, werden Sie darin auch eine rechtliche Erklärung finden, die die Art und Weise zeigt, mit der diese Regierung in Angelegenheiten der Gefangenen vorgehen wird.

Anstatt unverblümt geltend zu machen, dass der Präsident die rechtmäßige Befugnis hat, Personen gefangen zu halten, haben wir unsere Befugnis auf einen Erlass des Kongresses gegründet, nämlich im Rahmen der Genehmigung zur Anwendung militärischer Gewalt (Authorization for the Use of Military Force) durch den Kongress in den Tagen nach den Anschlägen vom 11. September. Wir stützten uns dabei auf das internationale Kriegsvölkerrecht, das über die Jahrhunderte hinweg entwickelt wurde und in den Augen unserer weltweiten Verbündeten Legitimität besitzt.

Durch diese Herangehensweise wird unsere Nation stärker und sicherer sein.

Wir stellen uns diesen Problemen und treffen die schweren Entscheidungen, die dieser Augenblick in der Geschichte erfordert. Wir können uns diesen Herausforderungen aber nicht alleine stellen. Genauso wie wir uns mit unseren internationalen Verbündeten zusammengetan haben, um den Eisernen Vorhang zu Fall zu bringen, der diese großartige Stadt teilte, müssen wir auch zusammenarbeiten, um Guantánamo zu schließen.

Unsere Geschichte hat gezeigt, dass Europa und die Vereinigten Staaten am stärksten sind, wenn sie kooperieren. Ein Ozean liegt zwischen unseren Ländern, aber durch unseren Glauben an Rechtsstaatlichkeit und ein Engagement zur Verbreitung von Freiheit und Wohlstand in jedem Winkel der Erde sind wir geeint. Ebenso wie wir im vergangenen Jahrhundert den Kommunismus gemeinsam besiegt haben, werden wir auch die internationalen Terrornetzwerke besiegen, die unsere Kulturen in diesem Jahrhundert bedrohen. Wir werden das aber nicht nur mit der Kraft unserer Armeen tun, sondern mit der Stärke unserer Ideen und dem Vorbild unserer Handlungen. Und wir müssen es gemeinsam tun.

Ich weiß, dass Europa Guantánamo nicht eingerichtet hat, und dass in der Tat viele hier auf dem Kontinent dagegen waren. Aber da wir nun die Seite zu einem Neuanfang aufschlagen, obliegt es uns allen, neue Lösungen zu unterstützen, die frei von Groll und der Rhetorik sind, die uns in der Vergangenheit gespalten hat. Zur Schließung Guantánamos müssen wir alle Opfer bringen und bereit sein, unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Die Vereinigten Staaten sind bereit, ihren Teil dazu beizutragen, und wir hoffen, dass Europa sich daran beteiligen wird – nicht aus einem Gefühl der Verantwortung heraus, sondern aufgrund der Entschlossenheit für die Zusammenarbeit mit einem seiner ältesten Verbündeten, um eine der weltweit drängendsten Herausforderungen zu bewältigen. Die Geschichte der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ist eine, in der sich beide Seiten des Atlantiks in Zeiten der Not hilfesuchend an die andere gewandt haben, und heute ist es nicht anders.

Die Verfassung der Vereinigten Staaten – unser Gründungsdokument und lebendiger, atmender moralischer Kompass – beginnt mit dem Streben nach einer „perfekteren Union“. Diese Worte beinhalten natürlich auch, dass wir nicht perfekt sind. Wir machen Fehler. Aber wir streben nach Perfektion. Ich bin zuversichtlich, dass die Schritte, die Präsident Obama zur Schließung des Gefängnisses in Guantánamo Bay unternimmt, dazu beitragen werden, eine sicherere und perfektere Welt zu schaffen. Und ich hoffe, dass Sie uns bei diesem Unterfangen unterstützen werden.

Vielen herzlichen Dank.

* Originaltext: Closing Guantánamo; Siehe: http://germany.usembassy.gov/

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten


Fuß in der Tür

Von Olaf Standke **

Vor dem Berlin-Besuch des US-Justizministers Holder hat Amnesty International die Bundesregierung gestern (29. April) in die Pflicht genommen: Berlin müsse auf ein schnelles Ende der »illegalen Haft für Guantanamo-Häftlinge« hinwirken. Denn obwohl Barack Obama mit einer seiner ersten Amtshandlungen eine langjährige AI-Forderung endlich erfüllt und die Schließung des berüchtigten Gefangenenlagers angekündigt hat, ist die Menschenrechtsorganisation unzufrieden mit dem Stand der Dinge. Zu wenig habe der Präsident von seinen Versprechungen anschließend umgesetzt. Erst ein Gefangener konnte das Lager verlassen. Dieses dunkle Kapitel Washingtoner Außenpolitik sieht Amnesty jedoch erst abgeschlossen, wenn die illegalen Inhaftierungen vollständig beendet und die Verantwortlichen für die massiven Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen sind.

Letzteres scheint Obama aber unbedingt vermeiden zu wollen, wie sein Persilschein für alle Folterknechte der CIA nahe legt. Um so bemerkenswerter die Entscheidung eines Berufungsgerichts in San Francisco, jetzt eine Zivilklage gegen den mutmaßlichen CIA-Dienstleister Jeppesen DataPlan zuzulassen – gegen den Einspruch der US-Regierung. Die Tochter des Flugzeugbauers Boeing soll den Geheimdienst jahrelang bei sogenannten außerordentlichen Überstellungen unterstützt haben. Und selbst die gern als Feigenblatt missbrauchte »Gefährdung der nationalen Sicherheit« zog hier nicht mehr. Endlich hätten Folteropfer »einen Fuß in der Tür« zu den Gerichten, begrüßten Bürgerrechtler in den USA das Urteil. Es könnte für Obama noch politisch schmerzhafte Folgen haben.

** Aus: Neues Deutschland, 30. April 2009 (Kommentar)


amnesty international:

KURZ NACH AMTSANTRITT HAT PRÄSIDENT BARACK OBAMA EINE REIHE VON VERSPRECHUNGEN GEMACHT, JEDOCH WENIG DAVON UMGESETZT

HUNDERT TAGE BARACK OBAMA: ZWIESPÄLTIGE AUSSAGEN ZUR STRAFLOSIGKEIT VON FOLTER UND MISSHANDLUNG ***

29. April 2009 - Kurz nach Amtsantritt hat Präsident Barack Obama eine Reihe von Versprechungen gemacht, jedoch wenig davon umgesetzt. Zu diesem Schluss kommt ein heute veröffentlichter Bericht von Amnesty International. Seit Obamas Ankündigung, das Lager Guantánamo zu schließen, kam erst ein einziger Gefangener frei. Auch die humanitäre Aufnahme von Gefangenen in Europa lässt weiter auf sich warten. Die Menschenrechtsorganisation fordert den US-Präsidenten auf, eine unabhängige Untersuchungskommission einzurichten und die Verantwortlichen für Folter und Misshandlungen zur Rechenschaft zu ziehen. Amnesty fordert die Bundesregierung auf, den Besuch des US-Justizministers Eric Holder am heutigen Mittwoch in Berlin zu nutzen, um gemeinsam auf ein schnelles Ende der illegalen Haft für Guantánamo-Häftlinge hinzuwirken. Dazu gehört es, die USA an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen zu erinnern, aber auch praktisch die Aufnahme einiger Inhaftierter anzubieten, die nicht in ihre Heimatländer entlassen werden können, weil ihnen dort Folter und Verfolgung droht.

Präsident Obama hat vier Memoranden der Vorgängerregierung zur Veröffentlichung frei gegeben, welche die CIA ermächtigten, Gefangene in geheimer Haft mit Folter und anderen Misshandlungen zu verhören. Obama hat die Folterpraxis verurteilt, aber gleichzeitig erklärt, dass niemand für Handlungen verurteilt werde, die seinerzeit den Richtlinien des Justizministeriums entsprochen hätten.

Obama hat eine Verfügung zur Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo unterzeichnet, sich aber nicht darauf festgelegt, die Gefangenen entweder vor zivilen Gerichten anzuklagen oder sie frei zu lassen. Der Präsident hat versprochen, dass die Fälle der rund 240 Häftlinge "nacheinander und so schnell wie möglich" überprüft würden, um festzustellen, ob sie verlegt oder entlassen werden könnten. Bis heute erlangte nur ein Gefangener die Freiheit und keiner wurde angeklagt. Und dies, obwohl bereits US-amerikanische Bundesrichter die sofortige Entlassung von einzelnen Gefangenen angeordnet haben.

Präsident Obama hat angeordnet, dass die CIA alle geheimen Haftanstalten schließt und keine solchen Einrichtungen mehr nutzt. Er hat jedoch die Möglichkeit offen gelassen, auch in Zukunft Personen zu entführen und im Ausland "für kurze Zeit und vorübergehend" zu inhaftieren.

Mit einer präsidialen Verfügung hat Obama die Anwendung von Folter und anderen Formen von Misshandlungen bei Verhören untersagt. Gleichzeitig hat er ohne Einschränkung die Vernehmungsmethoden aus dem Armeehandbuch (Army Field Manual) zugelassen. Darin werden Schlafentzug, Isolationshaft sowie auch die Ausnutzung von Phobien von Gefangenen nicht ausgeschlossen, was dem internationalen Verbot von Folter und Misshandlungen widerspricht.

"Amnesty International begrüßt das Verbot der Folter und die von Präsident Obamaangekündigte Schließung von Guantánamo ", erklärte Ferdinand Muggenthaler, USA-Experte von Amnesty International. "Aber solange die USA die illegalen Inhaftierungen nicht beenden und die Verantwortlichen der Bush-Regierung für Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen nicht zur Rechenschaft ziehen, ist das Kapitel nicht abgeschlossen."

Den vollständigen Bilanzbericht "Mixed Messages. Counter Terror and Human Rights: President Obama's First 100 Days" sowie eine aktuell auf den Stand der Umsetzung kommentierte Liste von Empfehlungen und Erwartungen, die Amnesty vor Obama vor seinem Amtsantritt übermittelt hatte, finden Sie hier als Download im PDF-Format:
Amnesty-Bericht "Mixed Messages. Counter Terror and Human Rights: President Obama's First 100 Days" (31 S., Englisch); hier als pdf-Datei (externer Link))

*** Quelle: www.amnesty.de


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