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Clinton: Energie gewinnt in der Außenpolitik an Bedeutung

Von Charlene Porter *


Die Vorgängerin von Hillary Clinton, Condoleezza Rice, hatte in ihrer Amtszeit als US-Außenministerin unter Präsident George W. Bush die "transformational diplomacy" erfunden. Sie sollte eine Richtschnur für die Politik der USA insbesondere jenen Regimen gegenüber sein, die sich nicht unter das weltpolitische oder ökonomische Diktat der USA beugen wollten. Die Wirklichkeit war aber dann weniger von "Diplomatie", sondern mehr von Intervention und Krieg geprägt.
Die amtierende Außenministerin unter Barack Obama, Hillary Clinton, hat nun in einer programmatischen Rede eine neue "Diplomatie" ins Spiel gebracht: "energy diplomacy", Energiediplomatie. Damit ist sie einerseits näher dran an den realen Problemen der Politik - die sich bei knapper werdenden Ressourcen immer mehr um deren Sicherung bemüht -, verschleiert aber die Gewaltdimension der "Energiediplomatie". Wurden nicht um der Sicherung fossiler Energieressourcen Willen Krieg am Golf, in Afghanistan und in Libyen geführt?
Im Folgenden dokumentieren wir einen Text von Charlene Porter vom Büro für internationale Informationsprogramme im US-Außenministerium, der am 18. Oktober herausgegeben wurde. Darin geht es um das neue Konzept der Außenministerin: "Energiediplomatie". Die Übersetzung ins Deutsche besorgte der Amerika Dienst.



Eine sichere, verlässliche und ausreichende Energieversorgung beizubehalten werde für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten im 21. Jahrhundert von Bedeutung sein, sagte US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton am 18. Oktober in einer programmatischen Rede zur Energiediplomatie.

„Das Thema Energie hat mit Wohlstand und Macht zu tun. Das bedeutet, es kann eine Quelle für Konflikte, aber auch für Kooperation sein”, sagte Clinton. Sie bezeichnete diese Ära als Zeit des „tiefgreifenden Wandels” auf den globalen Energiemärkten, weil die Nachfrage in wachsenden Volkswirtschaften steige, der Wettbewerb um die Versorgung schärfer werde und neue Formen der Energieversorgung entdeckt und entwickelt werden.

In ihrer Rede auf dem Campus der Georgetown University in Washington sagte Clinton, dass die Vereinigten Staaten sich darum bemühen werden, international eine führende Rolle zu spielen um sicherzustellen, dass alle Länder Zugang zu der Energie bekämen, die sie für ihr Wachstum benötigten. Die Ausweitung des Zugangs zu Energie auf 1,3 Milliarden Menschen, die derzeit keinen Zugang zu Elektrizität hätten, sei auch für die Zukunft wichtig.

Diese Ziele müssten verfolgt werden, ohne Umweltschäden zu verursachen oder Monopole zu schaffen.

„Energiemonopole führen zu Risiken“, sagte Clinton. „Überall auf der Welt kann die zu starke Abhängigkeit der Energieversorgung eines Landes von einem anderen dazu führen, dass die politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit des Landes bedroht wird.“

Aus diesem Grund habe die NATO Energie als wichtiges Thema auf der Sicherheitsagenda erkannt und die Vereinigten Staaten arbeiteten daran, in Südeuropa gerechte Verteilungswege für Erdgas aus dem Kaspischen Meer zu unterstützen, sagte Clinton.

Die Bemühungen der Vereinigten Staaten, die internationale Gemeinschaft dazu zu ermutigen, Sanktionen gegen Iran zu erlassen, um das Land von der Entwicklung von Atomwaffen abzubringen, sei die wichtigste Aufgabe im Bereich Energiediplomatie, so Clinton. „Mühsame Diplomatie“ sei betrieben worden, um mehr Unterstützung für die Sanktionen zu bekommen und sie effektiv zu machen, sagte sie. Als Reaktion auf die Bedenken hinsichtlich eines Ölmangels aufgrund eines Ausfalls iranischer Importe hätten die Vereinigten Staaten ihre eigene Ölproduktion um 700.000 Barrel Öl pro Tag erhöht, gab Clinton an.

„Wir konnten einen nie da gewesenen wirtschaftlichen Druck auf Iran ausüben, während wir gleichzeitig die Belastung für andere Länder minimieren konnten“, sagte sie.

Dieser Erfolg ermutigte die Vereinigten Staaten auch dazu, den Disput zwischen Sudan und Südsudan über die Infrastruktur für Ölversorgung und -exporte beizulegen. Sie sagte, die Parlamente beider Länder hätten eine Kooperationsvereinbarung verabschiedet, wobei die Lage dennoch „instabil“ sei.

Amerikanische Bemühungen im Bereich Energiediplomatie führten nach dem Amerika-Gipfel Anfang 2012 zu bedeutenden Fortschritten in der westlichen Welt. Clinton sagte, die Initiative unter der Führung Kolumbiens heiße Connecting the Americas 2022.


„Wenn man die Energiemärkte vergrößert, können wir Skaleneffekte schaffen, zu mehr privaten Investitionen anregen, geringere Kapitalkosten und letztlich auch geringere Kosten für die Verbraucher erzielen“, sagte Clinton.

Darüber hinaus werde durch eine Initiative der Vereinten Nationen eine Kampagne geleitet, in deren Rahmen einer Milliarde Menschen Zugang zu Elektrizität ermöglicht werde, die diesen Zugang bisher nicht hätten. Clinton sagte, das Ziel von Sustainable Energy for All bestehe darin, bis 2030 allgemeinen Zugang zu Energie zu ermöglichen, die Wachstumsrate bei energieeffizienten Technologien und den Anteil erneuerbarer Energien als Energielieferanten zu erhöhen.

Die Kampagne solle Nationen auch dazu drängen, wettbewerbsfähige und transparente Energiemärkte zu schaffen, um mehr internationale Investitionen anzuziehen. So werde ärmeren Menschen geholfen, die zu viel für eine unzureichende und unsaubere Energieversorgung wie durch Diesel oder Kohle bezahlen, sagte Clinton.

Diese Bemühungen gingen außerdem mit der amerikanischen Kampagne für saubere Öfen (U.S. Clean Cookstove Campaign) Hand in Hand, die Clinton Anfang des Jahres zur Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen und Beendigung der Luftverschmutzung ins Leben gerufen hat, die in Millionen Haushalten stattfindet, in denen für das Kochen offene Feuerstellen genutzt werden. Zwischen 1,6 und zwei Millionen Menschen sterben jedes Jahr an Atemwegserkrankungen, die durch Luftverschmutzung im Haus verursacht werden. Die meisten davon sind Frauen und Kinder.

Es herrsche noch große Unsicherheit bei komplexen geopolitischen Aspekten, die die Energiesicherheit beeinflussen, aber die Bedeutung des Themas stehe außer Frage.

„Wir müssen uns überall auf der Welt einbringen“, sagte Clinton. „Die zukünftige Sicherheit und der Wohlstand unseres Landes und der übrigen Welt stehen auf dem Spiel und wir alle, insbesondere alle, die heute hier sind, haben ein Interesse daran, wie dies ausgeht.“

Clinton sagte, sie habe im Außenministerium eine Organisation geschaffen, die sich hauptsächlich mit Energiediplomatie befasse. Sie weise zudem die Botschaften auf der ganzen Welt an, sich in allen Ländern mehr in diesem Bereich zu engagieren und neue Partnerschaften aufzubauen, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anzugehen.

Originaltext: Energy Security a U.S. Foreign Policy Priority, Clinton Says. http://iipdigital.usembassy.gov [externer Link]
Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten.



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