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Keine Gnade für die Cuban Five?

Wayne S. Smith über den Prozess und die USA-Politik gegen Kuba / Smith leitete die US-Interessenvertretung in Havanna von 1979 bis 1982 *


ND: Am 11. Oktober wird die Verteidigung der Cuban Five wieder versuchen, den Fall neu aufzurollen. Die fünf kubanischen Agenten sitzen wegen angeblicher Spionage seit zwölf Jahren in US-Strafanstalten ein. Warum ist bei den Cuban Five ein Austausch wie in anderen Fällen nicht in Sicht?

Smith: Das große Problem ist, dass sie der Spionage gegen die USA schuldig gesprochen wurden, obwohl es dafür keinen einzigen Beweis gibt. Sie wurden auf der Basis von Verdächtigungen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Das auszuräumen ist alles anders als einfach. Dazu bedarf es eines ausgeprägten politischen Willens.

Vor knapp zwei Jahren, mit dem Amtsantritt von Barack Obama, gab es viele Menschen, die gehofft haben, dass nun der Dialog mit Kuba beginnen würde. Etwas mehr Diplomatie in Sachen Cuban Five hätte der Auftakt sein können.

Wir alle waren guter Hoffnung, dass Obama Dinge ändern würde und wir alle wurden enttäuscht. Das lässt sich nicht ändern. Der Administration fehlt es am politischen Willen, ihre Kuba-Politik zu ändern.

Welche Rolle spielt der Fall Alan Gross? Der vermeintliche US-Entwicklungshelfer sitzt in Kuba im Gefängnis, weil er gegen kubanische Gesetze verstieß: Er führte Kommunikationstechnologie ein und verteilte sie in Havanna.

Der Fall hat sicherlich nicht zur Entspannung beigetragen, aber Gross hat gegen kubanische Gesetze verstoßen. Er war einer dieser Entwicklungshelfer, die Demokratie in Kuba fördern sollten. In diesem Zusammenhang hat er Kommunikationsgeräte illegal nach Kuba eingeführt.

Gibt es nicht die Möglichkeit eines Austauschs von Gross gegen die Cuban Five?

Wohl kaum fünf gegen eins. Natürlich wäre so etwas denkbar, aber die US-Administration hat einen derartigen Deal bereits ausgeschlossen.

Wo sehen Sie die größten Hindernisse für einen Wandel in der US-amerikanischen Kuba-Politik?

Ein wesentlicher Punkt ist sicherlich, dass es nach wie vor einen finanzstarken und einflussreichen Flügel innerhalb des kubanischen Exils in Miami gibt, der für eine abwartende Position plädiert.

Kuba hat inzwischen begonnen, 52 politische Gefangene freizulassen. Das Gros dieser Männer ist mittlerweile nach Spanien ausgereist und es wird wohl weitere Freilassungen geben. Damit ist eine Forderung der USA erfüllt. Warum tut sich trotzdem nichts in Washington?

Das wüsste ich auch gern – es ist eine sehr widersprüchliche Politik.

Barack Obama hat Ende September einen neuen Direktor für Radio und TV Martí, die US-Propagandasender gegen Kuba, benannt. Nicht gerade ein Zeichen der Annäherung, oder?

Nein, Radio und TV Martí gehören geschlossen und durch die Voice of America ersetzt, die für eine weniger tendenziöse Berichterstattung stehen. Aber die Administration hat sich anders entschieden und das zeigt, wie einflussreich die alte Garde in Miami immer noch ist.

Das klingt, als ob es wenig Hoffnung für die Miami Five gibt.

Der Prozess kann sich noch Jahre hinziehen, weil das US-Justizsystem sehr komplex ist und weil es am politischen Willen fehlt, einen von der UN-Menschenrechtskommission als unfair deklarierten Prozess wieder aufzurollen und neu zu verhandeln. Übrigens wäre eine Begnadigung von Seiten des Präsidenten durchaus möglich.

Fragen: Knut Henkel

* Aus: Neues Deutschland, 9. Oktober 2010


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