Drohgebärden gegen "Achse des Bösen"
US-Außenministerin Clinton nahm bei ASEAN-Treffen Iran und Nordkorea ins Visier
Von Hilmar König, Delhi *
Nach rund einer Woche Dauer hat die Washingtoner Außenministerin Hillary Clinton ihren Aufenthalt
in Asien beendet. Ihre Mission führte sie zunächst nach Indien und von dort zur regionalen
Sicherheitskonferenz der ASEAN (Assoziation Südostasiatischer Nationen) ins thailändische Phuket.
Das Ministertreffen der zehn ASEAN-Mitglieder und 16 weiterer Staaten in Phuket nutzte Clinton, um
die »Achse des Bösen« - ohne allerdings den aus aus der Bush-Zeit stammenden Begriff zu
verwenden - in den internationalen Blickpunkt zu rücken. Sie kritisierte erneut Iran wegen dessen
Atomprogramm und erklärte Washingtons Bereitschaft, einen »Verteidigungsschirm« über die
Golfregion zu spannen. Ein solches Gegengewicht zu Irans Streben nach regionaler Vorherrschaft,
drohte sie, würde die Sicherheit Teherans keineswegs erhöhen. Ob sich die Führung der
islamischen Republik davon beeindrucken lässt, bleibt abzuwarten, sieht sich doch Teheran ohnehin
schon mit starker US- und NATO-Präsenz in den Nachbarstaaten Irak, Saudi-Arabien und Kuwait,
der Türkei, Afghanistan und im Grenzgebiet zu Pakistan konfrontiert.
Nordkorea am anderen Ende der »Achse« wurde nicht unerwartet mit ähnlichen Drohgebärden
Hillary Clintons bedacht. Pjöngjang stehe allein auf weiter Flur, ihm seien »keine Freunde mehr
verblieben«, orakelte sie. Im gleiche Atemzug warnte sie vor der Gefahr, die KDVR könnte dem
Regime in Myanmar (früher Burma) nukleare Assistenz leisten. Sie mahnte die Nordkoreaner zur
Umkehr und lockte mit der Aussicht auf »wirtschaftliche und diplomatische« Hilfspakete, wenn sich
das Land der Morgenröte zur »Entnuklearisierung« bewegen ließe. Zugleich drängte sie die ASEAN
und andere Länder zu verschärften Sanktionen gegen die KDVR. Ihre »Empfehlung«, die
südostasiatische Staatengruppe sollte Myanmar wegen dessen rigiden Kurses gegen die
Demokratie- und Menschenrechtsbewegung ausschließen, wurde zurückgewiesen.
Während Teheran auf die Kritik des Weißen Hauses nicht offiziell reagierte, schossen die
Nordkoreaner zurück. Ihre Nachrichtenagentur zitierte einen nicht näher bezeichneten Beamten, der
Frau Clinton eine »spaßige Lady« genannt habe, die manchmal »wie ein Schulmädchen und
manchmal wie eine Rentnerin beim Einkaufen« daherkomme. Wer falsche Erklärungen abgebe,
müsse eben dafür zahlen, endete die Tirade.
Ohne Misstöne hingegen war Clintons Visite in Indien verlaufen. Diese war dringend notwendig
geworden, nachdem sich in Delhi immer mehr das Gefühl verbreitet hatte, nach dem Hoch in der
Bush-Ära - berühmt-berüchtigt wurde die Bemerkung des indischen Premiers Manmohan Singh, alle
Inder würden George W. Bush lieben - sei unter Barack Obama das Verhältnis zu Indien abgekühlt.
Deshalb bekräftigte die Außenministerin nun Washingtons Absicht, die bestehende strategische
Partnerschaft zu stärken und zu erweitern. Die Kooperation auf militärischem Gebiet, bei
Maßnahmen gegen den Terrorismus und im Handel soll vertieft werden. Und neue Felder der
Zusammenarbeit, beispielsweise in der Agrarwirtschaft, bei Wissenschaft und Technik sowie der
Emanzipierung von Frauen, sollen erschlossen werden. Ein wichtiges Abkommen über USRüstungsexporte
nach Indien, das die Weitergabe der Waffen an interessierte Drittländer verbietet,
ist angeblich nahezu fertiggestellt, ebenso eine Vereinbarung über Kooperation in der
Weltraumforschung sowie über den Bau von zwei US-Kernkraftwerken in Indien.
Trotz der freundlichen Atmosphäre konnten mit der Clinton-Visite fundamentale Gegensätze in der
Klimapolitik und bei den Debatten in der Welthandelsorganisation (WTO) nicht überspielt werden.
Ob die Chefin des State Departments die Inder wirklich davon überzeugt hat, dass sie als »vitale
Partner der USA bei der Schaffung einer stabilen Weltordnung« gelten, ist zweifelhaft. Politische
Beobachter in Delhi sehen zunehmende Anzeichen für eine sich herausbildende, aus den USA und
China bestehende »G2«, die künftig global dominiert. Schon jetzt, so glauben sie, genieße China in
der US-Außenpolitik im Vergleich zu Indien deutliche Priorität.
* Aus: Neues Deutschland, 25. Juli 2009
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