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Terror in Tunis

23 Toten bei Anschlag. "Islamischer Staat" bekennt sich

Von Sofian Philip Naceur *

Die Opferzahl des Terroranschlages am Nationalmuseum Bardo im Stadtzentrum von Tunis ist nach Angaben der tunesischen Regierung auf 23 angestiegen. Am Mittwoch hatten bewaffnete Angreifer das Feuer auf vor dem Museum aus Bussen aussteigende Touristen eröffnet, sich anschließend im Inneren des Gebäudes verschanzt und Geiseln genommen.

Spezialeinheiten der Polizei stürmten wenig später das Museum, befreiten die Geiseln und töteten zwei Attentäter. Mindestens neun Menschen, die verdächtigt werden, in den Anschlag verwickelt gewesen zu sein, wurden bislang verhaftet. Unter den 19 toten Ausländern sind nach offiziellen Angaben drei Touristen aus Japan, je zwei aus Frankreich und Spanien sowie je einer aus Polen, Australien, Belgien, Italien, England und Kolumbien. Ein Busfahrer und ein Polizist kamen ebenfalls ums Leben.

Tunesiens Präsident Béji Caïd Al-Sebsi verurteilte den Anschlag aufs schärfste und sagte, Tunesien werde den Kampf gegen den Terror »ohne Gnade« und bis zum »letzten Atem« führen. Noch am Mittwoch versammelten sich Hunderte Menschen in der Innenstadt von Tunis und demonstrierten gegen den stärker werdenden Fundamentalismus im Land.

Zu dem Anschlag bekannte sich am Donnerstag die Dschihadistenmiliz »Islamsicher Staat« (IS). In einer im Internet verbreiteten Audio- und Textbotschaft nannten die Islamisten die zwei Attentäter »Ritter«. Außerdem drohte sie mit weiteren Anschlägen. Die Bluttat sei »der erste Tropfen eines Regengewitters«, meldete die Nachrichtenagentur dpa. Erst im Herbst hatte sich die tunesische Gruppierung »Ansar Al-Scharia« offiziell dem IS angeschlossen. Beide getöteten Angreifer seien dem tunesischen Geheimdienst bekannt gewesen, heißt es.

Der Anschlag ist ein Schock für Tunesiens Gesellschaft und ein schwerer Schlag für den Tourismussektor des Landes, der rund zwölf Prozent zur Wirtschaftsleistung beiträgt und sich erst 2014 erholt hatte. Tunesien ist das einzige Land der Region, das sich weitgehend friedlich und demokratisch aus den politischen Wirren der arabischen Revolten von 2011 hinausmanövrieren konnte. Terroranschläge fanden bisher ausnahmslos im Süden des Landes statt und zielten auf Staatseinrichtungen.

Der Anschlag auf das Museum gefährdet Tunesiens politische Stabilität. Ein Kollaps der Regierung, an der die gemäßigt islamistische Ennahda-Partei beteiligt ist, wird nicht ausgeschlossen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 20. März 2015


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