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Bangkok droht Stillstand

Thailands Opposition will Hauptstadt mit Massenprotesten paralysieren

Bangkok droht Stillstand Thailands Opposition will Hauptstadt mit Massenprotesten paralysieren Von Thomas Berger *

Thailand bereitet sich auf neue Massenproteste der Opposition vor. Suthep Thaugsuban, Anführer der vor allem aus der traditionellen Elite zusammengesetzten Regierungsgegner, hat ab dem heutigen Montag das finale Kräftemessen ausgerufen. Seit Wochen versuchen seine Anhänger die vor allem von der ärmeren ländlichen Bevölkerung unterstützte Premierministerin Yingluck Shinawatra mit Großdemonstrationen in der Hauptstadt Bangkok zum Rücktritt zu zwingen. Nach dem Wochenende wolle man die Metropole »stillegen«, drohen sie. Mindestens 20 zentrale Straßenkreuzungen will die Opposition dann besetzen und so die Arbeit von Regierungsstellen behindern. Bangkok werde paralysiert, lautet die Drohung Sutheps, die gleichzeitig Befürchtung vieler Einwohner ist. Noch allerdings sind Hamsterkäufe und andere Anzeichen von Panik ausgeblieben.

Die derzeitigen Proteste waren bereits Ende Oktober aufgeflammt. Den Anlaß lieferte damals die Verabschiedung eines Amnestiegesetzes durch das Parlament, das später allerdings vom Senat wieder aufgehoben wurde. Doch die Opposition gab sich damit nicht zufrieden, sie will die demokratisch gewählte Yingluck stürzen. Für Thailand und insbesondere Bangkok hat das auch wirtschaftliche Folgen. Liegt die Belegungsquote der Hotels und Pensionen sonst um diese Zeit bei rund 90 Prozent, steht derzeit mehr als jedes zweite Zimmer leer. Gerade ausländische Touristen machen lieber einen Bogen um die Hauptstadt oder bleiben dem Land ganz und gar fern. Nervös reagiert zudem seit Tagen die thailändische Börse, Spitzenvertreter aus Industrieverband, Handelskammer und Bankenvereinigung geben sich besorgt.

Die Regierung verbreitet derweil, sie sei bereit, neuen Provokationen der Oppositionsbewegung zu begegnen. Yingluck, jüngere Schwester des seit seinem Sturz durch das Militär 2006 fast ununterbrochen im Exil lebenden Expremiers Thaksin Shinawatra, ist allerdings nur noch geschäftsführend im Amt. Im Dezember hatte sie offiziell das Parlament aufgelöst und damit den Weg für Neuwahlen Anfang Februar freigemacht. Was als Vermittlungsangebot an ihre Gegner gedacht war, läuft nun aber zum Teil ins Leere. Die Demokratische Partei (DP), bisher größte Oppositionskraft, will die Abstimmung boykottieren. Das Votum hätte so nur beschränkte Aussagekraft.

Das einflußreiche Militär will in dem abermals hochgekochten Konflikt der insgesamt schon seit rund einem Jahrzehnt miteinander ringenden beiden Lager ausdrücklich nicht Partei ergreifen. Das zumindest gab Armeechef Prayuth Chan-ocha am Donnerstag zu Protokoll. Die Bürger müßten keine Sorge vor einem erneuten Putsch haben, betonte der General. Alle Medienmeldungen, die in diese Richtung deuteten, seien nur Stimmungsmache. Ein vollständiges Dementi jeglicher Umsturzüberlegungen hört sich aber anders an, eine klare Botschaft zur Unterstützung der gewählten Regierung lieferte Prayuth nicht. Abzuwarten bleibt nun, wie viele Menschen Suthep mobilisieren kann. Bislang kamen zu den größten Demonstrationen kaum mehr als 200000 Teilnehmer. Zudem haben die sogenannten Rothemden, die sich vor allem aus der armen Landbevölkerung des Nordens rekrutieren, Kräfte zur Verteidigung der Regierung zusammengezogen.

* Aus: junge Welt, Montag, 13. Januar 2014


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