Notstand gegen "Rothemden"
Thailands Regierung verschärft Verfolgung der Opposition
Von Marwaan Macan-Markar (IPS), Bangkok *
Mit Hilfe von Notstandsgesetzen versucht die thailändische Regierung,
die oppositionelle Protestbewegung der »Rothemden« endgültig zum
Schweigen zu bringen. So müssen sich mehr als 80 Privatpersonen und
Firmenvertreter vor Beamten der Abteilung für Sonderermittlungen (DSI)
verantworten, weil sie verdächtigt werden, die Aktionen der Opposition
finanziell unterstützt zu haben. Die Notstandsgesetze gäben den Behörden
weitreichende Befugnisse, um die Geldgeber der Opposition zu ermitteln,
sagte DSI-Generalsdirektor Tharit Pengdit. Auch Verwandte des früheren
Premiers Thaksin, ehemalige Minister sowie frühere Militär- und
Polizeiangehörige sollen zu Verhören vorgeladen werden.
Die für drei Monate geltenden Gesetze waren Anfang April in Kraft
gesetzt und einige Wochen später ausgeweitet worden. Sie gelten seitdem
nicht nur in der Hauptstadt, sondern auch in den Provinzen im Nordosten,
wo die »Rothemden« breiten Rückhalt in der Bevölkerung genießen. »Wir
wollen erreichen, daß sich die Situation wieder normalisiert. Dazu
müssen wichtige Bedingungen für die Sicherheit gewährleistet sein«,
sagte Regierungssprecher Panitan Wattanayagorn. Kritiker werfen der
Regierung allerdings vor, einen Propagandakrieg gegen ihre politischen
Gegner zu führen und die offizielle Version der Ereignisse über
regierungstreue Medien verbreiten zu lassen. Um die »Rothemden« in
Mißkredit zu bringen, seien 39 führende Aktivisten unter
Terrorismusverdacht festgenommen und die Opposition bezichtigt worden,
mindestens 30 Gebäude in Brand gesteckt und illegal Waffen mit sich
geführt zu haben.
Die »Rothemden« hatten wochenlang Teile der Innenstadt von Bangkok
belagert. Am 19. Mai gaben sie ihren Protest nach gewaltsamen
Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften auf, bei denen 88
Menschen getötet und rund 1800 verletzt wurden. Trotzdem kann der
frühere Regierungschef Thaksin Shinawatra, der sich nach einem Putsch
2006 durch Flucht ins Ausland einem Korruptionsverfahren entzogen hatte,
in Thailand auf Zehntausende Anhänger zählen, die sich in der
Vereinigten Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD)
zusammengeschlossen haben. Diese forderten im Frühjahr die Regierung von
Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva auf, das Parlament aufzulösen und
vorgezogene Neuwahlen abzuhalten.
Der Politologe Pitch Pongsawat von der Chulalongkorn-Universität in
Bangkok hält die Notstandsgesetze für äußerst problematisch. »Die
Pressefreiheit ist nicht mehr garantiert«, kritisierte er. Zudem hätten
die Gesetze der Regierung die Möglichkeit gegeben, die Demonstranten als
gefährlich darzustellen. Die Regierung spreche zwar von Versöhnung,
vollziehe jedoch den politischen Übergang zu einem autoritären Regime,
warnte auch der frühere Minister Chaturon Chaisaeng, ein Anhänger
Thaksins, der häufig bei Kundgebungen der »Rothemden« aufgetreten ist.
So gebe es ein Zusammenspiel zwischen Zivilregierung, Militär,
gesellschaftlicher Elite und den wichtigsten Medien.
* Aus: junge Welt, 5. Juli 2010
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