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Schwieriger Weg der Aussöhnung

Thailand verschärft Verbot von Monarchiekritik. Kein Personal für Untersuchungskommissionen

Von Thomas Berger *

Thailands Regierung schränkt die Möglichkeiten für Kritik an der Monarchie noch stärker ein. Telekommunikations-, Kultur- und Justizministerium haben dazu in Bangkok eine konzertierte Aktion gestartet. Das Hauptaugenmerk richtet sich darauf, monarchiekritische Webseiten außer Betrieb zu setzen. Dazu soll insbesondere Druck auf die Provider ausgeübt werden. Wer sich weigert, umgehend Seiten zu blockieren, die entsprechendes Material enthalten, sieht sich scharfer juristischer Verfolgung ausgesetzt. Das Informations- und Telekommunikationsministerium hat sich 50 Experten des Justizressorts erbeten, um mit 30 Leuten aus dem eigenen Haus an der Verfolgung von Fällen zu arbeiten.

Schon bisher hatte Kritik am König, anderen Mitgliedern seiner Familie und sogar hochrangigen Beratern teils gravierende Folgen für die Betroffenen. 43000 Webseiten wurden geschlossen, die jetzt beschlossene nochmalige Verschärfung der Vorgaben könnte endgültig in eine regelrechte Hexenjagd münden. Das greise Staatsoberhaupt Bhumipol Adulyadej ist die höchste moralische Autorität im Land, wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustandes aber im Moment nicht in der Lage, zur Lösung innenpolitischer Konflikte beizutragen. Der Kronprinz gilt als unfähig, und die schlechte Meinung, die viele Thais vom Thronfolger haben, wird auch über das Internet geäußert.

Weder die Aufarbeitung der gewaltsamen Ausschreitungen in der Hauptstadt noch der Versöhnungsprozeß zwischen den verfeindeten Lagern kommen derzeit voran. Anand Panyarachun, ein früherer Premierminister, ist von einem prominenten Anführer der oppositionellen Rothemden als Chef eines Rates zur Staatsreform rundweg abgelehnt worden. Jatuporn Prompan, der auch für die Oppositionspartei Puea Thai im Parlament sitzt, betonte in einem Statement, Anand habe zu seinen Regierungszeiten »viele schlimme Dinge angerichtet« und sei für das Amt untragbar.

Es ist generell schwierig, akzeptables Personal für Sondergremien zu finden, die helfen sollen, den tiefen politischen Riß zu kitten, der sich durch die thailändische Gesellschaft zieht. So war der Topjurist Kanit na Nakon zwar zum Chef einer Kommission ernannt worden, die die Verantwortlichkeiten der gewaltsamen Eskalation der Straßenproteste mit 90 Todesfällen untersuchen soll. Bisher hat er jedoch niemanden gefunden, der ihn als Kommissionsmitglied bei seiner Arbeit unterstützen will. Ein Umstand, der auch die Regierung beunruhigt. Justizsekretär Kittiporn Kitayarak spielt nun mit mehreren Optionen: Entweder neutrale Fachleute in das Gremium zu berufen oder Abgesandte der verfeindeten Parteien bzw. Vertreter, die von diesen nominiert wurden, ohne selbst direkt dazuzugehören. Zwei Foren, eines mit Experten in Versöhnungsfragen und eines mit UN-Vertretern und ausländischen Diplomaten, sind in der kommenden Woche geplant, um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen.

Thailand hatte im Vormonat die bisher schlimmste Eskalation der innenpolitischen Auseinandersetzungen erlebt, als schließlich die Armee das von den sogenannten Rothemden besetzt gehaltene Geschäftsviertel der Hauptstadt stürmte. Zwei Shoppingkomplexe, Bankfilialen und andere Gebäude gingen in Flammen auf, die Zahl der Toten und Verletzten seit März stieg noch einmal deutlich an.

* Aus: junge Welt, 19. Juni 2010


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