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Obama folgt in Tansania strategischen Interessen

Das größte ostafrikanische Land ist Standort neuer Energieprojekte und möglicher Drohnenstützpunkt

Von Siegfried Schröder, Daressalam *

US-Präsident Barack Obama hat seine einwöchige Afrikareise beendet: Nach Senegal und Südafrika ging es zum Abschluss ins gold- und erdgasreiche Tansania.

Es gibt wichtige strategische Gründe, Tansania zu besuchen, das größte ostafrikanische Land. Die Präsenz von 500 Wirtschaftskapitänen in der Delegation des US-Präsidenten Barack Obama machte sehr deutlich, dass es bei der Reise nicht in erster Linie um Demokratieförderung, Beschwörung der bilateralen Freundschaft oder um die Unterstützung beim Kampf gegen Malaria und die Förderung junger tansanischer Unternehmer ging. Auch wenn in all diesen Bereichen von Tansania eine verstärkte Zusammenarbeit gewünscht wird. Vielmehr geht es vor allem um handfeste wirtschaftliche Interessen der USA.

Schon in die Vorbereitung der Reise waren Energiefirmen einbezogen, nun wurde beim offiziellen Besuch eine engere Zusammenarbeit in diesem Sektor vereinbart. Und wenige Tage vor dem Staatsbesuch wurde eine Vereinbarung der tansanischen Regierung mit den US-amerikanischen Firmen General Electric (GE) und Symbion unterzeichnet. Inhalt: der Bau eines 400-MW-Gaskraftwerks im Süden Tansanias, nahe den Offshore-Gasfeldern. Es soll die südlichen Regionen Tansanias besser mit Strom versorgen. Ein Multimillionen-Dollargeschäft für die US-amerikanischen Konzerne und ein geschickter politischer Schachzug der tansanischen Regierung, die mit massiver Kritik im Süden des Landes konfrontiert ist.

An der beabsichtigten Ausbeutung der anscheinend sehr ertragreichen Gasfelder ist neben anderen internationalen Unternehmen auch Exxon Mobil beteiligt. Über eine mit chinesischer Finanzierung zu bauende, 500 Kilometer lange Pipeline nach Daressalam sollte bisher das gesamte Gas in die tansanische Hauptstadt geschafft und dort verarbeitet werden – sehr zum Unmut der Bevölkerung in der Förderregion, die einmal mehr Angst hatte, von der nationalen Entwicklung abgehängt zu werden.

Nun hat die Zusage von GE/Symbion der tansanischen Regierung aus der Verlegenheit geholfen. Der Preis ist allerdings nicht bekannt, dürfte aber unter anderem in der bevorzugten Behandlung weiterer US-amerikanischer Investitionen im Energiesektor bestehen. Neben Gas wird in Tansania auch nach Ölvorkommen gesucht, die Kohleförderung wird intensiviert und im April dieses Jahres ist die erste Schürfgenehmigung für den Uranabbau erteilt worden.

Im Rahmen seiner Afrikareise hat Obama auch das sieben Milliarden US-Dollar schwere Energieförderprogramm »Power Africa« bekannt gegeben, von dem Projekte in sechs afrikanischen Staaten profitieren sollen, unter anderem in Kenia, Tansania und Äthiopien. Nicht zufällig erhalten diese Länder auch US-amerikanische Militärhilfe, offiziell zur Terrorbekämpfung, wenn auch bei dieser Reise dieses Thema keine große Rolle spielte.

Faktisch muss aber die Militärhilfe, vor allem gegenüber Tansania, auch vor dem Hintergrund der geografischen Lage des Landes betrachtet werden. Tansania hat in Ostafrika die größte Küstenlinie und plant – auch hier mit massiver chinesischer Unterstützung – einen weiteren Hochseehafen in Bagamoyo nördlich von Daressalam. Der Hafen wird Anschluss an zwei der wichtigsten Straßenverbindungen in der Region haben: Richtung Norden nach Kenia und Uganda; Richtung Süden nach Sambia, Malawi, Ruanda und in die Demokratische Republik Kongo (DRC). Dabei handelt es sich bis auf Kenia um Binnenländer mit dringendem Bedarf, ihre Exportgüter zu verschiffen. Tansania hat wichtige Bodenschätze, vor allem spielt hier aber der Rohstoffreichtum der DRC eine große Rolle, die für viele rohstoffhungrige Industrieländer von großem Interesse sind.

Tansania ist auch im Gespräch als künftiger Standort für AFRICOM, das Regionalkommando der US-Streitkräfte mit Sitz in Stuttgart, weil es kein afrikanisches Land bisher haben wollte. Auch ein US-Drohnenstützpunkt soll dem Vernehmen nach in Tansania errichtet werden.

Angesichts solcher Prioritäten geht Obamas Initiative für die Nahrungssicherheit »Feed the future« (Ernähre die Zukunft) unter.

* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 3. Juli 2013


Obama im Hintertreffen

Von Martin Ling **

Die Reiseroute war Programm: Senegal, Südafrika, Tansania. Bis auf Senegal waren Barack Obamas Stationen in Afrika dieselben, wie sie Chinas Präsident Xi Jinping vor drei Monaten gewählt hatte. Dabei hat Afrika 55 Staaten. Das Ziel ist klar: Boden gegenüber Peking wieder gutzumachen. Denn seit 2009 hat China die USA als wichtigsten Handelspartner des afrikanischen Kontinents abgelöst. Mit 200 Milliarden Dollar Handelsvolumen erreicht Peking dort inzwischen rund das Doppelte der USA. Chinas Rezept: großzügige, unkonditionierte Entwicklungshilfe im Infrastrukturaufbau plus Export von Konsumgütern leider oft minderer Qualität gegen den Zugriff auf afrikanische Rohstoffe. Die gibt es auf dem Kontinent überreichlich, an ihrer für eine Entwicklung Afrikas unabdingbaren Weiterverarbeitung dortselbst hat freilich Peking so wenig Interesse wie Washington.

Obama hatte bei seiner ersten ausgiebigen Afrika-Reise 500 Geschäftsleute im Tross. Denen geht es nicht um Armutsbekämpfung, sondern um gute Geschäfte. Damit liegen sie ganz auf der Linie des Präsidenten: »Entwicklung muss Investitionen und Wirtschaftswachstum antreiben, damit Hilfen nicht mehr länger nötig sind.« Doch die größte Hilfe für Afrika wären faire Handelsbedingungen. Über die Baumwollsubventionen für die US-Farmer, die bei westafrikanischen Produzenten Millionenverluste auslösen, verlor Obama kein Wort. Mit Unfairness allein wird sich der Rückstand gegen China nicht aufholen lassen.

** Aus: neues deutschland, Mittwoch, 3. Juli 2013 (Kommentar)


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