Washington schickt Söldner nach Syrien
Von den USA und der Türkei trainierte "moderate Rebellen" wurden ins Kriegsgebiet verlegt
Von Karin Leukefeld *
Die USA und die Türkei haben eine erste Gruppe neu ausgebildeter Kämpfer nach Syrien geschickt. Das berichteten übereinstimmend türkische Medien am Wochenende unter Berufung auf nicht näher identifizierte Regierungskreise in Ankara.
Die 56 Kämpfer hätten bereits vor einer Woche, am 12. Juli 2015, mit einem Konvoi von 30 gepanzerten Fahrzeugen den Grenzübergang Öncüpinar bei Kilis passiert, um bei Asas gegen den »Islamischen Staat« (IS) zu kämpfen. Asas liegt knapp 50 Kilometer nördlich von Aleppo.
Ausgerüstet seien die Kämpfer mit schweren Maschinengewehren und Sturmgewehren vom Typ M16 sowie Munition. Man erwarte, dass sie bei Gefechten durch Luftangriffe unterstützt würden. Geplantes Operationsgebiet für die Kämpfer sei die »Sawran-Front« nordöstlich von Aleppo.
Die 56 Männer hätten 74 Tage lang auf dem türkischen Gendarmeriestützpunkt Hirfanli in der zentralanatolischen Provinz Kirsehir das von den USA aufgelegte »Ausbildungs- und Ausrüstungsprogramm« für »moderate Rebellen in Syrien« durchlaufen. Aus Jordanien, wo Washington das gleiche Programm organisiert, seien bereits Anfang Juli 100 Kämpfer nach Syrien geschleust worden.
Die englischsprachige Ausgabe der Zeitung Hürriyet berichtete, dass die türkische Regierung Pläne des UN-Sondervermittlers Staffan de Mistura zur Beilegung des Krieges in Syrien abgelehnt hat. Bei einem Treffen in Ankara habe der stellvertretende türkische Außenminister Feridun Sinirlioglu betont, lokale und regionale Waffenstillstände seien in Syrien »nicht umsetzbar, weil die Regierung von Baschar Al-Assad ihre Versprechungen« nicht einhalte.
Solange Präsident Assad im Amt bleibe, sei eine Stabilisierung des Landes »schwierig«. Der UN-Diplomat hatte sich nach Auskunft seiner Sprecherin am 16. Juli mit Sinirlioglu getroffen. Zuvor hatte de Mistura im jordanischen Amman mit Vertretern der »Südfront« gesprochen (jW berichtete).
Die US-amerikanische Brookings Institution veröffentlichte derweil ein Thesenpapier, das für eine starke Aufrüstung und Ausbildung von »moderaten Rebellen« plädiert. Diese sollten dann – mit Hilfe der US-Luftwaffe – sichere und »autonome Zonen« in Syrien etablieren. Ausgangspunkte für entsprechende Vorstöße könnten die Gebiete unter kurdischer Kontrolle im Nordosten Syriens sein, ebenso die südliche Provinz Deraa, die von der aus Jordanien operierenden »Südfront« kontrolliert wird.
Bei der Wahl möglicher Partner in Syrien werden in dem Text von Michael O’Hanlon – neben »kurdischen Kräften im Norden des Landes« und einem ostsyrischen Stammesverband – ausschließlich islamistische Kampfverbände vorgeschlagen, aus denen sich der IS und die Al-Nusra-Front rekrutieren.
Parallel zu dem Einmarsch der US-ausgebildeten Söldner nach Syrien hat die EU ihre humanitäre Hilfe für Syrien um weitere 64 Millionen Euro aufgestockt. Die humanitäre Lage verschlechtere sich, während die Kämpfe sich ausweiteten und eine politische Lösung nicht in Sicht sei, sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement, Christos Stylianides, am Donnerstag in Brüssel. Die Europäische Kommission müsse ihre Verantwortung übernehmen und tue es.
Nach Angaben der kurdischen Selbstverteidigungskräfte YPG hat der IS bei Kämpfen in der nordostsyrischen Provinz Al-Hasaka Ende Juni Giftgas eingesetzt. Um was für ein Gas es sich gehandelt habe, sei unklar. Dank rascher medizinischer Hilfe sei niemand gestorben.
Saudi-Arabien hat unterdessen mit mehreren Razzien auf zwei Anschläge in Riad reagiert. Am vergangenen Donnerstag waren zwei Polizisten bei einem Angriff getötet worden. Wenige Tage zuvor ermordete ein IS-Anhänger seinen Vater, der ihn der Polizei gemeldet hatte.
Bei den anschließenden Razzien kam auch ein IS-Anhänger ums Leben. Am Wochenende zerschlugen Spezialkräfte ein weitläufiges Netzwerk der Dschihadisten, teilte das saudische Innenministerium mit. 431 vermutliche IS-Mitglieder seien verhaftet, 37 Personen getötet und 120 verletzt worden. Unter den Toten sollen sich »sechs Terroristen« befinden.
* Aus: junge Welt, Montag, 20. Juli 2015
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