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Zivilisten dürfen umkämpftes Homs verlassen

Vereinbarung zwischen Syriens Regierung und der UNO getroffen / Derzeit 16 Journalisten im Lande entführt *

Notleidende Zivilisten sollen die seit anderthalb Jahren belagerten Viertel der Großstadt Homs in Syrien bald verlassen können. Der Gouverneur der Stadt, Talal Barasi, sagte am Donnerstag nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur Sana, die Regierung in Damaskus habe sich mit der UNO auf eine entsprechende Vereinbarung verständigt. Die Zivilisten könnten »sehr bald« aus den von Rebellen gehaltenen Vierteln in der Altstadt von Homs herauskommen. Bei der internationalen Syrien-Konferenz Ende Januar in Genf hatte die syrische Regierung einen solchen Schritt zugesagt. Die Region von Homs in Zentralsyrien ist seit langem Schauplatz erbitterter Kämpfe.

In von Rebellen kontrollierten Vierteln der Stadt, die seit Juni 2012 von der syrischen Armee belagert werden, leben nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte 3000 Zivilisten unter fürchterlichen Bedingungen, häufig ohne ausreichend Nahrung und Medikamente.

Das Europaparlament in Straßburg hat am Mittwoch an die entführten Journalisten in Syrien erinnert. »Das Europäische Parlament ehrt all jene, die sich für die Freiheit einsetzen«, sagte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD). Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen werden in dem Bürgerkriegsland derzeit 16 ausländische Journalisten gefangen gehalten, wovon mehr als die Hälfte aus Europa stamme; unter ihnen sind vier Franzosen und drei Spanier. Der finnisch-schwedische Journalist Magnus Falkehed, der Anfang des Jahres nach sechs Wochen Geiselhaft in Syrien freigelassen worden war, sagte, eine europäische Antwort auf das Problem sei angebracht. Seine Geiselnehmer hätten sich nicht dafür interessiert, aus welchem Land er stamme, für sie sei er Europäer gewesen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 7. Februar 2014


Syria: first civilians evacuated from Homs after nearly two-year siege, UN reports **

7 February 2014 – As the first of 2,500 Syrians trapped by war in the Old City of Homs without aid for nearly two years were evacuated today under a three-day accord allowing people out and aid in, the United Nations called for immediate access to nearly 1.6 million others throughout the country who have been without regular food or medical supplies for many months.

“I continue to call for the safe and voluntary evacuation of all civilians and for full access for humanitarian workers to help people caught in similar situations across Syria,” UN Emergency Relief Coordinator Valerie Amos said in a statement, calling today's operation “a breakthrough, and a small but important step towards compliance with international humanitarian law.”

More than 80 women, children and elderly were evacuated from the Old City of Homs, the first of the 500 families who have become a symbol of the horrors inflicted upon civilians by the civil war in which considerably more than 100,000 people have been killed and millions of others driven from their homes since the conflict erupted in March 2011 when originally peaceful protestors sought the ouster of President Bashar al-Assad.

The UN, often with relief convoys mere miles away from the civilians under siege, has long demanded that the warring parties grant full humanitarian access. But the sides refused to give the green light until yesterday when a so-called “humanitarian pause” was announced for Homs, where UN trucks have been on standby for weeks only 12 kilometres from the Old City, ready to deliver urgently needed food and medicines.

Ms. Amos said she remains in close contact with humanitarian teams on the ground, who are working with the local authorities, representatives of the parties and community leaders to evacuate more civilians and deliver aid in the next few days.

Those evacuated today were taken to the places of their choice, escorted by UN and Syrian Arab Red Crescent staff.

For the most part, the operation went smoothly but there were isolated reports of gunfire heard during the day.

** UN News Centre, 7 February 2014; http://www.un.org


Evakuierung hat begonnen

Syrien: Zivilisten können Homs verlassen. Heftige Kämpfe in Aleppo ***

In Syrien hat am Freitag die Evakuierung der seit anderthalb Jahren umkämpften Altstadt von Homs begonnen. Gemäß einer Einigung zwischen der Regierung und den Vereinten Nationen brachten am Nachmittag Busse die ersten Zivilisten aus den bislang von den Islamisten gehaltenen Vierteln, berichtete AFP. Ein Journalist der Nachrichtenagentur sah am Rande der Altstadt von Homs rund ein Dutzend zumeist ältere Zivilisten einen Bus besteigen. Das syrische Staatsfernsehen berichtete, zwei Busse hätten rund 35 Frauen, Kinder und alte Leute aus der Altstadt gebracht. Im Laufe des Tages sollten laut Gouverneur Talal Barasi insgesamt etwa 200 Bewohner in Sicherheit gebracht werden, und zwar Kinder bis 15 Jahre, Männer über 55 Jahre sowie Frauen. Durch die Beschränkung soll verhindert werden, daß Kämpfer der islamistischen Gruppen durch die Linien der Regierungstruppen sickern können.

Die Region um Homs ist seit langem Schauplatz erbitterter Kämpfe. Die Stadt liegt im Zentrum des Landes an der strategisch wichtigen Autobahn zwischen Damaskus und Aleppo. In von den Aufständischen kontrollierten Vierteln der Stadt, die seit Juni 2012 von der Armee belagert werden, leben nach Angaben der Beobachtungsstelle etwa 2500 Zivilisten ohne ausreichend Nahrung und Medikamente.

Damaskus sicherte unterdessen zu, an der zweiten Runde der Friedensgespräche in der Schweiz teilzunehmen, die am Montag in Genf beginnen sollen, sagte Vizeaußenminister Faisal Mokdad laut der amtlichen Nachrichtenagentur Sana. Syrien könne nur zu Sicherheit und Stabilität zurückfinden, wenn in Genf über ein Ende von Terrorismus und Gewalt gesprochen werde, unterstrich er. Eine erste Gesprächsrunde Ende Januar war weitgehend ergebnislos geblieben.

Unterdessen hielten in Aleppo die Kämpfe zwischen den Regierungstruppen und den Aufständischen an. Besonders erbittert waren die Auseinandersetzungen um das Zentralgefängnis der Stadt. Unbestätigten Berichten zufolge hatten islamistische Gruppen die Haftanstalt am Donnerstag ganz oder teilweise besetzen können. Staatliche Medien erklärten hingegen, der Angriff sei zurückgeschlagen worden. Am Freitag verbreitete dann auch die in London ansässige »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte«, das Gefängnis sei von der Armee zurückerobert worden. Unklar blieb der Verbleib von mehreren hundert Inhaftierten.

*** Aus: junge Welt, Samstag, 8. Februar 2014


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