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Assad bei Sarkozy: "Syrien hat Rechte!"

Zu indirekten Gesprächen mit Israel bereit

Von Karin Leukefeld *

Bei einem Besuch in Paris bezeichnete der syrische Präsident Bashar al-Assad Israels Aufruf zur Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen als »Wortspielerei«.

Medienberichten zufolge hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gegenüber seine Bereitschaft zu Gesprächen mit Syrien »ohne Vorbedingungen« erklärt. »Syrien hat keine Vorbedingungen, Syrien hat Rechte, die es nie aufgeben wird«, konterte Assad nach seinem Gespräch mit Sarkozy Ende vergangener Woche. Die »Wortspielerei« Israels solle von Forderungen und Rechten ablenken, das werde die Instabilität in der Region nur verstärken.

Israel hält die syrischen Golan-Höhen seit 1967 besetzt und hat das Gebiet 1981 völkerrechtswidrig annektiert. »Wenn Netanjahu es ernst meint, kann er sein Expertenteam wieder nach Ankara senden«, sagte Assad, Syrien werde das auch tun. Die Türkei hatte 2007/08 indirekte Gespräche zwischen Syrien und Israel vermittelt, die jedoch mit Beginn des israelischen Überfalls auf den Gaza-Streifen Ende 2008 von Syrien abgebrochen wurden.

Weil sich die USA gegen Israel offenbar nicht durchsetzen können, scheint sich nun Sarkozy als Akteur versuchen zu wollen. Sein Außenminister Bernard Kouchner soll in die Region reisen, um für eine Friedenskonferenz zu werben, die in Moskau stattfinden könnte.

Syrien spielt dabei eine wichtige Rolle. Seit der Einladung Assads zum »Tag der Bastille« 2008 und einem Gegenbesuch Sarkozys in Damaskus haben sich vor allem die Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern intensiviert. Durch die Einrichtung eines Wirtschaftsbüros in Damaskus verdeutlicht Paris seine Devise »Wandel durch Handel«. Auch der Verkauf von Airbus-Flugzeugen an Syrien steht kurz vor dem Abschluss.

Assad sieht das Verhältnis zu Frankreich von einem »Klima des Vertrauens« geprägt. Frankreich könne den Friedensprozess unterstützen, allerdings »brauchen wir einen israelischen Partner, der den Frieden auch will.« Direkte syrisch-israelische Gespräche werde es vorerst nicht geben, betonte der Präsident im Interview mit dem Fernsehsender France 2. Es fehle an einem Rahmen dafür.

Derweil setzt Syrien auf wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Europa. Ein Assoziierungsabkommen mit der EU wurde in Brüssel 2005 auf Eis gelegt, weil Damaskus der Verwicklung in den Mord am früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri beschuldigt wurde. Beim EU-Außenministertreffen im Oktober lag das Abkommen wieder auf dem Tisch - mit einer Menschenrechtsklausel versehen, die es jederzeit unwirksam machen könnte. Syrien werde sich »Zeit nehmen, den neuen Vertrag zu prüfen«, sagte Außenminister Walid Mouallem in Paris. Und Assad beschwerte sich im »Figaro«: »Die Europäer sind völlig auf die Seite der USA umgeschwenkt.« Ein Partner müsse auch ein Freund sein, und »das haben wir von den Europäern in den vergangenen Jahren nicht erfahren«.

* Aus: Neues Deutschland, 17. November 2009


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