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Protest aus Damaskus

Syrische Regierung kritisiert Einmischung der EU in innere Angelegenheiten des Landes

Von Karin Leukefeld *

Die syrische Regierung hat die Anfang der Woche getroffene Entscheidung der EU-Außenminister, das Ölembargo einseitig zugunsten der oppositionellen »Nationalen Koalition« aufzuheben, scharf verurteilt. In einem Schreiben des Außenministeriums in Damaskus an den UN-Sicherheitsrat und den Generalsekretär der Vereinten Nationen heißt es, dieser Schritt der EU verletze das Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates gemäß Artikel 2 der UN-Charta. Er verstoße zudem gegen das Recht staatlicher »Souveränität über Naturressourcen« sowie gegen die Erklärung der UN-Generalversammlung aus dem Jahr 1981 gegen die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates durch direkte oder indirekte Unterstützung von Aufständischen. Damaskus betrachte die Entscheidung darüber hinaus als einen »aggressiven Akt«.

Die EU-Außenminister hatten bei ihrem Treffen am 22. April in Luxemburg beschlossen, Ölimporte und Lieferungen von technischer Ausrüstung für die Öl- und Gaswirtschaft sowie Investitionen zu erlauben, sofern sich die Zusammenarbeit und der Handel ausschließlich mit der Opposition in den »befreiten Gebieten« abspiele. Begründet wurde die Entscheidung mit der Notwendigkeit, humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung und die von Brüssel anerkannte Opposition zu leisten. Die umfassenden EU-Sanktionen, die andere Teile Syriens betreffen, sollen aufrechterhalten werden.

Die Bundesregierung hatte sich maßgeblich an der Verhängung von immer neuen Sanktionen gegen Syrien beteiligt, um den Druck auf die Führung in Damaskus zu erhöhen. Tatsächlich ist die einfache Bevölkerung von den Strafmaßnahmen betroffen, die Arbeitsplätze vernichten, die Energie­versorgung be- und Geldtransfers verhindern und zu enormen Preissteigerungen geführt haben. Dazu war die Bundesregierung gegenüber jW zu keiner Stellungnahme bereit.

Im Rahmen des NATO-Außenministertreffens in Brüssel am Dienstag waren erneut grundlegende Unstimmigkeiten zwischen Rußland und den USA über die Lage in Syrien deutlich geworden. US-Chefdiplomat John Kerry erklärte, man habe sich geeinigt, das Genfer Abkommen vom Juni 2012 wiederzubeleben, forderte Moskau aber gleichzeitig auf, den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad zum Rücktritt zu drängen. Rußlands Außenminister Sergej Lawrow betonte, die politische Entwicklung sei Sache eines innersyrischen Prozesses. Westliche Staaten hätten eine Reihe von Friedensbemühungen blockiert. Zwar wachse das Bewußtsein »realer Gefahren«, die von dem anhaltenden Krieg in Syrien ausgingen, doch würde »eine Minderheit der internationalen Gemeinschaft, die sehr aggressiv und blutdürstig ist, jeden Versuch, einen Dialog herzustellen, verhindern und blockieren«. Namen nannte Lawrow nicht.

US-Präsident Barack Obama trifft sich unterdessen mit den Staatschefs verschiedener arabischer Staaten, darunter dem Kronprinzen der Vereinigten Arabischen Emirate und dem jordanischen König, der am kommenden Freitag in Washington sein wird. Am Dienstag empfing Obama den Emir von Katar, Scheich Hamad bin Khalife Al-Thani im Weißen Haus. Man arbeite eng zusammen, »um das Blutvergießen zu beenden und den Präsidenten zu beseitigen«, sagte Obama vor Journalisten. Der Emir bestätigte die Kooperation und sagte, er hoffe, »daß die Partei, die gewinnt, die Demokratie unterstützen wird«. Katar hilft finanziell und mit Waffenlieferungen vor allem der Muslimbruderschaft und den mit dieser verbundenen Kampfgruppen in Syrien.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 25. April 2013


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