Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Wir müssen mehr tun müssen, um schärfere Maßnahmen gegen das Regime Assad zu ergreifen"

Rede von Hillary Clinton beim Außenminister-Treffen der NATO in Paris: Auch hier liegen "alle Optionen auf dem Tisch"


Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von US-Außenministerin Hillary Rodham Clinton beim Ad-hoc-Ministertreffen zu Syrien in Paris (Frankreich) am 19. April 2012. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Vielen Dank Alain, dass Sie dieses Treffen ermöglicht haben und unser Gastgeber sind. Ich denke, wir alle sind hier zusammengekommen, weil wir angesichts dessen, was in Syrien geschieht, frustriert und wütend sind. Wir hoffen, dass die Mission von Kofi Annan, trotz der bisherigen Anzeichen, ihre Wirkung entfaltet, angefangen mit den Beobachtern, die entsandt werden. Dabei muss klar sein, dass es sich um einen Sechs-Punkte-Plan handelt und nicht um eine Reihe von Optionen. Die syrische Regierung muss alle sechs Punkte vollständig akzeptieren.

Lassen Sie mich einige Anmerkungen machen. Zunächst einmal unterstützen wir weiterhin die Beobachtermission, auch wenn wir uns bewusst sind, dass die zunehmende Gewalt die Entsendung der Beobachter gefährden und ihr Leben in Gefahr bringen könnte. Das ist ein Dilemma. Unserer Ansicht nach ist es wichtig, unabhängige Quellen zu haben, die vor Ort berichten, wir wollen aber keine Situation schaffen, in der diejenigen, die entsandt wurden, selbst Opfer von Gewalt werden. Daher müssen wir weiterhin auf eine Resolution durch den Sicherheitsrat hinarbeiten, um die entsprechenden Befugnisse für ein weiteres Vorgehen zu haben, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Zweitens denke ich, dass wir mehr tun müssen, um schärfere Maßnahmen gegen das Regime Assad zu ergreifen. Wir müssen uns im Sicherheitsrat mit Nachdruck für Sanktionen gemäß Kapitel VII einsetzen, darunter Reisebeschränkungen, finanzielle Sanktionen, ein Waffenembargo und der Druck, den diese Schritte auf das Regime ausüben, den Sechs-Punkte-Plan von Kofi Annan einzuhalten.

Mir ist natürlich bewusst, dass diese Bemühungen zum jetzigen Zeitpunkt wahrscheinlich auf ein Veto stoßen werden, aber wir müssen nach einem Weg suchen, wie wir Fortschritte machen können. Ich habe in Brüssel heute ausführlich mit Sergej Lawrow gesprochen. Es war ihm wie üblich sehr wichtig, die Verantwortung auf allen Seiten zu betonen, insbesondere auch die der Opposition, aber er hat auch anerkannt, dass die Lage im Land nicht statisch ist, sondern sich verschlechtert.

Als nächsten Schritt müssen wir dafür sorgen, dass sich Assad nicht zu sicher ist, indem wir alle Optionen offenhalten. Während unseres Ministertreffens in den vergangenen zwei Tagen hat die Türkei bereits mit der NATO die Belastung durch die syrischen Flüchtlinge in der Türkei erörtert. Die Türkei erwägt, aufgrund des verbrecherischen Beschusses über die syrisch-türkische Grenze hinweg in die Türkei vor zwei Wochen, sich formell auf den Bündnisfall nach Artikel 4 des Nordatlantikpaktes zu berufen, der Konsultationen der NATO nach sich zieht, wenn die territoriale Integrität, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit eines Vertragsstaates gefährdet ist.

Ich glaube darüber hinaus, dass wir unsere Unterstützung für die Opposition ausweiten müssen. Ich kann nur für die Vereinigten Staaten sprechen. Ich weiß, dass andere Länder eine andere Form der Unterstützung verfolgen. Wir weiten aber unsere Kommunikationswege, Logistik und andere Hilfen für die syrische Opposition aus. In Zusammenarbeit mit der Türkei denken wir über die Einrichtung eines Knotenpunktes für die Unterstützung nach, der zur Lokalisierung syrischer Aktivisten und zu ihrer Koordinierung und der Verteilung von Hilfe für Oppositionsgruppen innerhalb Syriens beitragen könnte. Unsere hochrangigen Vertreter führen einen anhaltenden Dialog mit dem syrischen Nationalrat.

Alain, ich möchte Ihnen und Ihrem Team dafür danken, dass Sie vor zwei Tagen hier in Paris Gastgeber der Sanctions Working Group waren. Dort waren etwa 50 Länder vertreten. Sie waren sich über die Erweiterung des Länderbündnisses zur Durchsetzung von finanziellen Sanktionen, die Ausweitung des Geltungsbereiches der Sanktionen und die Erhöhung der Effektivität der bestehenden Maßnahmen durch die Einbeziehung des Privatsektors einig. Das kommende Treffen wird unter dem Co-Vorsitz der Vereinigten Staaten wahrscheinlich Mitte Mai in Washington stattfinden.

Wir müssen darüber hinaus unsere humanitäre Hilfe verstärken. Wir haben während des vergangenen Monats mehr als zuvor getan, aber es reicht noch immer nicht aus. Wir müssen eng mit der Türkei und Jordanien hinsichtlich ihrer humanitären Bedürfnisse zusammenarbeiten, weil diese Länder die Last tragen, sich um die Flüchtlinge zu kümmern und daher müssen wir alle sie unterstützen. Ich denke, dass es auch wichtig ist, die Sichtweise der Türkei und Jordaniens über die Lage zu hören. Ich habe mich gefreut, dass Ahmet die G8-Minister bei dem Treffen, das ich vergangene Woche organisiert habe, sowie die NATO-Minister bei unserem Abendessen gestern unterrichten konnte.

Schließlich arbeiten wir an der Einrichtung einer neuen Clearinghouse-Stelle, um die vielen schrecklichen Geschichten über Misshandlungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die wir aus Syrien hören, festzuhalten. Wir denken, dass das Sammeln dieser Informationen nicht nur für die Zukunft hilfreich sein kann, sondern dass dies auch eine Botschaft an das Regime und das Militär sendet, dass sie beobachtet und die Vorkommnisse aufgezeichnet werden.

Alain, ich denke, dass dies ein guter Zeitpunkt ist, weil der Sicherheitsrat gerade zusammenkommt, während wir hier sprechen. Wir sollten, so hoffe ich, eine Resolution über weitere Maßnahmen des Sicherheitsrates erreichen, und zwar trotz der Möglichkeit, dass die erste Verhandlungsrunde vielleicht nicht erfolgreich ist. Aber wir sollten, wie wir sagen, die Eckpunkte dessen, was erwartet wird, festlegen.

Quelle: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/

Originaltext: Remarks at the Ad Hoc Ministerial Meeting on Syria; http://www.state.gov/secretary/rm/2012/04/188147.htm



Zurück zur Syrien-Seite

Zur NATO-Seite

Zurück zur Homepage