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Syrien: "Jede Art von Intervention wird die Gewalt steigern statt vermindern"

Ein bemerkenswerter Exklusivbeitrag von General a. D. Wesley Clark für CNN - deutsche Zusammenfassung und Originalauszüge


Syrien: US-General warnt vor unvorhersehbaren Folgen einer militärischen Einmischung *

Der hochrangige General a. D. der US-Armee Wesley Clark hat in einem TV-Interview mit CNN vor einer militärischen Einmischung in Syrien gewarnt und aufgerufen, sich damit nicht zu beeilen.

Es stehe noch nicht fest, inwieweit das Endergebnis den US-Interessen entsprechen werde, warnte der einstige US-Oberbefehlshaber im Kosovo-Krieg.

„In Tunesien, Ägypten und Libyen sind unvermeidlich islamische Stimmungen entstanden - trotz der demokratischen und westfreundlichen Stimmungen der Aufständischen zu Beginn des arabischen Frühlings. Die zukünftige Richtung dieser Staaten scheint weniger nützlich für die Ziele und die Regionalpolitik der USA zu sein, als die frühere“, äußerte Wesley Clark am 8. März 2012.

Die USA-Truppen verlassen den Irak nach achteinhalb Jahren Krieg, der die USA eine Billion Dollar und 5000 Soldatenleben gekostet habe, sagte der General. „Dabei bleibt der Irak immer noch eine Arena einer religiösen Konfrontation und von Gewalt“, fügte er an.

Der einstige US-Oberbefehlshaber appellierte zu erwägen, inwieweit das Risiko und die Ausgaben für eine mögliche militärische Einmischung begründet seien und den Interessen der USA entsprächen.

Im Unterschied zu Libyen haben die USA in Syrien „komplizierte strategische Interessen, sie können jedoch mit einer mächtigen dispositionsfähigen Armee konfrontiert werden, die vorwiegend immer noch loyal gegenüber Assad gestimmt ist“.

„Syrien ist in militärischer Hinsicht weniger zugänglich als Libyen, seine Bevölkerung ist dreimal so groß, das sind 22 Millionen Einwohner, darunter zwei Millionen Christen“, betonte der General.

„Waffen werden nach Syrien nach wie vor eingeführt, Flüchtlinge verlassen das Land, doch dort gibt es kaum etwas, was an eine organisierte syrische Opposition erinnert, mit der man zusammenarbeiten könnte“, fügte Clark an. Saudi Arabien und Katar rufen zwar zum Sturz von Präsident Baschar al-Assad auf, diese Aufrufe „scheinen vielmehr eine opportunistische antiiranische Strategie zu sein“, hieß es.

Der General verwies auch darauf, dass es unter den Aufständischen radikal gesinnte Sunniten gebe, die möglicherweise al-Kaida-Mitglieder seien, deren Machtantritt die Krise lediglich vertiefen und mit der Massenflucht von Christen und Gläubigen, die sich zu anderen Religionen bekennen, enden würde.

(RIA Novosti, 9. März 2012)

Originalzitate aus dem CNN-Beitrag von Wesley Clark:

Die künftige Orientierung der Regierungen Tunesiens, Ägyptens und Libyens sind für die amerikanischen Interessen weniger hilfreich als deren Vorgänger:
In Tunisia, Egypt and Libya, strong Islamic sentiments have inevitably surfaced despite the democratic and Western-oriented facade of the initial Arab Spring uprisings. The future orientation of these states is likely to be less helpful to U.S. aims and policies in the region than their predecessors.

Es stellen sich viele Fragen, die geklärt werden müssten - zu viele Fragen?
So, in the case of Syria, we must ask, first, what are the U.S. national interests at stake? What is our objective? Then, how would the use of force attain that objective? How much force, how applied, at what cost? What is the end state we seek? What basis in international law is there for action? Which allies will help us? And, when all is said and done, have we actually achieved what we set out to do, and at a cost and risk proportionate to U.S. interests?

Im Unterschied zu Libyen ist Syrien militärisch nicht so leicht zu nehmen: Unlike the case of Libya, the United States has substantial strategic interests in Syria but would be facing a strong, capable military still mostly loyal to al-Assad. Syria is less accessible militarily than Libya, with a population triple its size -- 22 million, including some 2 million Christians.

Der Opposition ist nicht zu trauen:
Weapons are flowing in, refugees are fleeing, but there seems to be little in the way of an organized Syrian opposition with which to work. And while Saudi Arabia and Qatar are calling for al-Assad's removal, this seems more of an opportunistic anti-Iran strategy. Among the resistance forces are apparently some radical Sunni fighters, perhaps al Qaeda itself, and others whose ascension to power would likely cause a further crisis, with millions of Christians and other religious minorities fleeing from the region.

Jede Form der Aktion vergrößert die Gewalt anstatt sie zu reduzieren:
The most appropriate form of intervention is reportedly under study -- but it looks like almost any course of action will increase the violence, not reduce it.

Quelle: CNN, 9. März 2012; http://www.cnn.com/2012/03/08/opinion/clark-syria-intervention/index.html?iref=allsearch




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