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Anschlag erschüttert Damaskus

Mindestens 15 Tote bei Bombenattentat im Geschäftsviertel der syrischen Hauptstadt

Von Karin Leukefeld *

Bei der Detonation eines mit Sprengstoff gefüllten Fahrzeugs in Damaskus sind am Montag mittag mindestens 15 Personen getötet worden, 53 Personen wurden offiziellen Angaben zufolge verletzt. Der Anschlag ereignete sich Zeugenaussagen zufolge gegen 12.30 Uhr Ortszeit in unmittelbarer Nähe der staatlichen Salim-Bikhari-Schule im geschäftigen Shahabander-Viertel, einem zentralen Verkehrsknotenpunkte der Damaszener Innenstadt. Am Sabaa-Baharat-Platz, der teilweise für den Verkehr gesperrt ist, stehen die syrische Zentralbank und das Finanzministerium. Die Explosion verwüstete Fahrzeuge, Kioske und Geschäfte, an zahlreichen Wohnhäusern waren die Fenster zersprungen und Fassaden zerstört. Auch das AFP-Büro und eine Moschee wurden beschädigt. Berichte, denen zufolge es nach der Explosion zu einer Schießerei gekommen sei, wurden von Reportern der Nachrichtenagentur SANA News zurückgewiesen. Sicherheitskräfte hätten allerdings in die Luft geschossen, um den Weg für Krankenwagen und Feuerwehr freizumachen.

Bis Redaktionsschluß hatte sich niemand zu dem Anschlag bekannt. Ein Reporter des russischen Fernsehsenders Russia Today vermutete Regierungsgegner hinter dem Anschlag. Die Armee habe weitere Teile des Umlandes von Damaskus unter ihre Kontrolle gebracht und den Aufständischen schwere Verluste zugefügt, berichtete der Reporter. Bewaffnete Gruppen wiederum haben auf Internetseiten und Blogs den »größten militärischen Angriff« auf die syrischen Streitkräfte angekündigt.

In einem nahegelegenen Krankenhaus seien zahlreiche Kinder mit leichten Verletzungen versorgt worden, berichtete eine Krankenschwester, die anonym bleiben wollte. Es sei eine der schwersten Detonationen gewesen, die sie je gehört habe, berichtete sie telefonisch auf jW-Anfrage. Zwei Kinder seien schwer verletzt eingeliefert worden. Aus Angst, daß der ersten Explosion eine zweite folgen könnte, hätten sich die Kinder unter den Schulbänken verkrochen.

Bei einer Pressekonferenz in Hannover forderte der russische Präsident Wladimir Putin am Montag, Waffenlieferungen an die syrischen Kampfparteien zu stoppen. Rußland sende Waffen an eine legitime Regierung, sei gleichzeitig aber bereit, mit allen Seiten über ein Ende des Krieges in Syrien zu sprechen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich für eine politische Lösung aus, um das Blutvergießen in Syrien zu beenden.

Zur Untersuchung eines möglichen Einsatzes von Chemiewaffen in Khan Al-Assal (Provinz Aleppo) steht mittlerweile ein 15köpfiges UN-Team aus Waffeninspektoren, Medizinern und Chemikern auf Zypern bereit. Armee und Aufständische machen sich gegenseitig für den Angriff verantwortlich, bei dem am 19. März 25 Personen getötet wurden. Die syrische Regierung hatte unmittelbar nach dem Angriff erste Ergebnisse von Blut- und Bodenproben sowie Überreste der Raketen an die UNO übergeben.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 9. April 2013


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