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Vorschlag abgelehnt

Keine Lösung bei Verhandlungen zwischen Sudan und Südsudan

Von Simon Loidl *

Die Gespräche zwischen Sudan und Südsudan um die Bedingungen für Öltransporte und die Regelung von Grenzkonflikten stecken erneut fest. Ein am Montag vom Süden vorgelegter Kompromißvorschlag wurde umgehend zurückgewiesen. Neben 7,26 bis 9,10 US-Dollar pro Barrel Öl, das durch sudanesische Pipelines transportiert wird, will Südsudan seinem nördlichen Nachbarn 3,2 Milliarden Dollar an Kompensation zahlen. Dies soll den Verlust abdecken, der seit der Einstellung der Ölförderung durch Juba entstanden sei. Gleichzeitig würde Juba auf 4,9 Milliarden Dollar Forderungen an Khartum verzichten, die aufgrund von Zahlungsrückständen aus der Zeit vor der Unabhängigkeit des Südens und durch die Beschlagnahmung von Öllieferungen durch den Sudan entstanden seien.

Der Vorschlag beinhalte »nichts Neues«, sagte der sudanesische Chefverhandler Mutrif Sidiq, es handle sich dabei lediglich um eine Kombination früherer Offerten. Sein südsudanesischer Kollege Pagan Amum hingegen sprach von einem »letzten Angebot«. Knackpunkt ist vor allem der Preis pro Barrel Öl, der durch sudanesisches Territorium zum Port Sudan am Roten Meer geleitet wird. Khartum will bis zu 32 Dollar an Transportkosten haben, was ungefähr einem Drittel des derzeitigen Weltmarktpreises pro Barrel entspricht.

Die Gespräche zwischen den beiden Ländern drehen sich aber nicht nur ums Öl. Ein weiterer zentraler Punkt ist der Status der Grenzregion Abyei, um die seit der Unabhängigkeit des Südsudan im Juli 2011 immer wieder Kämpfe ausgebrochen sind. Laut Sudan Tribune sagte der südsudanesische Chefverhandler Amum, daß Juba ein internationales Schiedsverfahren bevorzugen würde. Mit einem von Afrikanischer Union (AU) und den Vereinten Nationen (UN) organisierten Referendum solle über die Zugehörigkeit von Abyei entschieden werden. Frühere Versuche, über den Status der Region abstimmen zu lassen, scheiterten stets an der Frage, wer sich an einem solchen Referendum über das von nomadisierenden Gruppen bewohnte Grenzgebiet beteiligen dürfe. Konkrete Vorschläge zu einer möglichen Lösung für dieses Problem enthält den Informationen verschiedener Medien zufolge auch der jetzige Vorschlag aus Juba nicht.

Die UN haben den beiden Ländern eine Frist bis zum 2. August eingeräumt, um die strittigen Fragen zu klären. Danach sollen nicht-militärische Sanktionen in Kraft treten. Angesichts des derzeitigen Verhandlungsstandes ist aber völlig unklar, wie binnen weniger Tage die Probleme gelöst werden können. Sudanesische Medien berichteten Anfang der Woche, daß deshalb beide Länder gemeinsam beim UN-Sicherheitsrat Einspruch gegen das Ultimatum erheben wollen.

Am Wochenende überschatteten Berichte über neue Kampfhandlungen die Gespräche zwischen den beiden Ländern. Südsudanesische Streitkräfte erklärten, daß Kampfflugzeuge des Nordens ein Dorf im Südsudan bombardiert hätten. Khartum wies diese Vorwürfe zurück. Die Angriffe hätten ausschließlich Rebellen des »Justice and Equality Movement« (JEM) gegolten, die aus dem Süden auf sudanesisches Territorium vorgedrungen seien. Sudan wirft seinem Nachbarn vor, mehrere Gruppen, die gegen die Regierung von Omar Al-Baschir kämpfen, zu unterstützen, Juba weist dies zurück. Ein JEM-Sprecher erklärte am Montag, daß die Organisation mehrere Städte in der umkämpften Provinz Südkordofan eingenommen hätte. Khartum hingegen erklärte, die Angreifer zurückgeschlagen zu haben. JEM war bislang vorwiegend in den bereits seit Jahren andauernden bewaffneten Konflikt in Darfur im Westen des Landes involviert gewesen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 25. Juli 2012


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