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Wahlsieg für den ANC

Südafrika: Leichte Verluste für Regierungspartei

Von Christian Selz, Kapstadt *

Der African National Congress (ANC) hat auch die fünften demokratischen Parlamentswahlen am Mittwoch in Südafrika gewonnen. Nach der Auszählung von gut zwei Dritteln der Stimmen lag die frühere Befreiungsbewegung am Donnerstag mit 61,9 Prozent klar in Front. Die neoliberale Democratic Alliance (DA) kam als stärkste Oppositionspartei auf 21,8 Prozent.

Für den ANC, der Südafrika seit dem Ende der Apartheid 1994 in einer Allianz mit der South African Communist Party (SACP) und dem Gewerkschaftsbund COSATU mit absoluter Mehrheit regiert, bedeutet das Ergebnis ein Minus von gut drei Prozentpunkten gegenüber den Wahlen 2009. Dagegen gewann die DA mit einem reinen Anti-ANC-Wahlkampf knapp 5,7 Punkte hinzu. Stark abschneiden konnte auch die neugegründete Partei Economic Freedom Fighters (EFF) von Julius Malema, die landesweit mehr als fünf Prozent erreichte. Der ANC hatte Malema, den damaligen Präsidenten der Parteijugend, nicht zuletzt wegen seiner harschen Kritik an Staatschef Jacob Zuma zunächst suspendiert und schließlich im April 2012 ausgeschlossen. Mit der EFF fordert Malema, dem wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Korruption im Zusammenhang mit Staatsaufträgen eine Haftstrafe droht, die Verstaatlichung von Banken und Bergbaubetrieben sowie eine radikale Landreform.

Mit diesem Ergebnis ist Malema allen Vorwürfen gegen ihn zum Trotz zum Sprachrohr der frustrierten Protestwähler geworden. Im Wahlkampf kritisierte er die Regierung Zuma insbesondere für das Massaker an den Bergarbeitern von Marikana, bei dem im August 2012 die Polizei 34 streikende Kumpel erschossen hatte, sowie wegen des fast 20 Millionen Euro teuren vorgeblichen Sicherheitsausbaus der Privatresidenz des Präsidenten. Künftig wird Malema nun seine Angriffe im 400 Sitze umfassenden Parlament Südafrikas vortragen können.

Für die politische Ausrichtung der südafrikanischen Regierung dürfte jedoch vor allem das Kräfteverhältnis innerhalb der Regierungsallianz ausschlaggebend sein. Sowohl die SACP als auch der COSATU, deren Kandidaten bei Wahlen grundsätzlich auf den ANC-Listen antreten, fordern Änderungen am Nationalen Entwicklungsplan, den die Regierung bis 2030 umsetzen will. Hauptstreitpunkte sind Arbeiterrechte, Industrialisierung und die Transformation der Wirtschaft. Südafrikas größte Einzelgewerkschaft NUMSA, die die Metallarbeiter organisiert, hatte dem ANC vor diesem Hintergrund sogar erstmals die Unterstützung im Wahlkampf verweigert. Wesentliche Auswirkungen hatte das bei der laut Wahlbehörde IEC »massenhaften« Wahlbeteiligung von 72,5 Prozent jedoch nicht. Mit Ausnahme des Western Cape rund um Kapstadt, das wie bereits 2009 an die DA fiel, gewann der ANC auch in den anderen acht Provinzen die absolute Mehrheit.

* Aus: junge Welt, Freitag, 9. Mai 2014


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