Nie wieder Gucci?
Südafrika: EFF-Chef Malema droht Haftstrafe
Von Christian Selz *
Für Julius Malema war es eine kurze Show. Am Montag morgen erschien der ehemalige Jugendligapräsident von Südafrikas Regierungspartei African National Congress (ANC) zum Prozessauftakt im Obersten Gerichtshof seiner Heimatprovinz Limpopo in Polokwane. Malema, der inzwischen »Chefkommandierender« der neuen Partei »Economic Freedom Fighters« (EFF) ist, muss sich wegen Betrug und Korruption verantworten. Weil einer der fünf Mitangeklagten derzeit in einem Krankenhaus behandelt wird, vertagte sich das Gericht jedoch zunächst um 24 Stunden. Am heutigen Dienstag soll entschieden werden, ob das für sechs Wochen angesetzte Verfahren verschoben oder Malemas Fall abgetrennt und gesondert verhandelt wird.
»Lasst mich das allein machen«, rief Malema anschließend seinen Anhängern zu, die ein beachtliches Polizeiaufgebot zuvor unter Einsatz von Stacheldrahtrollen vom Betreten des Gerichtsgeländes abgehalten hatte. Die EFF-Parteigänger würden statt dessen in den Parlamenten des Landes gebraucht, erklärte deren Vorsitzender dem Onlineportal Eyewitness News zufolge weiter, sie sollten ihre Arbeit machen und auch am Dienstag nicht wiederkommen. »Lasst mich meinen Tag im Gericht haben, ich habe keine Angst und nichts zu verbergen«, erklärte der 34jährige schließlich. Er forderte die Justiz auf, seinen Prozess zügig beginnen zu lassen, und entschwand alsbald in die Straßen von Polokwane.
Die Hauptstadt von Südafrikas nördlichster Provinz Limpopo, wo Malema seine Vergehen begangen haben soll, bildet den perfekten Hintergrund für den Prozess. Der während der Apartheidzeit unter Ausnutzung der Arbeitskräfte aus drei nahen Schwarzen-»Homelands« zum Industriestandort aufgebaute Ort 200 Kilometer südlich der Grenze zu Simbabwe ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Vor allem durch staatliche Entwicklungsprojekte kam viel Geld nach Polokwane – und auf die Konten einer Kaste von Unternehmern, die in Südafrika als »Tenderpreneurs« bekannt sind. Ihr Geschäftsmodell beruht darauf, sich über politische Vernetzung Staatsaufträge zu sichern. Das ist so lukrativ, dass das neu entstandene Villenviertel von Polokwane im Volksmund den Namen »Tender Park« bekam.
Julius Malema schreibt die Staatsanwaltschaft in diesem Spiel eine tragende Rolle zu. Er soll Geschäftsbeziehungen mit dem ebenfalls angeklagten Direktor der Firma On-Point-Engineering, Lesiba Gwangwa, gepflegt haben. Malemas Privatfonds Ratanang Family Trust hielt der Anklage zufolge zudem indirekt Anteile an dem Unternehmen. Die Beschuldigten sollen unter Angabe falscher Qualifikationen einen Straßenbauauftrag der regionalen Verkehrsbehörde mit einem Umfang von 52 Millionen südafrikanischen Rand (3,7 Millionen Euro) erschlichen haben. Mit einem Teil des Geldes soll Malema dann eine Farm und einen deutschen Oberklasse-Wagen gekauft haben.
Die Geschichte passt ins Bild des Mannes, der sich trotz eines angeblich mageren Parteigehalts stets im feinsten Zwirn mit dicker Armbanduhr zeigte und von seinen Gegnern den Spitznamen »Gucci-Revolutionär« verpasst bekam. Im Johannesburger Börsenviertel Sandton kaufte er vor Jahren eine Villa, die er prompt abreißen ließ, um für ein noch mächtigeres Anwesen Platz zu schaffen. Dieser Bau wurde jedoch nie abgeschlossen: Die Steuerbehörde machte Millionenschulden geltend, Malemas Vermögen wurde gepfändet, sein Besitz zwangsversteigert. Der finanzielle Absturz ging einher mit dem politischen: Bevor der Jungpolitiker, den Staatspräsident Jacob Zuma einst einen »zukünftigen Führer« Südafrikas nannte, im September 2012 erstmals angeklagt wurde, war er im April des gleichen Jahres aus dem ANC ausgeschlossen wurden. Zum Verhängnis wurde ihm vor allem, dass er sich gegen seinen einstigen Förderer Zuma gestellt hatte.
Seit Mai 2014 sitzt Malema wieder im südafrikanischen Parlament, inzwischen als Chef der EFF. Die Partei ist dort vor allem mit lautstarker Kritik an der Renovierung von Zumas Privatanwesen aufgefallen, die der Staatschef als Sicherheitsmaßnahme deklarieren und mit Steuermitteln bezahlen ließ. Inhaltlich vertritt die Partei einen nationalistisch geprägten Kurs, den sie mit Revolutionsrhetorik und Forderungen nach Verstaatlichungen im Bergbau- und Finanzsektor schmückt. Malema, der inzwischen im roten Overall auftritt, gibt sich dabei als Anwalt der Armen und als Vorkämpfer gegen Korruption. Sollte er nun für seine Geschäftspraktiken von 2009 verurteilt werden, droht ihm jedoch selbst eine Gefängnisstrafe.
* Aus: junge Welt, Dienstag, 4. August 2915
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