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Ein erster ernster Test für Zuma

Kleiner Parteitag soll Weichen für die Wahl des ANC-Präsidenten Ende des Jahres stellen

Von Armin Osmanovic, Johannesburg *

Jacob Zuma, Südafrikas Präsident seit 2009, muss sich im Dezember der Wiederwahl zum Parteichef des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) stellen. Nur die sichert ihm auch das Amt des Staatschefs. Ab heute bereiten ANC-Delegierte den Wahlparteitag Ende des Jahres in Mangaung vor.

Ein Schwerpunkt des Parteitags wird die Forderung der Jugendliga des ANC und einiger Provinzführer sein, die Bergbauwirtschaft zu nationalisieren. Vor dem Delegiertentreffen hatte sich auch Südafrikas zweitgrößte Gewerkschaft NUMSA für eine Nationalisierung von strategischen Bereichen der Wirtschaft ausgesprochen. Ein Team von Wirtschaftsexperten, das die Erfahrungen in anderen Ländern untersucht hat, wird den ANC-Delegierten Bericht erstatten. Erwartet wird, dass die Mehrheit eine Nationalisierung - zumal ohne Entschädigung, wie von der Jugendliga gefordert - ablehnt.

Mit Spannung wird auch die Diskussion um das neue ANC-Strategiepapier erwartet. Der Stellvertreter Zumas, Kgalema Motlanthe, hatte bereits den Entwurf kritisiert. Motlanthe bezeichnete das Dokument mit dem Titel »Second Transition« (Zweiter Übergang) als unklar und mit marxistischem Jargon überfrachtet. Zuma und sein Generalsekretär Gwede Mantashe, unter dessen Leitung das Dokument erstellt wurde, verteidigten das Papier jedoch. Ihrer Meinung nach bedürfe es einer »zweiten Umbauphase«, da sich der gesellschaftliche Kontext gegenüber den Jahren unmittelbar nach Ende der Apartheid verändert hat. Damals mussten mit den alten Eliten und den westlichen Gebern, die zu jener Zeit den Ton angaben, Kompromisse geschlossen werden, die den Abbau von Armut und Arbeitslosigkeit teilweise verhinderten. Mehr Staatseinfluss als bisher in einer gemischten Wirtschaft, zur Überwindung der sozialen Probleme - das ist die zentrale Botschaft des Papiers.

Auch Motlanthe spricht sich für einen starken Staat aus. Er sieht in China ein Modell für Südafrikas Entwicklung, vor allem was die Reduzierung der Armut angeht. Nationalisierung lehnt er aber wie Zuma ab. Gerade China habe gezeigt, wie wichtig eine gemischte Wirtschaft mit Privatinitiative sei, betont Motlanthe. Seine öffentliche Kritik am Strategiepapier könnte andere als inhaltliche Gründe haben, vermuten Beobachter. Eine Gruppe einflussreicher Unterstützer, darunter die ANC-Jugendliga, wünscht sich Motlanthe als neuen ANC-Präsidenten. Sie drängen daher auch darauf, den Nominierungsprozess vorzuziehen. Die Parteizentrale des ANC will erst im Oktober Kandidaten die Möglichkeit geben, sich um den Vorsitz zu bewerben. Neben Motlanthe werden auch Bauminister Tokyo Sexwale Ambitionen auf das höchste Amt im ANC nachgesagt.

So bestimmt die Wahl im Dezember schon den heute beginnenden kleinen Parteitag in Johannesburg. Bisher sieht es nach einer Wiederwahl Zumas aus. Rückhalt hat er vor allem durch seine Heimatprovinz Kwazulu-Natal. Bei 24 Prozent der Mitglieder stellt Zumas Provinz die größte Zahl an Delegierten im Dezember. Unterstützung erfährt er aber auch in zahlreichen anderen Provinzen, etwa durch den Vorsitzenden des ANC in der zweitgrößten Provinz Eastern Cape, Phumulo Masualle. Große Teile der Mitgliedschaft in Nelson Mandelas Heimatprovinz stehen einer zweiten Amtszeit Zumas jedoch ablehnend gegenüber.

An der Basis herrschen Ärger und Enttäuschung. Grund sind die ausbleibenden Erfolge im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut, aber auch die Korruption und die internen Kämpfe im ANC um Macht und Geld befremden die Mitglieder. Viele hoffen deshalb in den nächsten Tagen auf Einigkeit und ein Signal zum Aufbruch.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 26. Juni 2012


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